KI schaffte in 30 Minuten das, woran deutsche Ermittler 30 Jahre lang scheiterten: Die spannende Suche nach Daniela Klette sorgte bei Lanz für offene Münder, Wow-Momente - und einen "Lachkrampf".

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Doris Neubauer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Drei Monate lang war der Podcaster Khesrau Behroz der mutmaßlichen RAF-Terroristin auf der Spur. Unterstützung erhielten er und sein Team nicht nur durch KI-basierte Gesichtserkennungs-Software. Dass "Boomerhaftigkeit" und "Eitelkeit" dabei ebenfalls nicht zu kurz kamen, darüber amüsierte sich nicht nur Markus Lanz: "'Tschuldigung, Lachkrampf!"

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Festnahme der mutmaßlichen RAF-Terroristin Daniela Klette sorgte für Schlagzeilen - und stand am Donnerstagabend auch bei Markus Lanz im Zentrum der Diskussion. Welche Rolle KI dabei spielte und warum die Technologie durchaus Gefahrenpotenzial hatte, waren genauso Themen wie die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz zu Migration.

Eine "Frau von der Basis", die Regensburger Landrätin Tanja Schweiger, gab darüber hinaus Einblick, wie Kommunen mit dem Thema Arbeitspflicht und strafrechtlichen Asylbewerbern umgehen.

Das sind die Gäste

  • Sebastian Fiedler, SPD-Politiker: "Eine Software für die Ermittlungsbehörden, damit sie nach einem richterlichen Beschluss (...) in der Lage sind, im Netz nach öffentlichen Bildern zu suchen, halte ich für völlig legitim und gerechtfertigt."
  • Khesrau Behroz, Journalist und Podcaster: "Wir müssen auf der anderen Seite auch darüber reden, was es bringt, diese Menschen hier zu haben. Jede Menge. Ich bin bei aller Bescheidenheit ein gutes Beispiel dafür."
  • Eva Quadbeck, Journalistin: "Die meisten Menschen, die hier ankommen, denen würde ich mal unterstellen, dass sie sich in die Gesellschaft integrieren wollen, dass sie hier ankommen wollen, dass sie hier ein gutes Leben haben wollen, und der Schlüssel zu einer Gesellschaft ist nun einmal die Erwerbsarbeit."
  • Tanja Schweiger, Landrätin von Regensburg: "Die, die nicht arbeiten wollen - da brauchen wir uns nicht darüber unterhalten, wie wir die in Arbeit zwingen, solange die, die arbeiten wollen, noch nicht dürfen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Es sollte die Geschichte eines Scheiterns werden, die Podcaster Khesrau Behroz am 22. Dezember 2023 veröffentlichte: Mit zunächst wenig Hoffnung auf Erfolg hatten der 36-Jährige und sein Team drei Monate lang versucht, die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette zu finden.

Als sie dann mit der Hilfe des kanadischen Journalisten Michael Colborne und eines KI-Tools tatsächlich auf Fotos stießen, die möglicherweise die Gesuchte beim Capoeira und dem Berliner "Karneval der Kulturen" zeigen, konnten sie es nicht glauben: "Dass eine gesuchte Terroristin so offen in der Öffentlichkeit lebt - in Berlin-Kreuzberg, wer würde das denn ahnen?"

Dass es sich dabei tatsächlich um Daniela Klette handelte, stellte sich erst im Nachhinein heraus. "Wir haben uns geärgert", gab Behroz zu, "wenn wir ein paar Wochen mehr Zeit gehabt hätten, wären wir ihr ein bisschen mehr auf die Spuren gekommen." Stattdessen landete die Polizei "nach 30 Jahren zufällig einen Volltreffer", konnte sich Markus Lanz den ironischen Kommentar nicht verkneifen.

Einen Volltreffer ganz anderer Art hatte kurz zuvor bereits Khesrau Behroz gelandet: "Daniela Klette ist an ihrer eigenen Boomerhaftigkeit gescheitert", zitierte er einen seiner Journalistenkollegen. Lanz lachte schallend und fasste sich an den Kopf.

Die nachfolgende Erläuterung des Podcasters, dass die "KI-Suchmaschine" seit drei oder vier Jahren das einfache Finden möglich machte, ging unter: "Tschuldigung, Lachkrampf", brachte der Moderator mit Müh' und Not hervor. "Tschuldigung, mein Sohn wird zehn. Der wird Sie dafür feiern. Das werde ich mir in den nächsten Monaten sehr häufig anhören müssen."

