Vom 5. bis 7. Juni findet in Berlin die Digitalkonferenz re:publica statt. Schwerpunktthema ist in diesem Jahr "Cash". Da darf auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nicht fehlen. Sein Auftritt sorgte allerdings für einigen Wirbel.
Mit Bundesfinanzminister
Doch was war passiert? Bevor Lindner gegen Mittag die Bühne der Arena Berlin betrat, saß dort bereits eine halbe Stunde zuvor die Millionenerbin Marlene Engelhorn. Unter dem Motto "Über Geld spricht man doch!" diskutierte sie mit Moderatorin de Bastion unter anderem über Erbschafts- und Vermögenssteuern sowie die Steuerbefreiung bei der Unternehmensnachfolge.
Millionenerbin Engelhorn setzt sich für eine stärkere Besteuerung der Reichen ein
Engelhorn ist eine Verfechterin der Erbschaftssteuer und startete 2021 eine Unterschriftenaktion mit dem Namen "taxmenow". "Warum werden Menschen wie ich, die qua Geburt steinreich sind, von der Steuer befreit und müssen so wenig zum Gemeinwohl beitragen?", war eine ihrer Aussagen, die vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Auch Moderatorin de Bastion ließ sich von der Begeisterung anstecken und sagte: "Wir finden es alle richtig toll, was du machst."
Mit dieser euphorischen Stimmung muss sich nun Bundesfinanzminister Lindner - ein erklärter Gegner der Vermögensteuer - auseinandersetzen. Nach einer rund zwanzigminütigen Fragerunde zu Themen wie Monopolstellung von Unternehmen und Digitalwährungen geht es in die Publikumsbefragung. Ein aufmerksamer Zuschauer erinnert die Moderatorin de Bastion sofort an die Frage von Engelhorn an Lindner, wie er es denn mit der Steuerbefreiung bei Unternehmensübertragungen und der Vermögensteuer halte.
Lindner beginnt mit einem Beispiel. In der Regel würden Unternehmen übertragen, wenn der Eigentümer stirbt. Hier eine Steuer zu erheben, halte er für "keinen guten Rat". Ein Raunen geht durch das Publikum.
Mit einer solchen Steuer, so der FDP-Chef weiter, würde der Staat den Familienunternehmen Kapital entziehen. Wenn diese dann investieren wollten, müssten sie einen Kredit bei einer Bank aufnehmen und dafür Zinsen zahlen. Das ginge zu Lasten der Mitarbeiter, so Lindner. Das Publikum reagiert mit ersten Buhrufen.
De Bastion versucht zu intervenieren und verweist auf die Ausführungen von Engelhorn, warum eine solche Steuer gut wäre. Lindner wirkt etwas pikiert und antwortet knapp: "Ich habe nicht mit ihr gesprochen. Mich überzeugt's nicht." Einen zweiten Grund für seine Ablehnung schiebt er gleich hinterher.
Lindner hat schweren Stand auf re:publica
Große Aktiengesellschaften oder GmbHs hätten keine Erbschaft und würden kein Kapital an den Staat abgeben. Mit einer solchen Steuer würde der Staat also nur die kleinen und mittleren Unternehmen bestrafen. Jetzt meldet sich auch Gebhard zu Wort. "Jetzt wollen wir nicht sentimental werden. Es geht nicht um die ganz Kleinen, sondern um eine signifikante Größenordnung." Applaus für den Einwand.
Weiter sagt Gebhard: "Ich glaub da sind wir uns einig, dass man da was tun muss." "Da sind wir uns überhaupt nicht einig. Auf gar keinen Fall mit mir", kommt direkt von Lindner zurück. Der Weg, den der Finanzminister gehen will, ist eine Steuer für internationale Großkonzerne wie Apple, die zum 1. Januar 2024 kommen soll.
Gebhard fällt ihm ins Wort und Lindner wird laut: "Sorry for that. Wir müssen auch aushalten, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind. Und ihr müsst wissen, woran ihr bei mir seid." Eine Steuer auf den Mittelstand, auf Handwerksbetriebe werde es mit ihm nicht geben. De Bastion schiebt "Vermögenssteuer" nach. "Gilt dasselbe", lautet die knappe Antwort Lindners. Wieder Buh-Rufe aus dem Publikum. Die Stimmung ist aufgeladen.
Während De Bastion auf ein anderes Thema umschwenken will, unterbricht sie Lindner. "Das ist Demokratie." Das stachelt das Publikum noch mehr an. Es hagelt Zwischenrufe. Unmut macht sich breit. Die beiden Moderatoren tun sich schwer, die aufgeladene Situation zu entschärfen. De Bastion gelingt es dann doch. Sie leitet über zum letzten Thema der Podiumsdiskussion. Lindner ist erst einmal vom Haken.
Ob sich Lindner mit dem Auftritt auf der re:publica einen Gefallen getan hat, ist Ansichtssache. Seine Meinung hat er jedenfalls ohne Herumlamentieren vertreten. Er hatte wohl nur das falsche Publikum für seine ablehnende Haltung zu Erbschafts- und Vermögenssteuer.
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