Lange hatte Markus Söder damit gedroht, gegen den Länderfinanzausgleich zu klagen. Nun ist die Drohung offiziell zur Realität geworden. Bayern argumentiert, dass das bestehende System den Freistaat benachteiligen würde. Doch in anderen Ländern sieht man in dem Schritt eher ein Wahlkampfmanöver.

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Keine drei Wochen nach dem Kabinettsbeschluss hat die bayerische Staatsregierung ihre Verfassungsklage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht. "Eine Lösung im Verhandlungswege im Länderkreis war bei maximal fünf Geberländern und gleichzeitig mindestens elf Nehmerländern ganz objektiv betrachtet schlichtweg aussichtslos. Der Weg über eine Klage in Karlsruhe war für den Freistaat daher alternativlos", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) am Montag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in München.

Solidarität und Eigenverantwortung müssten sich beim Finanzkraftausgleich, wie der Länderfinanzausgleich heute offiziell heißt, künftig wieder die Waage halten.

Bayern: Länderfinanzausgleich ist nicht mehr "ausgewogen und gerecht"

Der Freistaat fordert eine Neuregelung, da er inzwischen seit Jahren die mit Abstand größte Last bei dem Ausgleichssystem trägt. Zwischen den 16 Bundesländern wurden im vergangenen Jahr rund 18,5 Milliarden Euro umverteilt. Bayern zahlte davon fast 9,9 Milliarden Euro ein.

Baden-Württemberg zahlte der Abrechnung des Bundesfinanzministeriums zufolge knapp 4,5 Milliarden Euro, aus Hessen flossen 3,25 Milliarden. Rund 814 Millionen Euro steuerte Hamburg bei, etwa 107 Millionen Rheinland-Pfalz. Elf Länder profitierten hingegen von Zahlungen aus dem Ausgleich. Berlin war mit rund 3,6 Milliarden Euro der größte Empfänger.

"Es gibt viele Ungerechtigkeiten im bestehenden Ausgleichssystem, vor allem zum Nachteil Bayerns."

Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU)

"In Bayern halten wir Teile des aktuellen Finanzkraftausgleichssystems für verfassungswidrig. Es gibt viele Ungerechtigkeiten im bestehenden Ausgleichssystem, vor allem zum Nachteil Bayerns, sodass das System auf den Prüfstand gestellt werden muss", betonte Füracker.

Die Klage bedeute keinesfalls das Ende bayerischer Solidarität. "Sie ist vielmehr der notwendige Schritt, um ein dem Grundgedanken nach solidarisches Ausgleichssystem tatsächlich wieder ausgewogen und gerecht auszugestalten." Seit Bestehen des Finanzausgleichs habe Bayern in den Anfangsjahren 3,4 Milliarden Euro erhalten, jedoch mittlerweile mehr als 108 Milliarden Euro eingezahlt.

"Wir können den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in unserem Land nicht mehr weiter vermitteln, dass mit bayerischen Steuergeldern in anderen Ländern Wohlfühlprogramme über den Finanzkraftausgleich finanziert werden, die wir uns in Bayern selbst nicht leisten", sagte Füracker.

Kritik an Klage aus anderen Bundesländern

Bayern hatte - zusammen mit Hessen - im Jahr 2013 schon einmal gegen den damaligen Länderfinanzausgleich geklagt. Auch damals wurde die Klage in Sichtweite der Bayern-Wahl beschlossen. Die beiden Länder zogen ihre Klage nach einer Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern aber dann 2017 zurück.

Das System dient dem im Grundgesetz verankerten Ziel der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland. Anders als damals steht Bayern mit seiner Klage diesmal alleine da - obwohl auch Söders Amtskollegen aus Baden-Württemberg und Hessen das aktuelle Ausgleichssystem für dringend reformbedürftig halten.

"Wir haben es ganz offensichtlich mit einem bayerischen Wahlkampfmanöver zu tun."

Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne)

In den anderen Ländern war die Klagedrohung Bayerns bereits in den vergangenen Wochen teils heftig kritisiert worden. Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere sagte Anfang Juni, es sei erstaunlich, dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegen eine Regelung klagen wolle, die er früher als Finanzminister selbst mit verhandelt habe.

"Wir haben es ganz offensichtlich mit einem bayerischen Wahlkampfmanöver zu tun", sagte Grünen-Politiker Heere. Neben Niedersachsen hatten auch Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen die angestrebte Klage mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Zu dieser Gruppe zählten sowohl Geber- als auch Nehmerländer. (dpa/thp)

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