Bei "Hart aber fair" ging es am Montagabend um den angespannten Wohnungsmarkt, steigende Mieten und Zinsen. Ein Familienvater berichtete von seiner frustrierenden Suche und ein Bauunternehmer beschrieb, wer links und rechts des Weges übersehen wird. Gleichzeitig kam Bauministerin Geywitz bei Moderator Klamroth nicht mit einfachen Floskeln davon.

Eine Kritik
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Für viele Menschen ist der Traum vom Eigenheim geplatzt oder kurz davor: Immobilien sind oft unbezahlbar, günstige Mietwohnungen Mangelware. Warum haben alte Menschen oft zu große Wohnungen und junge Familien finden nichts? Und welche Bauvorschriften treiben die Kosten in die Höhe?

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Ein Thema, bei dem wohl jeder mitreden konnte: Bezahlbarer Wohnraum. Etwas sarkastisch und angelehnt an die ähnlich klingende Tiervermittlungs-Sendung überschrieb Klamroth seine Sendung mit dem Namen "Menschen suchen ein Zuhause: Wer ist schuld an der Wohnungsnot?" Bei der Suche nach den Verantwortlichen ging es um den sozialen Wohnungsbau, Spekulation mit Immobilien, Anforderungen an Bauvorhaben sowie um kreative Lösungen zur Wohnraumnutzung.

Das sind die Gäste

  • Klara Geywitz (SPD): "Schuld daran haben viele. Auch der Staat hat zu wenig getan für bezahlbaren Wohnraum", sagte die Bundesbauministerin. Man tue gerade etwas dagegen, das gehe aber nicht von heute auf morgen. "Wir geben extrem viel Geld aus für den Sozialen Wohnungsbau", meinte Geywitz.
  • Gerhard Matzig: "Wir haben inzwischen ein Problem, das wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist", sagte der Architektur-Journalist. Die Immobilienmärkte seien nicht mehr nur in München und Berlin angespannt, sondern auch in Passau, Flensburg, Würzburg. "Die ganz normalen mittelverdienenden Menschen können sich diese Zahlen und Kosten und das geringe Angebot nicht mehr leisten", so Matzig. Er plädierte dafür, das Bodenrecht "komplett anzufassen und zu ändern". Das traue sich die Politik bislang aber nicht.
  • Dirk Salewski: "Es wird aktuell nicht mehr gebaut. Die private Nachfrage ist aufgrund der Zinssituation quasi auf Null zurückgefahren", berichtete er. Es herrsche aktuell ein Stillstand bei privaten Häuslebauern. "Im Moment bekomme ich immer weniger Aufträge, weil die Menschen das nicht mehr bezahlen können", sagte Salewski.
  • Caren Lay (Linke): "Jeder Euro, der angelegt wird in bezahlbares Wohnen, ist gut angelegtes Geld", meinte die Linkspolitikerin. Börsennotierte Aktiengesellschaften wie die Vonovia hätten auf dem Wohnungsmarkt nichts verloren. Hauptproblem bei der Krise sei die Spekulation mit Immobilien. "Vonovia und Co. sind die Preistreiber gewesen", meinte Lay. Sie forderte: "Wir müssen das Steuerrecht von dem Kopf auf die Füße stellen."
  • Erdal Balci: "Man möchte ja auch in dem Haus leben und nicht nur dafür arbeiten", sagte Erdal Balci, der seit Jahren im Umland von Bremen nach einem Haus für seine Familie sucht. Bei den hohen Bewerberzahlen stünden die Chancen oft schlecht. Viele Häuser seien überteuert, renovierungsbedürftig und "in keinster Weise bezahlbar". Teilweise habe jemand anders in der letzten Minute 40.000 Euro mehr geboten. "Und dann waren die Balcis raus, das ging dann leider nicht", gab er zu.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Klamroth ließ ein Plakat im Studio einblenden. Ein Schwarz-Weiß-Porträt von Olaf Scholz war darauf zu sehen, daneben der Spruch: "Kanzler für bezahlbares Wohnen". "Suchen wir diesen Kanzler noch?", fragte er in Richtung SPD-Frau Geywitz. Die entgegnete: "Also ich sehe ihn regelmäßig."

Als Klamroth dann aber wirklich inhaltlich erklärt haben wollte, warum das gesteckte Ziel der 400.000 neuen Sozialwohnungen verfehlt worden sei, meinte Geywitz: "Man darf nicht vergessen, dass die Situation, als das Plakat entstand, eine Situation war mit den besten Bedingungen für den Baubereich, mit niedrigen Zinsen."

Klamroth ließ das nicht gelten: "Das heißt, man müsste bei den Wahlplakaten eigentlich immer ein kleines Sternchen dran machen und sagen 'Wenn die Situation so bleibt, wie sie jetzt gerade ist'?" Geywitz verteidigte sich: "Wir haben einen historischen Zinssprung gehabt."

Klamroth ließ noch immer nicht locker: "Wenn Sie das so aufzählen, das ist wie so ein Fußballer, der vom Platz geht und sagt: 'Wir haben das Spiel verloren, weil der Platz schlecht war und der Schiri gegen uns gepfiffen hat'. Aber die Schuld bei sich selbst, die sehen Sie nicht?" Die Bauministerin erinnerte: "Die Zinsentwicklung ist aufgrund eines externen Schocks passiert."

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Bauunternehmer Dirk Salewski erklärte: "Wir brauchen auch ganz viel Wohnraum für Menschen, die etwas oberhalb des Wohnberechtigungsscheins liegen." Er fuhr fort: "Wir bauen aktuell für Bedürftige, für Leute, die wenig Geld und Einkommen haben, und für Millionäre. Und alles was dazwischen liegt, bleibt links und rechts des Weges liegen."

Linkspolitikerin Lay ließ das so nicht stehen. "Sozialer Wohnungsbau ist kein Nischenbau für Geringverdienerinnen und Geringverdiener. In Deutschland haben elf Millionen Menschen theoretisch Anspruch auf eine Sozialwohnung", sagte sie in Richtung von Salewski. Die Regierung sei anderthalb Jahre im Amt – "und anderthalb Jahre ist nichts passiert, die Mieten schießen in die Höhe, der soziale Wohnungsbau ist rückläufig". Es müsse endlich etwas passieren.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Louis Klamroth war am Montagabend (8. Mai) in ziemlich guter Form. Besonders Bauministerin Geywitz bekam bei ihm ihr Fett weg. Als es darum ging, dass die Vonovia ihre Bauprojekte auf Eis gelegt hat, fragte er Geywitz: "Wenn weder die Kleinen noch die ganz Großen sich das Bauen aktuell leisten können, macht dann die Bauministerin einen guten Job?" Und auch von Linkspolitikerin Lay wollte er scharfzüngig wissen, ob es sie freue, dass ihr "persönliches Feindbild" nun scheinbar Verlust mache.

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Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Zwei Dinge waren zu erwarten: Zum einen, dass die Suche nach einem Schuldigen nicht sonderlich erfolgreich verlaufen wird. Zum anderen, dass keine Patentlösung auf den Tisch kommt. So viel zum erwartbaren Teil.

Überraschend war dann aber doch der Zündstoff und die Relevanz, die in dem Thema steckte. Das Studio einigte sich zumindest darauf, dass Normen und Bauvorschriften entrümpelt werden müssen, das Steuerrecht einer Überprüfung bedarf und kreative Lösungen gefragt sind – vom Tiny House und Wohnungstausch bis zur Neunutzung von leerstehenden Büroflächen.

Verwendete Quellen:

  • ARD: "Hart aber fair" vom 08.05.2023
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