Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke will nach der Landtagswahl zügig eine neue Regierung auf die Beine stellen - bis Weihnachten muss sie stehen.

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Woidke wünscht sich angesichts absehbar knapper Mehrheiten zwei stabile Partner in einer Koalition. Doch beides könnte schwierig werden. Denn CDU und Linke sind angesichts miserabler Wahlergebnisse angeschlagen, bei den Christdemokraten ist sogar ein Machtkampf auf offener Bühne gegen Partei- und Fraktionschef Ingo Senftleben im Gang. Auf der anderen Seite strotzen die Grünen mit einem zweistelligen Ergebnis vor Kraft.

An diesem Donnerstag geht es los mit den Sondierungsgesprächen. Es wird eine Art Speed Dating: Erst die CDU, dann die Linke, am Freitag die Grünen und die Freien Wähler. Woidke hält vor allem eins für notwendig: "Eine stabile Landesregierung, die sich auf gemeinsame Ziele einigt." Er will sich vorher nicht auf Partner festlegen, weiß aber, dass so einige Steine im Weg liegen könnten.

Skepsis gegenüber Senftleben hält an

CDU-Fraktionschef Senftleben ist in innerparteiliche Machtkämpfe verstrickt. 6 der 15 CDU-Abgeordneten stehen ihm nach der Wahlniederlage zumindest skeptisch gegenüber, wie am Dienstag eine Abstimmung über eine Neuwahl des Fraktionsvorstands zeigte. Die Abgeordneten Saskia Ludwig und Frank Bommert fordern offen seinen Rücktritt. Das macht es potenziellen Regierungspartnern schwer, die Stabilität dieses Verhandlungspartners einzuschätzen.

Eine rot-schwarz-grüne Koalition hätte im Landtag eine Mehrheit von sechs Stimmen - das ist auch die Zahl von Senftlebens Gegnern. Woidke hofft, dass die CDU das Problem löst. "Eine CDU-Schlachteplatte wie in früheren Zeiten wäre kein schönes Bild", hatte er den "Potsdamer Neueste Nachrichten" gesagt.

Grüne fordern Richtungswechsel

Die Grünen zogen derweil schon eine "rote Linie" für die Koalitionsgespräche. "Keine neuen Tagebaue", sagte Grünen-Bundeschefin Annalena Baerbock. Und Landesvorsitzende Petra Budke betonte: "Kein weiteres Dorf in Brandenburg darf mehr abgebaggert werden." Die Forderung, 2030 - statt wie geplant 2038 - aus dem Braunkohleabbau auszusteigen, nennen die Grünen zunächst nicht mehr als "rote Linie". Woidke will einen Ausstieg vor 2038 nur, wenn die Fragen neuer Arbeitsplätze und der Sicherheit der Energieversorgung geklärt sind. Die Grünen fordern auch einen Richtungswechsel in der Politik.

Die Forderung nach einem schnellen Ausstieg bis 2030 hatte die Linke auf ihrem Parteitag im Juni beschlossen. Für die Partei kommt einzig eine rot-grün-rote Koalition in Frage. Sie knabbert aber wie die CDU auch noch am Wahldebakel. Im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren verlor sie prozentual am meisten: 7,9 Prozentpunkte. Die beiden Spitzenkandidaten Kathrin Dannenberg und Sebastian Walter führen die geschrumpfte Fraktion. Schwierig wird es für die SPD mit Grünen und Linken vermutlich auf dem Feld der Inneren Sicherheit. In der vergangenen Wahlperiode lehnten die Grünen das Polizeigesetz zur Ausweitung der Befugnisse der Beamten vehement ab. Sie kritisierten zu starke Eingriffe in die Rechte der Bürger. Die Linke hatte als Regierungspartner Abstriche bei dem Polizeigesetz durchgesetzt. Über den anschließenden Ausbau des Verfassungsschutzes wäre das rot-rote Bündnis fast zerbrochen.

Kommt es zum rot-grün-roten Bündnis?

Ein mögliches rot-grün-rotes Bündnis hätte zwar nur eine Stimme Mehrheit. Woidke sagte am Montag aber: "Darauf kommt es nicht an, es kommt drauf an, dass eine Koalition eine gewisse Vertrauensbasis hat und dass man weiß, dass wenn's drauf ankommt, diese Koalition auch steht." Und er betonte, dass sich die SPD vor fünf Jahren für die Linke entschieden habe, obwohl die Mehrheit mit der CDU komfortabler gewesen wäre.

Die SPD will auch mit den Freien Wählern sondieren, denn auch eine rot-schwarz-orange Koalition hätte eine knappe Mehrheit im Landtag. Doch Freie-Wähler-Chef Péter Vida hat bereits deutlich gemacht, dass es ihm nicht um die Frage von Regierungsbeteiligung oder Opposition geht. Er brachte den Vorschlag wechselnder Mehrheiten - sprich Partner - ins Spiel. Stabilität wäre dann eine Frage der Perspektive.  © dpa

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