• Bürgermeister Boris Palmer und Mediziner Uwe Janssens diskutieren bei "maischberger.die woche" über die Lage auf den Intensivstationen.
  • Der Chefmediziner des Herstellers Moderna zweifelt an der vollen Wirksamkeit seines Impfstoffs gegen Coronavirus-Mutationen.
Eine Kritik

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Volles Haus, volles Programm: Gleich sieben Gäste nehmen am Mittwochabend Platz im Studio von Sandra Maischberger – wie immer aufgeteilt in mundgerechte Gesprächshäppchen. Die Themen sind erwartbar: Es geht um die aktuellen Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz, die Pandemiebekämpfung, die Impfstoffe. Und am Ende gibt es noch ein heißes Gericht aus der Gerüchteküche der internationalen Politik.

Das sind die Gäste bei "Maischberger. die Woche"

Boris Palmer: "Mittelalterliche Kontaktbeschränkungen – das kann nicht der letzte Schluss der Weisheit sein", sagt der Oberbürgermeister von Tübingen. Überlastet seien in der aktuellen Pandemie nicht nur die Krankenhäuser – sondern auch die Kinder- und Jugendpsychiatrie in seiner Heimatstadt: "Da können keine Kinder mehr aufgenommen werden. Die ist vollkommen überlastet."

Uwe Janssens: "Die Leute sind am Ende", sagt dagegen der Mediziner über seine Kolleginnen und Kollegen auf den Intensivstationen. Den "Stresstest" in den Krankenhäusern würden die Mitarbeitenden dort nicht mehr lange mitmachen. "Dann gehen die Leute traurig, müde und kaputt nach Hause – Burnout – und verabschieden sich aus diesem wunderbaren Beruf."

Tal Zaks: "Wir sollten uns darauf vorbereiten, dass wir mehr tun müssen", sagt der Chefmediziner des US-Impfstoffherstellers Moderna mit Blick auf die neuen Virus-Mutationen. Und er betont, dass nicht nur die Menschen in Europa geimpft werden wollen: "Wir müssen uns daran erinnern, dass das ein globales Problem ist."

Anette Dowideit: Dass Friseure vom 1. März an wieder öffnen können, sei "psychologisch wahnsinnig wichtig", findet die Investigativ-Reporterin der Tageszeitung "Die Welt": "Es gibt viele Menschen, deren einziger sozialer Kontakt es ist, zum Friseur zu gehen."

Anna Mayr: "Ich finde es schade, dass wir so viel über die Wiederherstellung von Normalität reden", sagt die Hauptstadt-Korrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit". "Müssen wir uns nicht eher einen pandemischen Zustand angewöhnen, in dem wir alle etwas würdevoller leben können?"

Hubertus Meyer-Burkhardt: Der Fernsehmoderator bezweifelt, dass die Kanzlerin und ihre Minister für Wirtschaft und Gesundheit die Nöte von Lockdown-geplagten Familien und Unternehmern einschätzen können. "Sie alle haben keine Kinder. Ich mache ihnen das nicht zum Vorwurf. Aber ihnen fehlt die Erfahrung, die ein Vater oder eine Mutter hat."

Udo Lielischkies: Der ARD-Korrespondent in Russland ordnet den Fall des russischen Oppositionellen Alexei Nawalny ein: "Er ist mutig, aber er hat auch eine Obsession: Er will das System Putin ins Wanken bringen. Und das ist ihm teilweise gelungen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Zum "politisch-medizinischen Disput" treten Boris Palmer und Uwe Janssens an. Der Oberbürgermeister und der Mediziner tragen diesen Disput sehr höflich und sachlich aus, Janssens lobt Palmers Stadt sogar als "Vorzeigemetropole". Trotzdem vertreten sie ganz unterschiedliche Standpunkte.

