Am Rande des AfD-Parteitags in Riesa kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstranten. Ein Linken-Politiker soll sogar bewusstlos geschlagen worden sein.

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Die Polizei sieht sich im Zusammenhang mit dem Einsatz rund um den AfD-Bundesparteitag in Riesa mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Der sächsische Linkenabgeordnete Nam Duy Nguyen wurde nach eigenen Angaben von einem Polizisten mit einem Faustschlag ins Gesicht niedergeschlagen, er will Strafanzeige stellen. Die Organisatoren der AfD-kritischen Kundgebungen warfen der Polizei übermäßige Härte vor. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) kündigte eine Aufarbeitung an.

Verletzte auf beiden Seiten

Auch aufseiten der Einsatzkräfte gab es Verletzte. Die Polizeidirektion Dresden sprach von sechs leicht verletzten Polizisten. Zudem habe die Polizei 34 Straftaten registriert. Es werde unter anderem wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Nötigung und Sachbeschädigung ermittelt.

An den Kundgebungen rund um den Parteitag nahmen am Samstag nach Polizeischätzungen rund 10.000 Menschen teil, die Veranstalter sprachen am Sonntag von 15.000 Teilnehmern. Es sei "ein großer Erfolg, dass wir mit unseren Aktionen des zivilen Ungehorsams den Normalbetrieb der AfD nachhaltig gestört haben", sagte Mascha Meier, die Sprecherin des Organisationsbündnisses "Widersetzen", am Sonntag in Riesa.

Am Rande der Kundgebungen kam es zu einzelnen Zusammenstößen zwischen Teilnehmenden und Polizisten. Jana Henker von der Gruppe "Buntes Meißen" sprach am Sonntag von "massiven Behinderungen und Repression durch Teile der Polizei". Trong Do Duc vom Bündnis "Riesa für alle" zeigte sich "entsetzt und bestürzt über die körperlichen Verletzungen durch den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken durch die Polizei".

Linken-Abgeordneter erhebt schwere Vorwürfe

Der sächsische Linken-Landtagsabgeordnete Nguyen berichtete von einem gewaltsamen Angriff durch einen Polizeibeamten, gegen den er Strafanzeige stellen wolle. Ein Polizist habe ihm direkt ins Gesicht geschlagen, sagte Nguyen am Sonntag dem "Stern". "Das war eine Frontalattacke, wie ich sie noch nie erlebt habe." Er habe Verletzungen im Mund- und Kieferbereich erlitten und musste ärztlich behandelt werden.

Nguyen war nach eigenen Angaben als parlamentarischer Beobachter bei den Protestkundgebungen gegen den AfD-Parteitag in Riesa zugegen. Er habe gegenüber den Beamten "lautstark und mit meinem Ausweis darauf hingewiesen, dass ich parlamentarischer Beobachter bin", sagte Nguyen dem "Stern". Nach dem Faustschlag habe er "für einen Moment schwarzgesehen, bis ich von umstehenden Menschen hochgezogen wurde".

Vorfall mit Polizeihund

Zudem soll es wohl zu einem Vorfall mit einem Polizeihund gekommen sein, den die Polizei jetzt untersuchen will. Weil inzwischen eine Anzeige vorliege, werde es ein Strafverfahren geben, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Der Vorfall werde in diesem Rahmen aufgeklärt. Vor Abschluss des Verfahrens könne man keine Bewertung dazu abgeben.

Auf einem Video auf der Plattform X ist zu sehen, wie ein Polizist seinen Hund auf einen Aktivisten stößt, um den Mann über den Mittelstreifen einer mehrspurigen Straße zu drängen. Der Beamte drückt den Hund mehrfach mit seiner Schnauze auf den Mann, während dieser über die Leitplanken steigt.

Polizei äußert sich zu den Vorfällen rund um den AfD-Parteitag

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte eine Aufklärung zu: "Einzelne kritische Vorkommnisse, wie die Situation rund um den Landtagsabgeordneten Nam Duy Nguyen, werden wir konsequent aufklären", erklärte Schuster in seiner Bilanz zum Polizeieinsatz in Riesa.

Schuster sprach von "einem extrem anspruchsvollen Einsatz und einer außergewöhnlich herausfordernden Lage", mit der die Polizei am Samstag konfrontiert gewesen sei. Er verwies auf die "unverblümt erklärte Absicht einzelner Protestgruppen, den Parteitag verhindern zu wollen". Schuster dankte den Beamten ausdrücklich für ihren Einsatz.

Dresdens Polizeipräsident Lutz Rodig äußerte sein Bedauern über den offenkundigen Angriff auf den Linken-Politiker Nguyen. Die Polizeidirektion leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt ein. "Es tut uns sehr leid, dass ein Abgeordneter und sein Begleiter im Zuge des Polizeieinsatzes zu Schaden kamen", erklärte Rodig. Er habe veranlasst, "dass der Sachverhalt mit höchster Priorität aufgearbeitet" werde.

Die Linke fordert, Angriff zu verurteilen

Der Linken-Bundesvorsitzende Jan van Aken erklärte: "Wir sind entsetzt über den Angriff auf unseren Abgeordneten Nam Duy Nguyen und seinen Begleiter." Die Ko-Vorsitzende Ines Schwerdtner forderte alle Parteien in Sachsen und bundesweit auf, "diesen Angriff ohne Wenn und Aber zu verurteilen". Parlamentarische Beobachtung sei "ein hohes Gut, das im Interesse von Demokratie und Rechtsstaat verteidigt werden muss".

Zum Protest aufgerufen hatten mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften. Die Polizei sicherte den Veranstaltungsort mit einem Großaufgebot ab. Der AfD-Parteitag hatte am Samstagmittag mit rund zwei Stunden Verspätung begonnen, weil viele Delegierte wegen der Proteste nicht rechtzeitig in die Tagungshalle in Riesa gelangt waren.

AfD-Chefin Alice Weidel bezeichnete die Protestteilnehmer als "linken Mob" und "rot lackierte Nazis". Sie selbst habe mit ihrem Auto-Konvoi von der Polizei "aus einem linken gewaltbereiten Mob" befreit werden müssen. (afp/dpa/bearbeitet von the)

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