Die Interessen junger Menschen müssen besser berücksichtigt werden, zu diesem Schluss kommt der 17. Kinder- und Jugendbericht. Für Familienministerin Lisa Paus bedeutet das: Kinderrechte müssen ins Grundgesetz, das Wahlalter muss heruntergesetzt werden und es braucht mehr Mitbestimmung.

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"In unserem Land leben knapp 22 Millionen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene – und wir wollen wissen, wie es ihnen geht", sagt Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und lächelt in die Runde. Gemeinsam mit Karin Böllert und Dominik Ringler von der Expertenkommission der Bundesregierung stellt die Ministerin an diesem Tag den neuen Kinder- und Jugendbericht vor.

Kern des Berichts: Das Vertrauen junger Menschen in die Zukunft ist gesunken und Gesellschaft und Politik schaffen es nicht, gerechte Chancen auf Teilhabe zu schaffen.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne, M.) bei der Vorstellung des Kinder- und Jugendberichtes gemeinsam mit Karin Böllert (r.), der Vorsitzenden der Expertenkommission und Dominik Ringler (l.), Projektleiter vom Kompetenzzentrums Kinder- und Jugendbeteiligung (KIJUB) Brandenburg. © dpa/Annette Riedl

Einmal pro Legislaturperiode verfasst eine von der Bundesregierung beauftragte Expertenkommission den Kinder- und Jugendbericht. Dabei geht es um die Lebenssituation junger Menschen in Deutschland.

Auf 510 Seiten legt die Kommission nahe, wie die junge Generation lebt und tickt. Und sie macht deutlich: "Die" jungen Menschen gibt es nicht. Die derzeit rund 22 Millionen jungen Menschen zeichnen sich demnach durch eine große Vielfalt an Lebensumständen, Orientierungen, Zugehörigkeiten, Interessen und Bedürfnissen aus. Im Allgemeinen falle aber auf: Junge Menschen haben Vertrauen in die Demokratie. Trotzdem sehen viele ihre Interessen durch die Politik nicht ausreichend berücksichtigt.

Lisa Paus will Kinderrechte im Grundgesetz

"Durch unsere alternde Gesellschaft drohen Interessen junger Menschen ins Hintertreffen zu geraten", sagt Paus dazu. Kürzlich hatten zwei Mitglieder des Bundesjungendkuratorium einen Minderheitenschutz für junge Menschen ins Gespräch gebracht. Das Bundesjungendkuratorium ist ein Gremium, das die Belange junger Menschen gegenüber der Regierung einbringt. Auf die Frage unserer Redaktion, was Familienministerin Paus von dem Vorschlag hält, sagt sie: "Sie haben einen Punkt." Denn tatsächlich sei die Gesellschaft heute ganz anders zusammengesetzt als noch vor 20 oder 30 Jahren. "Kinder, Jugendliche und Familien sind eine Minderheit in unserer Gesellschaft."

Darum sei es aus Paus' Sicht wichtig, Kinder und Jugendliche mehr zu beteiligen und einen Schwerpunkt daraufzulegen, dass sie gehört werden. Dabei gehe es nicht nur darum, das Wahlalter auf 16 Jahre herunterzusetzen und Kinder- und Jugendrechte ins Grundgesetz zu bringenPunkte, für die sich Paus einsetzen möchte, sondern auch um mehr Beteiligungsmöglichkeiten in den Schulen und bei Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Mit dem Nationalen Aktionsplan für Kinder- und Jugendbeteiligung soll diese Selbstwirksamkeit gefördert werden.

Die Ministerin stellt aber auch klar: Das Verhältnis der Generationen innerhalb der Familien ist laut Bericht so gut wie nie zuvor. Anders sehe das im gesamtgesellschaftlichen Generationsverhältnis aus. Es gibt also ein Spannungsfeld zwischen Familien und der Gesellschaft als solcher. Hier fühlten sich Kinder und Jugendliche zu wenig gesehen und gehört. Wichtig sei es deshalb, die Neujustierung der Beteiligung und Berücksichtigung gemeinsam anzugehen, macht Paus deutlich.

Paus fordert mehr Budget für Belange junger Menschen

"Es gibt ein Recht auf Zukunft", sagt Paus. Das bedeute auch, dass über das Budget gesprochen werden müsse. Denn "Generationengerechtigkeit endet nicht mit der Schuldenbremse". Sie fordert, dass in Bildung investiert wird. Sowohl in schulische, als auch in außerschulische und frühkindliche.

Die Ministerin wirbt außerdem für die Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes. Denn wichtig sei, dass Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit erfahren könnten – das ginge auch bei der Ausübung eines Ehrenamtes im politischen Bereich. Gerade den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe komme eine wichtige Rolle zu.

Die Vorsitzende der Expertenkommission, Böllert, macht in diesem Zusammenhang deutlich: Die Kinder- und Jugendhilfe ist maßgeblich am Aufwachsen vieler Menschen beteiligt – in den unterschiedlichsten Bereichen. Etwa Schulsozialarbeit, Erziehungsberatung oder Wohngruppen.

Klar sei aber auch: Die Einrichtungen müssten zur besseren Chancengleichheit beitragen. Das bedeutet: Die Angebote müssen sich an der Vielfalt der jungen Generation ausrichten. Und es müssen Strukturen geschaffen werden, mit denen alle jungen Menschen adressiert werden können. "Gerechtes Aufwachsen ist möglich mit wirkungsvoller Kinder- und Jugendhilfe", stellt sie fest.

Verwendete Quellen

  • Pressekonferenz mit Ministerin Lisa Paus (Grüne)
  • 17. Kinder- und Jugendbericht
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