Einmal im Monat lädt Dunja Hayali im ZDF zum Polit-Talk ein. Am Mittwochabend stellt sich der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen dort kritischen Fragen. Lange geht es sachlich bis seicht zu – bis es um die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt geht.
Drei gegen
Was ist das Thema bei Dunja Hayali?
In Sachsen haben bei den Landtagswahlen am Sonntag 27,5 Prozent der Wähler der AfD ihre Stimme gegeben, in Brandenburg waren es 23,5 Prozent. Wofür genau steht die Partei? Das will die Moderatorin am Beispiel von drei Themen herausfinden: Erneuerbare Energien, Schulsysteme und die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.
Wer sind die Gäste?
- Jörg Meuthen: Der Co-Vorsitzende der AfD gibt sich wie so häufig im Fernsehen betont gemäßigt. Er beklagt, dass die Medien ein "Zerrbild" seiner Partei zeichnen: "Wir sind weder extremistisch noch rassistisch. Ich habe das 100.000 Mal gesagt, und ich werde es auch noch 100.000 Mal sagen."
- Michael Raschemann: Seit mehr als 20 Jahren führt der Brandenburger ein Unternehmen für Windkraft-, Biogas- und Photovoltaik-Anlagen. "Ich bin überzeugt, dass die Erneuerbaren Energien der Schlüssel zur Zukunft sind", sagt der 48-Jährige, "weil wir sie unerschöpflich zur Verfügung haben."
- Regine Seemann: Die Hamburger Schulleiterin findet: Kinder sollen möglichst lange gemeinsam lernen, statt früh auf verschiedene Schulformen aufgeteilt zu werden. Das helfe nicht nur schwächeren Schülern: "Auch Kinder, die stärker sind, lernen ganz viel im sozialen Kontext."
- Maximilian Felsner: Der Bayer gehört zu den Gründern der Zeitarbeitsfirma Social Bee, die Geflüchtete an Betriebe vermittelt. Das helfe beiden Seiten – also auch der hiesigen Wirtschaft, sagt er: "Wir haben viele Unternehmen, die froh sind, dass sie mit den Geflüchteten jemanden haben, der Arbeit übernehmen kann."
Was war das Rede-Duell des Abends?
Beim Thema Erneuerbare Energien verläuft die Diskussion sehr sachlich, technisch und fast ein bisschen fade.
Das ändert sich, als es um das Thema Schule geht – auch, weil Rektorin Regine Seemann ihre Abneigung gegen den AfD-Vorsitzenden nur schwer zügeln kann. "Ich glaube, ich habe da ein bisschen mehr Erfahrung", sagt sie, als Meuthen den Erfolg von Schulformen anzweifelt, an denen Kinder länger gemeinsam lernen.
Meuthen spricht sich in diesem Zusammenhang für Vielfalt aus: Es solle viele Schulformen für die speziellen Bedürfnisse von Schülern geben – vom Gymnasium bis zur Förderschule.
Vielfalt will aber eigentlich auch Regine Seemann: "Warum kann man diese Angebotsdifferenzierung nicht innerhalb einer Schule schaffen?", fragt die Pädagogin. "Das funktioniert nicht", meint Meuthen. "Das funktioniert doch", erwidert Seemann. Damit steht es Aussage gegen Aussage.
Was war der Moment des Abends?
Jörg Meuthen ist ein Meister darin, die Forderungen der AfD freundlich zu verpacken. Beim Thema Integration lässt er dann aber doch mit markigen Sprüchen aufhorchen.
"Wir plädieren dafür, dass wir den Menschen, die hier sind, eine Chance geben", sagt Maximilian Felsner, der Geflüchtete an Unternehmen vermittelt – und von guten Erfahrungen für beide Seiten berichtet. "Wir wollen diese Integration nicht", sagt Meuthen daraufhin: Er meint die Arbeitsmarktintegration von solchen Flüchtlingen, die nur vorübergehend in Deutschland bleiben dürfen – also irgendwann wieder in ihre Heimat müssen. "Die Integration ergibt hier keinen Sinn", meint Meuthen. Das ist dann doch AfD pur.
Wie hat sich Dunja Hayali geschlagen?
Hayali hat sich selbst als Kämpferin gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit profiliert. Als Moderatorin wäre es jedoch wenig angemessen, wenn sie selbst mitdiskutieren und so aus ihrer Rolle fallen würde. Das macht sie aber auch nicht: Hayali bleibt stets ruhig und sachlich. Sie geht auch mit Meuthen stets höflich um – hakt aber nach, wenn es nötig ist.
Was ist das Ergebnis?
Einen Politiker und drei "normale" Bürger" gegeneinander in Stellung zu bringen – diese Konstellation hat ihre Stärken und Schwächen: Es geht weniger laut und aufgeheizt zu als in anderen Talk-Runden. Jörg Meuthen ist es außerdem anzurechnen, dass er sich auf dieses Format einlässt, bei dem er praktisch immer der Angegriffene ist.
Trotzdem wird hier mit ungleichen Waffen gekämpft: Meuthen ist Talkshow-erprobt und zudem geübt darin, die zum Teil radikalen Aussagen seiner Parteifreunde kleinzureden. Die drei anderen Gäste dagegen haben auf dem Gebiet deutlich weniger Erfahrung als er. In der Live-Sendung wirken sie stellenweise etwas gehemmt, wo sie streitbarer hätten sein können. Immerhin: Das Format beweist, dass auch Menschen mit unterschiedlichen Ansichten gesittet miteinander diskutieren können.
Und dann war da noch ...
… Wong Yik Mo aus Hongkong. Der Mitorganisator der Proteste für demokratische Rechte und gegen die Einmischung Chinas ist nach Deutschland gekommen, um Solidarität einzufordern. Auch von der Bundeskanzlerin.
Angela Merkel sei doch selbst in einem sozialistischen Staat aufgewachsen, sagt er: "Sie muss Mitleid und Sympathie für uns haben." Das solle sie auch bei ihrem anstehenden Besuch in Peking zum Ausdruck bringen: "Sie muss Hongkong ansprechen und etwas für uns tun."
Damit hat der Abend einen interessanten Schlusspunkt, der mit den vorigen Themen aber nur wenig zu tun hat. Vielleicht wäre es besser, dem Thema demnächst eine eigene Sendung zu widmen.
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