Den Vorwurf eigener Versäumnisse oder Kungelei weist Bundesfinanzminister Olaf Scholz zurück. Trotzdem bleibt der Kanzlerkandidat der SPD nach der Fragestunde im Bundestag bezüglich seiner Rolle in den Skandalen um Wirecard und Cum-Ex-Transaktionen unter Druck.

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Bundesfinanzminister Olaf Scholz bleibt wegen Vorwürfen in Verbindung mit Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank sowie des Wirecard-Skandals unter Druck.

Scholz will von eigenen Versäumnissen nichts wissen

In der Regierungsbefragung im Bundestag musste sich der SPD-Kanzlerkandidat am Mittwoch erneut kritischen Fragen der Abgeordneten stellen. Er räumte dabei Reformbedarf bei der Finanzaufsicht erneut ein, wies aber Vorhaltungen wegen eigener Versäumnisse zurück.

Im Fall der mutmaßlichen Bilanzfälschungen bei dem inzwischen insolventen Finanzdienstleister Wirecard machte Scholz vor allem die beteiligten Wirtschaftsprüfer für die späte Aufdeckung des Skandals verantwortlich. Das System der Wirtschaftsprüfung "muss dazu geeignet sein, solche Fälle des Bilanzbetrugs aufzuklären", sagte der Minister.

Zu Vorwürfen gegen die seiner Rechtsaufsicht unterstehende Banken-Aufsichtsbehörde Bafin, nicht nur Berichte über Unregelmäßigkeiten bei Wirecard ignoriert, sondern beteiligte Journalisten sogar strafrechtlich verfolgt zu haben, sagte Scholz: "Ich bin dankbar für die Arbeit der beiden Journalisten."

Scholz bemüht sich um "bessere Aufsichtsmechanismen"

Er verwies zudem auf seither erfolgte eigene Vorstöße, um "Aufsichtsmechanismen zu verbessern und auszubauen", etwa durch strengere Vorgaben für Wirtschaftsprüfungen sowie zusätzliche Kontrollmöglichkeiten. "Wir müssen stärkere Instrumente haben, und für die setze ich mich ein", sagte der Minister.

Im länger zurückliegenden Fall Warburg wird Scholz vorgeworfen, er habe zu Steuerrückforderungen an die Hamburger Warburg Bank wegen illegalen Cum-Ex-Geschäften Einfluss auf die Finanzverwaltung der Hansestadt genommen.

Hintergrund sind Kontakte von Scholz zu dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius, der versucht haben soll, die Rückforderungen gegen die Bank in Höhe von insgesamt 90 Millionen Euro abzuwenden. Kurz nach einem Telefonat zwischen Olearius und Scholz hatte die Finanzbehörde eine Rückforderung von 47 Millionen Euro fallen lassen.

"Eine politische Intervention soll es nicht geben und hat es in Hamburg auch nicht gegeben", sagte Scholz dazu im Bundestag. "Wie überall in Deutschland entscheiden die Finanzämter in Hamburg eigenständig nach Recht und Gesetz", sagte er auf Fragen von Abgeordneten. Auch Parteispenden, wie sie die Warburg Bank wiederholt zugunsten der Hamburger SPD geleistet hat, dürften nicht zu einer politischen Einflussnahme führen, sagte der Minister.

Scholz: "Ich kann mich nicht an jedes einzelne Gespräch erinnern"

Scholz war damals Erster Bürgermeister Hamburgs und Landesvorsitzender der Hamburger SPD gewesen. Zu Vorwürfen, er habe Treffen mit Olearius bei parlamentarischen Befragungen dazu nicht angegeben, sagte der heutige Bundesfinanzminister, dass "ein guter Bürgermeister oder Minister ganz viele Gespräche führt". Es sei daher "sehr plausibel, dass man sich nicht an jedes einzelne Gespräch erinnern kann".

Der SPD-Politiker sprach sich auch für ein hartes Vorgehen gegen Nutznießer sogenannter Cum-Ex-Geschäfte aus. Diese seien trotz Fehlern in der Gesetzgebung "von Anfang an nicht mit dem Gesetz vereinbar" gewesen, und er unterstütze die Anstrengungen der Behörden, die Gelder zurückzufordern. "Ich bin sicher, dass wir es schaffen werden, überall in Deutschland diejenigen zu kriegen, die etwas mit Cum-Ex zu tun haben", sagte der Minister weiter.

Beim Cum-Ex-Skandal geht es um Aktiengeschäfte zunächst unter Ausnutzung einer Gesetzeslücke im Steuerrecht. Gegen viele Beteiligte wird inzwischen wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Um die Kontakte von Scholz zu Olearius ging es am Nachmittag auch in einer Aktuellen Stunde im Bundestag auf Antrag der Linksfraktion. (AFP/hau)

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