Spielt Bundeskanzler Olaf Scholz mit der Angst der Bevölkerung, um im Wahlkampf besser abzuschneiden? Bei "Markus Lanz" versuchte SPD-Politiker Hubertus Heil, die Kommunikation von Olaf Scholz in Bezug auf den Ukrainekrieg zu relativieren. Dabei geriet er jedoch mit dem ZDF-Moderator aneinander.
Das war das Thema bei "Markus Lanz"
Olaf Scholz ist erst Anfang der Woche vom SPD-Bundesvorstand offiziell als Kanzlerkandidat nominiert worden. Die zuvor geführte zähe Debatte hat jedoch bereits ihre Spuren hinterlassen. Sogar
Das waren die Gäste
Hubertus Heil , SPD-Politiker: "Die Partei hat sich hinterOlaf Scholz versammelt und das ist auch richtig so."- Antje Höning, Wirtschaftsjournalistin: "Dass der hier anwesende Arbeitsminister das Rentenpaket II nicht mehr durchboxen konnte, ist in Wahrheit ein Segen."
- Veit Medick, Journalist: "Es ist ein echtes Himmelfahrtskommando, in das sich die SPD mit Olaf Scholz gerade hineinbegibt."
- Frank Sauer, Militärexperte: "Russlands Drohen ist präzedenzlos im gesamten Nuklearzeitalter."
Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung wollte Markus Lanz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wissen, wie sehr ihn "das Hickhack um die K-Frage" genervt habe. Heil versuchte, die Frage galant zu umgehen, indem er sagte: "Dass das keinen deutschen Eleganzpreis bekommen hat in der letzten Woche, das war zu lesen. (...) Aber am Ende zählt, dass man sich zusammenrauft." Der SPD-Politiker stellte weiter klar: "Die Partei hat sich hinter Olaf Scholz versammelt und das ist auch richtig so." Eine Aussage, die Lanz irritierte: "Hat sie ja nicht!" Heil konterte mit einem lautstarken "Doch" und erklärte: "Ich glaube, meine Partei kenne ich ganz gut, Herr Lanz."
Dennoch wollte sich der ZDF-Moderator nicht geschlagen geben und stichelte: "Das ist doch nicht Ihr Ernst. Sie können doch nicht sagen, Ihre Partei steht voll hinter Olaf Scholz." Statt einzuknicken, machte Hubertus Heil erneut deutlich: "Wir hatten eine Diskussion, die ist vorbei." Mit Olaf Scholz habe die SPD "den richtigen Kanzler. Das ist meine tiefe Überzeugung. Der hat die Nerven, auch die Kompetenz". Grund genug für Markus Lanz, zu fragen, wie es dann "zu diesem Hickhack" kommen konnte. Heil wiegelte erneut ab: "Ich kann Ihr Interesse verstehen." Statt Fehler in der Vergangenheit zu suchen und "über Stilfragen" zu debattieren, wolle der SPD-Mann jedoch lieber "über die wesentlichen Fragen des Landes diskutieren" und sich auf die Straße fokussieren, "die vor uns liegt".
"Ich mache keine Selbstbespielung, die geht mir nämlich auf den Nerv in der Politik, wenn Leute nur um sich selbst und ihre Partei kreisen", wetterte Heil weiter. Lanz ließ dies nicht unkommentiert und stellte klar: "Sie können versuchen, das jetzt so abzuräumen, aber der Versuch wird nicht gelingen." Journalist Veit Medick stimmte zu: "Es war eigentlich ein riesengroßes Drama, was wir da in den letzten Tagen und Wochen erlebt haben in der SPD. Die Partei hat es ja eigentlich geschafft, mit einer Debatte das gesamte Führungspersonal zu beschädigen." Laut Medick sei die Autorität von Olaf Scholz in den letzten Wochen "massiv zerbröselt", "gleichzeitig aber auch die der Parteispitze, weil sie die Debatte nicht richtig hat kommen sehen und unterschätzt hat".
Die Kritik wies Hubertus Heil prompt von sich, als er sagte: "Am Ende entscheiden die Bürgerinnen und Bürger und die entscheiden vor allen Dingen nach zwei Fragen: Wem traue ich das Amt zu - Olaf Scholz oder Friedrich Merz? Und was ist der richtige Kurs für Deutschland?" Journalistin Antje Höning konterte daraufhin: "Aber das kommt doch als Boomerang auf Sie zurück! Die Lage des Landes ist katastrophal." Laut Höning sei die wirtschaftliche Situation vieler Menschen schlecht "und das wird Ihnen aufs Butterbrot geschmiert. Dafür ist der Kanzler verantwortlich." Hubertus Heil sah dies offenbar anders, denn er sagte ruhig: "Unterschätzen Sie diesen Kanzler nicht. (...) Der hat in den letzten Jahren dieses Land durch verdammt schwierige Zeiten geführt."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Nachdem SPD-Politiker Hubertus Heil vehement versucht hatte, Bundeskanzler Olaf Scholz in Schutz zu nehmen, platzte es aus Militärexperte Frank Sauer heraus: "Herr Scholz hat Nerven und das hat er auch gezeigt und ich finde an Stellen, wo es sehr ungut war." Besonders mit Blick auf den Krieg in der Ukraine habe Scholz in seinen Reden häufig Begriffe wie "furchtbar" benutzt, statt sachlich beim Thema zu bleiben. "Ich wünsche mir eigentlich von einem Kanzler eine erwachsene Ansprache in diesen Dingen", so Sauer streng. Laut des Militärexperten schüre Olaf Scholz die Angst vor einem Nuklearkrieg in der Bevölkerung und sage gleichzeitig, "wenn ihr mich wählt, dann passiert euch nichts". Dieses Verhalten sei laut Frank Sauer "im Grunde dem Ernst der Lage nicht angemessen".
