Ohne Risiko können Flüchtlinge derzeit nicht nach Syrien zurückkehren. Das ist die Einschätzung des Auswärtigen Amtes. Die Innenminister der Länder wollen gefährliche Straftäter trotzdem dorthin zurückschicken.
Der Abschiebestopp für Syrer soll gelockert werden. Die Innenminister der Länder (alle SPD oder Union) seien sich darüber einig, Abschiebungen gefährlicher Straftäter in das Bürgerkriegsland zu erlauben, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Schleswig-Holsteins Ressortchef Hans-Joachim Grote (CDU), am Donnerstag in Lübeck.
Die Minister sprachen sich zugleich dafür aus, dass der Abschiebestopp um weitere sechs Monate verlängert werden soll. Wie auch in den Vorjahren dürfte der für Freitag erwartete Beschluss de facto für ein Jahr gelten - es sei denn, im Sommer ergibt sich eine neue Einschätzung der Lage in Syrien.
Grote verwies bei der geplanten Lockerung auf praktische Probleme. "Es gibt momentan in Syrien für uns keine Ansprechpartner, das ist die Schwierigkeit." Aber der Wille sei da, Straftäter wie nach Afghanistan auch nach Syrien abzuschieben.
Grote zufolge haben sich die Minister von Union und SPD bereits darauf verständigt. "Wir wollen das morgen abschließend beschließen." Auf Nachfrage erläuterte Grote: "Es bleibt dabei: Es gibt einen Abschiebestopp nach Syrien, mit Ausnahme von schweren Straftaten. Ich glaube, anders wäre es auch den Menschen hier nicht zu vermitteln, dass jemand, der schwere Straftaten begeht, dennoch den Schutzstatus des Flüchtlings hat." Irgendwann würden diese Rechte, die Deutschland gewähre, auch verwirkt.
Auswärtiges Amt sieht keine Region ohne Risiko
Syrer sind die größte Gruppe unter den Flüchtlingen, die seit 2013 nach Deutschland gekommen sind. In dem Bürgerkriegsland gibt es nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes aktuell keine Region, in die Flüchtlinge ohne Risiko zurückkehren können. "Immer wieder sind Rückkehrer, insbesondere - aber nicht nur - solche, die als oppositionell oder regimekritisch bekannt sind oder auch nur als solche erachtet werden, erneuter Vertreibung, Sanktionen beziehungsweise Repressionen, bis hin zu unmittelbarer Gefährdung für Leib und Leben ausgesetzt", heißt es in einem internen Bericht des Auswärtigen Amtes, dessen Inhalt Anfang Dezember öffentlich wurde und der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Niedersachsens Innenminister
Die Innenminister würden die Bundesregierung bitten, hierfür die Voraussetzungen zu prüfen. "Aber immer in der Einzelfallbetrachtung und vor allen Dingen nicht jetzt", betonte Pistorius als Sprecher der SPD-Innenminister.
Pro Asyl fordert dauerhaft Schutz für alle Syrer
In dem Bericht des Auswärtigen Amtes heißt es auch: "Das Regime kann grundsätzlich weiter Luftangriffe im ganzen Land durchführen." Ausgenommen seien lediglich Regionen, die aktuell unter türkischer oder kurdischer Kontrolle stünden oder von den USA kontrolliert würden. Das Risiko, Opfer eines Terroranschlags zu werden, bestehe landesweit.
Daneben müssten alle, die das Missfallen der Regierung erregt hätten, mit Repression rechnen. Das Auswärtige Amt hält in seinem Bericht fest: "Diese Bedrohung persönlicher Sicherheit ist somit nicht auf einzelne Landesteile beschränkt und besteht unabhängig von der Frage, in welchen Landesteilen noch Sicherheitsrisiken durch Kampfhandlungen und Terrorismus bestehen." Teilweise seien davon auch vormals regimenahe Syrer betroffen.
Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, hatte Anfang Dezember gefordert: "Angesichts dieser eindeutigen Lageeinschätzung sollte allen Syrern dauerhaft Schutz gewährt werden."
Ende 2018 lebten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 745 645 Syrer in Deutschland, darunter 551 830 Schutzsuchende, von denen rund 95 Prozent bereits anerkannt wurden. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres stellten 33 230 Menschen aus Syrien hierzulande erstmalig einen Asylantrag. © dpa
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