Malu Dreyer führte seit 2013 die Regierung in Rheinland-Pfalz an. Die studierte Juristin suchte in ihrer Politkarriere stets das Gespräch. Selbst führende Oppositionspolitiker würdigten ihre Eigenschaften.

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Sympathisches Lachen und immer einige empathische und zuversichtliche Worte: Malu Dreyer war als Ministerpräsidentin auch außerhalb der SPD beliebt. Seit 2013 führte sie als erste Frau eine Landesregierung in Rheinland-Pfalz an und bekundete trotz aller Spekulationen bis zuletzt, dass sie noch viel vorhabe. Nicht wenige glaubten, sie werde 2026 noch einmal antreten. Jetzt entschied sich die 63-Jährige, die an Multiple Sklerose (MS) erkrankt ist, sichtlich "schweren Herzens" für den Rückzug. "Weil mir meine Kraft ausgeht."

Dreyer kam in Neustadt an der Weinstraße zur Welt. Wie in der Pfalz üblich wurde ihr Vorname Marie-Luise zu Malu verkürzt. Ihr Vater war Schulleiter und überzeugter CDU-Anhänger, ihre Mutter Erzieherin. Dreyer studierte in Mainz Jura, wurde Staatsanwältin, Bürgermeisterin von Bad Kreuznach, Sozialdezernentin von Mainz und 2002 Sozialministerin. Als ihr Vorgänger Kurt Beck nach 18 Jahren Amtszeit wegen der Nürburgring-Insolvenz in Bedrängnis geriet, bestimmte er Dreyer zu seiner Nachfolgerin.

Zunächst regierte sie ab 2013 mit den Grünen. Dann führte sie ab 2016 die erste Ampel-Regierung in Deutschland an, die 2021 bestätigt wurde. Anders als im Bund fiel diese nie größer durch Streitereien auf ein Verdienst Dreyers, heißt es auch bei ihren Koalitionspartnern. Dabei lag ihr Umweltpolitik besonders am Herzen, politisch war sie näher bei den Grünen als bei der FDP.

Im Wahlkampf 2021 setzte die Landes-SPD auch angesichts schlechter Umfragewerte mit dem Slogan "Wir mit ihr" voll auf ihr Zugpferd und gewann gegen die CDU und ihren Spitzenkandidaten Christian Baldauf. Fünf Jahre zuvor hatte Dreyer überraschend gegen ihre lange in Umfragen vorne liegende Herausforderin Julia Klöckner gewonnen.

Dreyer suchte immer das Gespräch mit Menschen, hatte für ihre Gegenüber stets ein Lächeln oder ein paar Worte übrig. Auch führende Oppositionspolitiker nannten sie "eine sympathische Frau", gegen die es schwer zu punkten sei. Sich selbst beschrieb Dreyer einmal als "verlässlich, unaufgeregt und klar".

In die Bundespolitik wollte Dreyer nie

Dreyer gehört auch bundesweit zu den bekanntesten Sozialdemokraten. Einen Wechsel in die Bundespolitik hatte sie ein politischer Profi durch und durch aber stets ausgeschlossen. Dies auch, als sie nach dem Rücktritt von Andrea Nahles 2019 rund ein halbes Jahr eine der kommissarischen Parteichefs war und am Wahlprogramm mitarbeitete.

Die Pandemie nannte sie die "größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" und trat als unaufgeregte Lotsin auf, die in der Krise Zuversicht verbreitete, immer bemüht um die richtige Balance zwischen Öffnen und Schützen. Sichtlich zu schaffen machten ihr der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der Gaza-Krieg und das Erstarken der AfD. Neben sozialer Gerechtigkeit und gleichen Bildungschancen liegen der bekennenden Katholikin Gesundheitsthemen besonders am Herzen. Und sie machte sich stets gegen Hass und Hetze sowie Rechtsextremismus und für Demokratie stark.

So lebt Malu Dreyer

Seit 2004 ist Dreyer mit dem früheren Oberbürgermeister von Trier, Klaus Jensen, verheiratet. In einem Interview nannte sie ihn den "Glücksfall" und das "Dauerhoch" ihres Lebens. Das Paar wohnt in dem inklusiven Wohnprojekt Schammatdorf in Trier. In der Freizeit gehen die beiden Sozialdemokraten gerne spazieren, ins Kino, ins Theater oder samstags in die Stadt einkaufen. Einen Traum hat sich Dreyer mit ihrem Mann vor einigen Jahren erfüllt: Eine Reise nach Tansania in die Serengeti und in den Ngorongoro-Krater.

Die Ahrtalkatastrophe mit mindestens 135 Toten im Sommer 2021 wurde Dreyer nie ganz los. Dazu kamen zuletzt die auch physisch zehrenden Wahlkämpfe für Europa und die Kommunalparlamente mit deutlichen Einbußen für die SPD. Der Bundestagswahlkampf steht noch vor der Landtagswahl 2026 an. Mit ihrer MS-Erkrankung ging Dreyer offen um, machte sie aber nicht zum Thema. "Ich bin 63, also noch nicht uralt. Aber ich muss mir eingestehen, es ist nicht mehr so wie mit 50", begründete sie ihren Rückzug. (dpa/fah)

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