Lange schon befürchtet EU-Beitrittskandidat Moldau eine russische Aggression im Separatistengebiet Transnistrien, das an die Ukraine grenzt. Nun wenden sich die dortigen Machthaber direkt an Moskau.

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Die pro-russischen Separatisten in der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien haben Russland um "Schutz" gegenüber Moldau gebeten. Bei einem Sonderkongress in Tiraspol beschlossen die Behördenvertreter von Transnistrien am Mittwoch eine entsprechende Erklärung, wie russische Nachrichtenagenturen und lokale Medien meldeten. Zur Begründung wurde unter anderem ein wirtschaftlicher Druck durch Moldau genannt. Der transnistrische Präsident Wadim Krasnoselski sprach von einer "Politik des Genozids" seitens Moldaus.

Konflikt um Seperatistengebiet Transnistrien
Eine Lenin-Statue steht vor dem Parlamentsgebäude in Tiraspol im Separatistengebiet Transnistrien. Der Konflikt um das moldauische Separatistengebiet Transnistrien zählt zu den ältesten auf Ex-Sowjetgebiet. © dpa / Hannah Wagner

In der am Mittwoch verabschiedeten Resolution wird Moskau darum gebeten, "Maßnahmen einzuleiten, um Transnistrien angesichts des zunehmenden Drucks durch Moldau zu verteidigen". Moldau habe einen "Wirtschaftskrieg" gegen Transnistrien gestartet und blockiere lebenswichtige Importe, um die Region in ein "Ghetto" zu verwandeln. Die Separatisten machten indes keine näheren Angaben dazu, welche Art von Hilfe sie aus Moskau erhoffen.

Das russische Außenministerium teilte dazu am Nachmittag mit, dass die zuständigen Ministerien diesen Antrag prüfen wollten. "Der Schutz der Bewohner Transnistriens, unserer Landsleute, ist eine der Prioritäten", heißt es in einer Erklärung des russischen Außenamtes.

Ukraine hat Befürchtung: Russland könnte von Transnistrien aus angreifen

Die Bitte aus Transnistrien erinnert an jene, die pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine im Februar 2022 ausgesprochen hatten. Damals nutzte Moskau dies als Anlass für seinen groß angelegten Angriff auf die Ukraine.

Die von pro-russischen Separatisten kontrollierte selbsternannte Republik Transnistrien liegt im Osten Moldaus an der Grenze zur Ukraine. Das ukrainische Militär befürchtet, dass Russland von Transnistrien aus in Richtung der nahen südwestukrainischen, am Schwarzen Meer gelegenen Hafenstadt Odessa angreifen könnte.

Die selbsternannte Republik Transnistrien ist ein abtrünniger schmaler Landstreifen. 1992 kämpften die Separatisten gegen die pro-westliche moldauische Regierung in einem kurzen Krieg mit hunderten Toten. Transnistrien hat heute eine eigene Währung, eigene Sicherheitskräfte und eigene Pässe.

Sorge wegen seltenen Kongresses pro-russischer Separatisten. Moldau: Karte.
© AFP/NADINE EHRENBERG

Russische Soldaten in Transnistrien stationiert

In dem völkerrechtlich zu Moldau gehörenden, aber von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiet sind rund 1.500 russische Soldaten stationiert. Die meisten Menschen in Transnistrien sind russischsprachig, viele von ihnen haben auch die moldauische, russische oder ukrainische Staatsbürgerschaft.

Die Regierung von Moldau und die EU werfen Russland vor, Moldau destabilisieren zu wollen. Das früher im Machtbereich Moskaus gelegene Land hat sich inzwischen entschlossen dem Westen zugewandt. Moldau will seinem Nachbarland Rumänien als Mitglied der Europäischen Union nachfolgen, im Juni 2022 erhielt es den Status eines EU-Beitrittskandidaten.

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Anzeichen wachsender Spannungen im Konflikt um Transnistrien gegeben. Der am Mittwoch abgehaltene Sonderkongress war der erste der pro-russischen Separatisten seit 2006. In der von ihm verabschiedeten Erklärung ist von "mehr als 220.000 russischen Bürgern" die Rede, die in Transnistrien lebten. Der Landstrich sei mit "nie dagewesenen Drohungen wirtschaftlicher, sozial-humanitärer und militärisch-politischer Natur" konfrontiert.

Moldau sieht "keine Gefahr einer Eskalation" und spricht von Propaganda aus Transnistrien

Transnistriens Präsident Wadim Krasnoselski sprach in seiner Rede bei dem Kongress nach Angaben örtlicher Medien von einer "Politik des Genozids". Diese werde durch wirtschaftlichen, physischen, rechtlichen und sprachlichen Druck ausgeübt.

Der Resolution zufolge richten sich die Separatisten neben Russland auch an die OSZE, das Europäische Parlament, das Rote Kreuz und die Vereinten Nationen mit der Bitte, "Provokationen" zu verhindern, die zu einer "Eskalation der Spannungen" führen könnten.

Moldaus Regierung wies die Aussagen der pro-russischen Separatisten als "Propaganda" zurück. Die Region profitiere von "der Politik des Friedens, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Integration mit der Europäischen Union", die "allen Bürgern" zugutekomme, schrieb der stellvertretende Ministerpräsident Oleg Serebian am Mittwoch im Onlinedienst Telegram.

Die Lage scheine aus ihrer Sicht derzeit ruhig zu sein, teilte Moldaus Regierung weiter mit. Trotz einer "erneuten Kampagne, die darauf abzielt, Hysterie in der Gesellschaft zu erzeugen", bestehe "keine Gefahr einer Eskalation".

Die selbsternannte Republik Transnistrien ist ein abtrünniger schmaler Landstreifen an der Grenze zur Ukraine. Die Bitte erinnert an jene, die pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine im Februar 2022 ausgesprochen hatten. Damals nutzte Moskau dies als Anlass für seinen groß angelegten Angriff auf die Ukraine. (AFP/dpa/tas)

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