Vor der Europawahl hat das Bundesfinanzministerim in großen Zeitungsanzeigen für die Schuldenbremse geworben. War das verdeckte Wahlwerbung? Die Linke will das jetzt vorm Bundesverfassungsgericht klären.

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Mit zwei Anzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hat das Bundesfinanzministerium vor der Europawahl für die Schuldenbremse geworben. Kostenpunkt: knapp 40.000 Euro. Die Linke meint: Hier hat das Ministerium um Ressortchef Christian Lindner (FDP) seine Befugnisse deutlich überschritten. Die Partei hat vor dem Bundesverfassungsgericht eine sogenannte Organklage eingereicht. Der Schriftsatz liegt unserer Redaktion vor.

Was die Linke Lindner vorwirft

Die Linke sieht unter anderem ihr Recht auf Chancengleichheit im Parteienwettbewerb und die Neutralitätspflicht staatlicher Amtsträger verletzt. Heißt: Die großflächige Anzeige in der FAZ diente nicht der neutralen Information. Das Lindner-Ministerium schaltete einen Meinungsbeitrag – die FDP-Position wurde gewissermaßen mit Steuergeld in der FAZ abgedruckt.

"Der Umgang mit Steuergeld ist völlig inankzeptabel"

Janine Wissler, Linken-Chefin

Aus Sicht von Linken-Chefin Janine Wissler ist das ein Skandal. "Das von Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium verwendet Steuergeld, um für die Parteiideologie des Ministers zu werben", sagte Wissler unserer Redaktion. Während Lindner sich sonst für "Kürzungen und Sparsamkeit" ausspreche, gebe sein Ministerium Geld für eine Anzeigenkampagne im Sinne der FDP aus. "Dieser Umgang mit Steuergeld ist völlig inakzeptabel", sagt Wissler.

Dass das Finanzministerium das Blatt aus Frankfurt ausgewählt hat, ist aus Sicht der Linken kein Zufall. So heißt es im Schriftsatz, dass die FAZ ein bürgerliches Leitmedium mit wirtschaftsliberaler Ausrichtung sei. Der Verdacht: In der Leserschaft vermutet das Finanzministerium womöglich viele CDU-Wähler, die durch ein klares Bekenntnis zur Schuldenbremse zu den Liberalen gezogen werden sollen.

Experten kritisieren Lindner

Dass die Anzeige in der FAZ ein Abbild der FDP-Position ist, hatten auch Experten bereits in der Vergangenheit kritisiert – und den Vorwurf in den Raum gestellt, dass es sich dabei möglicherweise um verdeckte Parteienfinanzierung handelt. Die Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger sagte dem ARD-Hauptstadtstudio, dass man durchaus zu diesem Ergebnis kommen könne.

Das Bundesfinanzministerium hingegen argumentiert, dass die Anzeige mit dem 15-jährigen Bestehen der Schuldenbremse zusammenhänge. Gestaltung und Auswahl der Anzeige hätte die Abteilung Kommunikation übernommen. Ressortchef Lindner sei darin nicht involviert gewesen. (fah)

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