Diese "Boomerhaftigkeit" beziehungsweise Eitelkeit, Selfies zu machen oder sich selbst auf Social Media zu liken, würde das Aufspüren von Menschen künftig immer leichter machen, war Behroz überzeugt und sorgte sich aber auch: "Wir wollen nicht chinesische oder russische Verhältnisse haben, wo Leute an jeder Ampel gefilmt werden (...), das wollen wir nicht. Feuchte Träume darüber zu bekommen, wie man an jedem Polizeiort Rechner hinstellt", um potenzielle Straftäter aufzuspüren, "das ist gefährlich, das kann gefährlich werden".

Das ist das Rede-Duell des Abends

25 Menschen steigen laut Landrätin Tanja Schweiger jede Woche im Landkreis Regensburg aus dem Bus, um dort als Asylbewerber aufgenommen und versorgt zu werden. Dass sich darunter auch Straftäter befänden, die "ohne geklärte Identität Sozialleistungen und Geld bekommen (...), aber bei uns nicht abgeschoben werden können", sei das Hauptproblem, schilderte Schweiger. "Natürlich gehen die auch ins Gefängnis", stellte sie nach einem Einwurf des Podcasters Khesrau Behroz richtig. Dennoch stelle sich die Frage, warum man Asylbewerber "dezentral in diesen Bereichen" unterbringen müsse.

"Also wo steht das denn? Das habe ich ja noch gar nicht gehört", empörte sich Sebastian Fiedler. Die Ausländerbehörden würden sehr wohl Handys auswerten, um die Herkunft herauszufinden, dann Passersatzpapiere ausstellen - "so ist der Weg", wollte er die Debatte "an den Fakten messen".

"Und wie viel Zeit ist bis dahin ins Land gegangen? Da reden wir ja von Monaten und Jahren und nicht von Tagen", warf Schweiger ein. "Das kommt darauf an, wie so häufig im Leben", antwortete Fiedler, "das sind die Probleme, die wir alle genauso schlimm finden - ich genauso wie Sie." Was aber in dieser "ganzen Erzählung" fehle, wäre, dass in den letzten Jahren "so viel gearbeitet wird wie sonst nie zuvor" - und zwar "von allen Parteien außer der AfD".

Schweiger ging es aber um etwas Anderes, nämlich um "die Umsetzungsgeschwindigkeit und bis es unten ankommt." Fiedler konnte und wollte nicht widersprechen. "Das beklagen wir ja alle gemeinsam." Anschließend forderte der Ex-Bundesvorsitzende des BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter e.V.) die Landrätin auf: "Machen Sie einen Vorschlag, wie es schneller geht."

"Die Frage war doch jetzt an mich, wie die Situation vor Ort ist", rechtfertigte sich Schweiger, nutzte aber dann doch die Chance, um nochmal auszuholen und schließlich doch mit einer Lösung zu kommen: "Es würde uns guttun, wenn auf Bundesebene mehr vorab passieren würde" sprach sie sich dafür aus, nur die "in die Fläche zu verteilen", die eine Bleibeperspektive hätten.

"Wenn zu mir einer kommt und aus dem Bus aussteigt, kann ich doch nicht sagen, du hast das grüne und das rote und das gelbe Kapperl auf - die muss ich doch alle gleich behandeln", argumentierte sie, "da muss klar sein, der muss am nächsten Tag arbeiten, gerne in Teilzeit - aber ich kann doch nicht sagen, der hat keine Bleibeperspektive."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Dass Markus Lanz schon in den ersten Minuten der Sendung Lachkrämpfe bekam und sich auf die Schenkel klopfte, lag nicht am Thema des RAF-Coups. Mit "Boomerhaftigkeit" hatte Podcaster Khesrau Behroz dem Moderator ganz offensichtlich ein neues Lieblingswort geliefert.

Auch durch den "weniger heiteren Teil des Abends" führte Lanz souverän und fühlte sich zum Schluss von den Aussagen zur Notwendigkeit von regulierten EU-Außengrenzen genauso bestätigt wie zum umstrittenen Cannabis-Gesetz.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Lösungen wie Bezahlkarten, Grenzkontrollen und Verhandlungen mit Drittstaaten könnten erste Schritte sein, die illegale, irreguläre Zuwanderung nach Deutschland zu beschränken. Dass durch diese Maßnahmen die aktuellen Probleme insbesondere in den Kommunen "morgen erledigt" wären, sei aber eine Fehlannahme. "Aber wir haben die richtigen Schritte eingeleitet, und die werden so schnell wie möglich auch greifen", gab sich der SPD-Politiker Sebastian Fiedler trotzdem optimistisch.

Ob für den dadurch entstandenen Mehraufwand "in der Basis" die notwendigen Ressourcen vorhanden sein werden, wird sich zeigen. Insbesondere, weil auch neue Gesetze wie die Cannabis-Legalisierung zusätzliche Herausforderungen für Polizei, Gerichte und Verwaltung mit sich bringen, die offenbar längst nicht geklärt sind.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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