Der Schutz Israels sei deutsche Staatsräson. Diese Aussage machten sich bereits viele Politiker zu eigen. Aber was bedeutet sie genau?

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Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte 2008 in einer Rede im israelischen Parlament, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei. "Jede Bundesregierung und jeder Bundeskanzler vor mir waren der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels verpflichtet. Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes."

Adenauer schloss bereits 1952 ein Abkommen mit Israel

Merkel meinte damit, dass der Schutz Israels für die Bundesrepublik von allerhöchstem Interesse ist. Die besondere Verbindung zu Israel erwächst aus dem von Nazi-Deutschland verübten Mord an sechs Millionen europäischen Juden. Der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer schloss 1952 mit Israel ein Wiedergutmachungsabkommen, in dem sich die junge Bundesrepublik zu jährlichen Zahlungen verpflichtete. Deutschland lieferte auch immer wieder Rüstungsgüter an Israel.

Von 1957 bis 1964 habe zudem eine intensive militärische Zusammenarbeit bestanden, erläutert der Münchner Historiker Michael Wolffsohn gegenüber der "Rheinischen Post". „Das waren Panzer, Munition und so weiter, auf den Weg gebracht vor allem vom damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß.“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid und außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion äußerte sich im Gespräch mit unserer Redaktion wie folgt zu dem Thema: "Angela Merkel hat den Begriff gesetzt, ohne ihn näher auszubuchstabieren – wie auch der frühere deutsche Botschafter in Israel, Rudolf Dreßler, der ihn zuerst ins Gespräch gebracht hat. Gemeint ist damit, dass Deutschland aufgrund seiner besonderen historischen Verantwortung die Sicherheit Israels garantiert. Jetzt sind wir in einer Situation, in der wir diesen Satz mit Leben füllen müssen."

Und das ist die Crux an Merkels Satz. Wenn man ihn so versteht, dass Deutschland die Sicherheit Israels garantiert, ist es mehr als fraglich, ob das Versprechen eingehalten werden kann. Bundespräsident Joachim Gauck warnte schon 2012: "Ich will mir nicht jedes Szenario ausdenken, welches die Bundeskanzlerin in enorme Schwierigkeiten bringt, ihren Satz, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson ist, politisch umzusetzen."

Scholz sichert Israel volle Unterstützung zu

Zunächst hatte Israel Deutschland angesichts der Terrorangriffe der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas um Munition für Kriegsschiffe gebeten, diese Bitte aber bereits wieder zurückgezogen. Vor allem aber erwartet das Land nach den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius "politische Unterstützung". Am vergangenen Donnerstag nahm der Bundestag mit den Stimmen aller Fraktionen einen Entschließungsantrag an, mit dem er sich an die Seite Israels stellt. Darin heißt es: "Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Das Existenzrecht Israels ist durch nichts zu relativieren."

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) griff die Aussage Merkels vor seinem Besuch in Israel auf. Scholz gab Israel erneut ganz klar Rückendeckung für die Militärschläge gegen die Hamas. "Der Überfall der Hamas war ein terroristischer Akt, der unverantwortlich war, der furchtbare Konsequenzen hat, der unglaublich viele Menschen getötet hat und unglaublich viele erniedrigt. Und deshalb hat Israel jedes Recht, sich selbst zu verteidigen."

Ein konsequentes Vorgehen gegen antisemitische Handlungen in Deutschland hat der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) gefordert. "Ein Land, das den Holocaust zu verantworten und über sechs Millionen Juden und Jüdinnen auf dem Gewissen hat, muss in dieser Sache eine deutliche Haltung zeigen", erklärte der BZI-Vorsitzende Mehmet Kilic am Dienstag in Berlin. Er äußerte sich vor dem Hintergrund antisemitischer Äußerungen und Handlungen unter anderem bei pro-palästinensischen Kundgebungen. (dpa/afp/the)

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