Palmer will die Pandemiebekämpfung nicht nur von Infektionszahlen abhängig machen, sondern vor allem von der Lage auf den Intensivstationen: "Die Situation in unseren Kliniken ist im Moment sehr gut kontrollierbar und beherrschbar, deswegen sage ich: Grundrechtseingriffe sind nicht mehr verhältnismäßig."

Die Zahl der Intensivpatienten sei "nicht das Maß aller Dinge", entgegnet Uwe Janssens, selbst Arzt auf einer Intensivstation. Wenn man jetzt von 4.000 freien Intensivbetten spreche, vermittle das ein falsches Bild: "Es wird vollkommen vergessen, dass diese freien Betten eigentlich regulär benötigt werden, um die normale Population – nämlich Nicht-Covid-Patienten – ausreichend gut versorgen zu können."

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Das ist der Moment des Abends

Manchmal ist Unwissenheit sehr aufschlussreich. Das Interview mit dem Impfstoff-Entwickler Tal Zaks sorgt nicht unbedingt dafür, dass die Zuschauenden mit gutem Gefühl ins Bett gehen können. Aber es macht deutlich, welche Herausforderungen die neuen Mutationen des Coronavirus darstellen.

"Wir betrachten das Ganze mit Sorge", gibt der Chefmediziner des Pharmakonzerns Moderna zu. Wie fit sind die neu entwickelten Impfstoffe gegen die Mutationen, will Sandra Maischberger wissen. "Das ist eine echt gute Frage", lautet die Antwort des Experten. Soll heißen: Er weiß es auch nicht – und er zweifelt offenbar. Das Produkt des amerikanischen Herstellers soll auch in Europa den Kampf gegen die Pandemie vorantreiben. Der Impfstoff sei generell auch gegen die Mutationen wirksam, sagt Zaks. "Wir machen uns aber Sorgen, dass er nicht so wirksam ist, wie wir ihn gerne hätten."

Das ist ernüchternd – aber auch ehrlich. Immerhin glaubt der Mediziner, dass Europäer und Amerikaner im kommenden Winter in "einer viel besseren Situation" sein werden. Vielleicht hilft das dann doch ein bisschen beim Einschlafen.

Das ist das Ergebnis

Die 75 Minuten Sendezeit vergehen schnell. Das Trio der Kommentierenden ist zwar nicht so recht in Diskussionslaune, doch das kleinteilige Konzept der Sendung erweist sich an diesem Abend einmal wieder als kurzweilig.

Diejenigen, die trotz fortgeschrittener Stunde durchhalten, werden zudem belohnt. Am Schluss steht ein interessantes, wenn auch ernüchterndes Gespräch mit dem ARD-Korrespondenten Udo Lielischkies. "Er hat was ausgelöst", sagt Lielischkies über den russischen Oppositionellen Alexei Nawalny. Viele Russen seien zunehmend wütend über die wirtschaftliche Misere in Russland. "Keiner glaubt Putin mehr, wenn er sagt, es wird besser." An eine revolutionäre Bewegung glaubt der Journalist trotzdem nicht: "Dazu ist die Masse der Russen viel zu duldsam und viel zu ängstlich."

Aufhorchen lässt dann Maischbergers allerletzte Frage an ihren Kollegen: Wegen seiner auffällig russlandfreundlichen Politik gebe es immer wieder Gerüchte, der frühere US-Präsident Donald Trump sei ein Agent des russischen Geheimdienstes. Ob da etwas dran ist?

Das Gerücht klingt zwar reichlich abenteuerlich. Doch Lielischkies kann das offenbar nicht ausschließen: "Man hat schon viel Grund, ins Grübeln zu kommen", sagt er. Bei dem Thema werde sicherlich "noch viel gebohrt werden". Das lässt einen dann doch etwas ratlos zurück. Über diese Mutmaßungen, über mögliche Hinweise hätte man gerne noch mehr erfahren. Stattdessen bleiben die Andeutungen in der Luft hängen. Aber die Fortsetzung folgt bestimmt. Donald Trump wird uns wohl noch ähnlich lang verfolgen wie das Coronavirus.

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