Als Hubertus Heil ihm einen kritischen Blick zuwarf, zog Sauer weiter vom Leder: "Die Mischung bei Herrn Scholz ist 60 Prozent Besonnenheit und 40 Prozent Entschlossenheit." Der Bundesarbeitsminister konterte skeptisch: "Ist das Wissenschaft oder Ihre Meinung?" Als Sauer mit "Das ist meine Meinung" antwortete, stellte sich Heil erneut hinter den Kanzler. Er sagte in Bezug auf die Ukraine deutlich: "Wir haben uns unserer Verantwortung gestellt - das ist meine Überzeugung. Und zwar mit erheblichen Leistungen."
Laut Hubertus Heil sei Deutschland "der größte Unterstützer" der Ukraine "aus Europa". Lanz unterbrach den SPD-Politiker jedoch wütend: "Herr Heil, warum sagen Sie das wieder so? Das ist kontrafaktisch!" Laut des ZDF-Moderators sei es nur "die Hälfte der Wahrheit". Ein Vorwurf, den Hubertus Heil nicht auf sich sitzen lassen wollte: "Ich lasse mir das nicht unterstellen, dass ich hier lüge, Herr Lanz!" Der Moderator ruderte prompt zurück: "Ich habe Ihnen nicht unterstellt, dass Sie lügen." Heil war dennoch aufgebracht und sagte: "Doch, doch! Sie haben gesagt, das ist die halbe Wahrheit!"
Daraufhin wiederholte der Bundesarbeitsminister, dass Deutschland aus Europa "der größte materielle Unterstützer der Ukraine" sei - "und zwar nicht nur militärisch und wirtschaftlich (...). Auch, was übrigens die Versorgung von Geflüchteten betrifft". Heil wetterte weiter: "Was ich nicht zulasse, sind persönliche Anwürfe an diesen Kanzler in einer Art und Weise, die ich in den letzten Tagen in Talkshows (...) oder im Netz gelesen habe. (...) Das ist der Lage nicht angemessen und - mit Verlaub - dagegen wehre ich mich auch!" Markus Lanz ließ jedoch nicht locker und merkte an: "Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (...) sind wir mitnichten das engagierteste Land." Es sei daher "ehrlich gesagt der Job in diesen Talkshows, dann Dinge, die einfach so gesagt werden, auch klarzustellen".
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Innerhalb der Sendung lieferte sich Markus Lanz mehrere Rededuelle mit Hubertus Heil. Als der Moderator beispielsweise sagte: "Da gibt es diesen Kanzler, der mit dieser Angst spielt", schüttelte Heil entschieden mit dem Kopf.
Lanz fragte daraufhin nach dem Grund für seine Überzeugung, woraufhin Heil deutlich machte: "Diese Bundesregierung, unser Land, muss sich für das, was wir an Solidarität mit der Ukraine leisten, weder verstecken, noch schämen!"
Das war das Fazit bei "Markus Lanz"
Markus Lanz lockte Bundesarbeitsminister Heil aus der Reserve, als er in Bezug auf den Ukrainekrieg fragte: "Welche SPD wollen Sie eigentlich sein? Sind Sie die SPD des Friedenskanzlers, der ständig mit diesem Wort der Eskalation und der nuklearen Bedrohung spielt? Oder sind Sie die SPD von Boris Pistorius?" Heil antwortete schwammig, dass seine Partei um die Sicherheitsinteressen wisse "und um die Bedeutung der Tatsache, dass wir jahrzehntelang als Europäer uns darauf auch ein Stück ausgeruht haben, dass die Amerikaner mit auf uns aufpassen".
Der Politiker stellte gleichzeitig klar: "Diese Unterstellung, (...) die SPD würde irgendwie Ängste schüren, (...) die lasse ich auf meiner Partei nicht sitzen." Er erlebe "Politiker und Populisten in diesem Land, die Ängste schüren. Ich erlebe sie bei der AfD und beim BSW." "Aber nicht bei Ihnen?", hakte Lanz nach. Heil antwortete streng: "Nein. Ich glaube, dass die Politik, die wir vertreten, im Interesse Europas, dieses Landes ist." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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