Bewegung im festgefahrenen Haushaltsstreit der Ampel-Regierung: Das Finanzministerium hat den anderen Ressorts mitgeteilt, welche Mittel ihnen im kommenden Jahr zur Verfügung stehen sollen. Bis auf ein Ministerium sollen demnach alle Geld sparen müssen.

Mehr aktuelle News

Im Haushaltsstreit erhöht Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Druck auf die anderen Ministerien. Sein Ministerium verschickte nach Informationen des "Handelsblatts" vom Donnerstag an alle Ressorts Briefe mit jeweils konkreten Vorgaben, wie hoch ihre Ausgaben im kommenden Jahr maximal sein dürfen.

Eine Sprecherin von Lindners Haus erklärte am Donnerstag offiziell, dass die Ressorts nun aufgefordert seien, "eigenverantwortlich die Ausgestaltung ihres jeweiligen Plafonds vorzunehmen". Dabei gelte weiterhin, dass die Schuldenbremse eingehalten werden müsse. Das Vorgehen sei mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck abgestimmt.

Den "Handelsblatt"-Informationen zufolge müssen mit Ausnahme des Bundesverteidigungsministeriums alle Ministerien Einsparungen vornehmen.

Kürzungen sollen Haushaltslücke nicht einmal zur Hälfte decken

Durch das Vorgehen solle ein hoher einstelliger Milliardenbetrag eingespart werden, heißt es in dem Bericht weiter. Die geforderten Einsparungen fallen demnach aber unterschiedlich hoch aus. Die Kürzungen sollten vor allem die disponiblen Ausgaben betreffen, also etwa Förderprogramme. Investitionen oder Sozialausgaben, für die Rechtsansprüche bestehen, seien vorerst ausgenommen. Leistungskürzungen, auch bei den Sozialausgaben, seien aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sollten die Ministerien nicht ausreichende Einsparungen vornehmen, hieß es.

Durch die Einsparvorgaben sei die Finanzlücke im Haushalt 2024 allerdings noch nicht einmal zur Hälfte geschlossen, schrieb das "Handelsblatt" weiter. Zuletzt hatte das Finanzministerium den Fehlbetrag auf etwa 20 Milliarden Euro beziffert.

Das Bundesfinanzministerium forderte dem Bericht zufolge in den sechzehn am Mittwoch verschickten Briefen die Ressorts daher teilweise auch auf, konkrete Vorschläge für ein geplantes Haushaltsbegleitgesetz vorzulegen. Ein solches Gesetz würde es Lindner erlauben, gesetzlich geregelte Ausgaben für Soziales, aber auch für Subventionen, zu kürzen.

Lindner pocht weiter auf die Schuldenbremse

Der Etat für nächstes Jahr sorgt in der Koalition seit Monaten für Unruhe. Mehrere Ministerien meldeten teils hohen Mehrbedarf an, Lindner will aber die Schuldenbremse einhalten und schließt Steuererhöhungen aus.

Die Schuldenbremse sei ein Gebot der Verfassung und auch der "ökonomischen Vernunft", betonte Lindner am Donnerstag beim Deutschen Sparkassentag in Hannover. Es gebe viele wünschenswerte Vorhaben. Es gelte aber auch: "Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben." Die Lösung sei einfach: "Nicht immer neue Schulden, nicht immer weiteres Drehen an der Steuerschraube", sagte Lindner. "Der Staat muss einfach lernen, wieder mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger ihm zur Verfügung stellen."

Die Aufgabe der Politik sei es, "zwischen dem zu unterscheiden, was notwendig und dringend einerseits ist, und was wünschenswert andererseits ist, was aber noch eine Zeit braucht, bis wir es finanzieren können." Wegen der koalitionsinternen Meinungsverschiedenheiten hatte Lindner bereits darauf verzichtet, wie üblich im März Eckpunkte für den neuen Haushalt sowie die mittelfristige Finanzplanung des Bundes vorzulegen. Auch ein weiterer Termin wurde beerdigt: Anders als zuvor geplant erfolgt der Kabinettsbeschluss des Haushaltsentwurfs nicht am 21. Juni. Ein neuer Termin ist bisher nicht bekannt. (afp/dpa/thp)



JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.