Ein demokratischer Sozialist gegen einen moderaten Ex-Bürgermeister: Die Vorwahlen der US-Demokraten haben in Bernie Sanders und Pete Buttigieg bisher zwei sehr unterschiedliche Kandidaten an die Spitze befördert. Wer sind die beiden Herausforderer? Und: kann einer von ihnen es mit US-Präsident Donald Trump aufnehmen?
Bernie Sanders hat in der Nacht auf Mittwoch die zweite Vorwahl der US-Demokraten im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur gewonnen. Damit bestätigte der linke Senator seine Favoritenrolle im US-Bundesstaat New Hampshire.
Zweiter wurde der moderate
Amy Klobuchar als Stimme der Vernunft
Und noch eine weitere Demokratin konnte sich freuen: Die Senatorin Amy Klobuchar landete mit 19,8 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz. Ein großer Erfolg für die Politikerin aus Minnesota, die in nationalen Umfragen bisher nur auf rund fünf Prozent der Stimmen gekommen war.
Sie gilt als die Stimme der Vernunft in dem ideologischen aufgeheizten Vorwahlkampf und dürfte von diesem guten Ergebnis profitieren, weil es ihr mehr Sichtbarkeit vor dem Super Tuesday gibt, bei dem am 3. März in 14 Staaten gleichzeitig die Vorwahlen stattfinden.
Aktuell sind aber Sanders und Buttigieg die beiden wichtigsten Kandidaten im Rennen um die Kandidatur der Demokraten für die US-Präsidentenwahl.
Wir werfen einen genaueren Blick auf die beiden grundverschiedenen Politiker:
Wer ist Bernie Sanders und für was steht er?
Sanders ist die Ikone der linken Demokraten. Bei den letzten Vorwahlen musste sich der Senator des Bundesstaats Vermont Hilary Clinton erst nach einem harten Kampf geschlagen geben. Nun versucht er erneut, sich wählen zu lassen, indem er sein bekanntes Anti-Establishment-Programm vertritt. Neben dem ehemaligen Vizepräsidenten
Sanders definiert sich als demokratischen Sozialisten und schmückt sich mit der Radikalität seines Programms. Dazu zählen etwa die Einführung einer allgemeinen Gesundheitsversicherung, eines Mindestlohns von 15 US-Dollar und die Forderung nach kostenloser Universitätsbildung.
Zu Sanders Profil gehört auch sein hohes Alter: Mit 78 Jahren ist er älter als der amtierende US-Präsident
Wer ist Pete Buttigieg und für was steht er?
Buttigieg ist 38 Jahre alt, mit einem Mann verheiratet und war bis Ende 2019 für zwei Amtszeiten der Bürgermeister seiner Heimatstadt South Bend, Indiana, die 100.000 Einwohner zählt. Der als moderat geltende Politiker hat in Harvard Geschichte und Literatur studiert, als Unternehmensberater für McKinsey gearbeitet und sieben Monate lang als Offizier der US-Armee in Afghanistan gedient.
Bis zu seiner Ankündigung, an den Vorwahlen der Demokraten teilnehmen zu wollen, kannte Buttigieg in den USA kaum jemand. Doch dann überzeugte der junge Politiker die Menschen bei seinen Auftritten mit seiner wortgewandeten, ruhigen Art sowie seinem Ziel, einen Generationswechsel in der US-Politik einleiten zu wollen.
Buttigieg ist der jüngste Kandidat der Kampagne, setzt sich für den Klimaschutz ein und will die Gesundheitsversicherung Obamacare sowie das System des Supreme Courts, des obersten Gerichtshofs, reformieren.
Wer sind ihre Anhänger?
Mit dem Sieg in New Hampshire ist Sanders zum neuen Favoriten der demokratischen Vorwahlen geworden und vereint aktuell 27 Prozent der demokratischen Stimmen auf sich. Dass dieser Wert ausreicht, um aktuell der Spitzenkandidat zu sein, zeigt, wie fragmentiert die Demokraten sind. Sanders kommt dieser Trend entgegen.
Seine Wählerbasis besteht aus zwei Elementen: So sind Sanders Anhänger sehr jung und sehr links. Die Wahl in New Hampshire zeigte, dass rund die Hälfte der Wähler unter 30 Jahren ihm ihre Stimme gab und sich ebenfalls die Hälfte der sehr links orientierten Demokraten für ihn entschied.
Umfragen zeigen außerdem, dass Sanders auch die Zustimmung unter nichtweißen Wählern erhöhen konnte, eine Gruppe, in der sein Konkurrent Biden bisher besser abgeschnitten hatte. Doch Biden ist nach einem vierten und einem fünften Platz in den Vorwahlen abgeschlagen, sodass sich bei künftigen Vorwahlen noch mehr seiner Wähler für Sanders entscheiden könnten.
Buttigiegs gute Platzierung in New Hampshire kommentiert die New York Times mit den Worten: "Der ehemalige Bürgermeister zeigte erneut eine beeindruckende Leistung in einem Staat, in dem fast jeder aussieht, wie er selbst." Damit fasst die US-Zeitung sein Hauptproblem zusammen. Der moderate Buttigieg wird von Menschen gewählt, die sind wie er: weiß, aus der Mittelschicht und der ländlichen Gegend stammend.
Dass Buttigieg sich damit in Iowa durchsetzen und auch in New Hampshire eine starke Rolle spielen würde, überrascht wenig. Denn dort entspricht die Bevölkerung überwiegend diesen Merkmalen. Doch um Präsidentschaftskandidat der Demokraten zu werden, müsste es ihm wie Sanders gelingen, auch Wähler aus der Schwarzen- und der Latino-Community von sich zu überzeugen.
Wer kann Trump gefährlich werden?
Trump erfreut sich aktuell großer Beliebtheitswerte in den USA: Eine Umfrage des Instituts Gallup von Anfang des Monats bescheinigt ihm, dass 49 Prozent der Teilnehmer mit seiner Arbeit zufrieden sind. Das ist der höchste Wert, den er seit seinem Amtsantritt erreichen konnte. Den Demokraten steht daher ein harter Wahlkampf bevor, bei dem sie nur mit dem richtigen Kandidaten überhaupt den Hauch einer Chance haben können.
Aktuell ist noch unklar, wer dieser Kandidat sein wird – schließlich liegen bisher nur die Ergebnisse der Vorwahlen aus zwei US-Bundesstaaten vor. Sollte die Kandidatur jedoch zwischen Buttigieg und Sanders entschieden werden, hätte wohl Sanders die besseren Karten im Duell mit Trump.
Denn Sanders ist nicht nur der erfahrenere Politiker. Sanders gilt auch als linker Populist, dessen große, soziale Versprechen es mit der populistischen Rhetorik Trumps aufnehmen könnten. Doch genau darin liegt auch die Gefahr für die Demokraten: Mit einem Präsidentschaftskandidaten Sanders sind Trump und seinem Wahkampfteam Tür und Tor geöffnet für eine "Linke Socken"-Kampagne gegen Sanders - und in den USA ist die Angst vor linken oder gar sozialistischen Ideen tief in allen gesellschaftlichen Schichten verwurzelt.
Verwendete Quellen:
- The New York Times: 5 Takeaways from the New Hampshire Primary
- The New York Times: Pete Buttigieg
- The New York Times: Bernie Sanders
- Gallup: Trump Job Approval at Personal Best 49%
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