Gut eine Woche nach dem Sturz der Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron am Freitag François Bayrou zum neuen Premierminister ernannt. Der 73-Jährige habe nun die Aufgabe, eine Regierung zusammenzustellen, teilte der Elysée in Paris mit.
Schon seit langem gilt Bayrou, dessen Partei MoDem mit Macrons Renaissance kooperiert, als enger Vertrauter des Präsidenten. Der 73-jährige Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Pau wird von den Konservativen geschätzt. Grüne und Sozialisten hatten sich hingegen mehrfach gegen den Macron-Vertrauten ausgesprochen, der aus ihrer Sicht keinen Neuanfang, sondern die Fortführung der bisherigen Politik bringen würde.
Bekommt neuer Premier Mehrheit im Parlament?
Ob Bayrou eine regierungsfähige Mehrheit zustande bekommt, ist daher ungewiss. Die Sozialisten hatten sich dafür offen gezeigt, eine Mitte-Regierung zu dulden. Ob es aus dem linken Lager aber Unterstützung für einen Premier geben wird, der explizit abgelehnt worden war, ist äußerst fraglich.
Am vergangenen Donnerstag hatte Michel Barnier seinen Rücktritt als Premier eingereicht. Die Abgeordneten der Nationalversammlung brachten ihn und sein Kabinett mit einem Misstrauensvotum zu Fall.
Macron will Druck auf ihn entgegenwirken
Macron, der durch den Sturz der Regierung selbst unter Druck steht, wagt mit der Nominierung die Flucht nach vorn. Angesichts der politischen Krise gab es aus den Reihen der Opposition Rücktrittsforderungen an ihn. Auch Marine Le Pens Rechtsnationale streben wohl eine vorgezogene Präsidentschaftswahl an. Offiziell ist Macron noch bis 2027 im Amt. Nach zwei Amtszeiten kann er dann nicht erneut antreten. Die Rechtsnationalen, deren Kandidatin Le Pen zweimal in der Stichwahl gegen Macron verlor, wollen auf den Liberalen im Élyséepalast folgen.
Regierung soll nicht wieder von Le Pen abhängen
Wie genau die neue Regierung aussehen wird, ist noch unklar. Weder das linke Lager noch Macrons Mitte-Kräfte noch die Rechtsnationalen und ihre Verbündeten haben eine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung. Erwartet wird, dass die Konservativen und Teile des linken Lagers Macron zumindest eine Duldung des neuen Premiers zugesagt haben. Bei einer Duldung statt einer breiten Koalition hätte die Regierung keine eigene Mehrheit und wäre entsprechend fragil.
Bei der Absprache der Parteien geht es aber neben einem Mindestmaß an Stabilität vor allem darum, dass die neue Regierung nicht wie schon Barniers vorherige Minderheitsregierung von Le Pens Rechtsnationalen abhängt. Dessen Mitte-Rechts-Kabinett überstand nicht einmal drei Monate, bis die Opposition aus linken Kräften und Rechtsnationalen es durch einen ungewöhnlichen Schulterschluss stürzte.
Macron will schlimmere Krise verhindern
Mit der schnellen Ernennung nur eine Woche nach dem Regierungssturz will Macron auch verhindern, dass Frankreich noch tiefer in die politische Krise und wirtschaftliche Schieflage gerät. Das Land muss wegen seiner zu hohen Neuverschuldung sparen. Am geplanten Sparhaushalt für das kommende Jahr scheiterte jedoch die Regierung Barniers. Auch für Frankreichs internationale Partner dürfte der rasche Schritt eine gewisse Erleichterung sein, bringt er doch die Hoffnung mit sich, dass kein wochenlanger Stillstand durch Sondierungsgespräche und Neusortierung droht. (dpa/bearbeitet von nap)
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