Mit "Macht, Sex, Gewalt – der späte Aufschrei" hat sich Mayrbit Illner für den Donnerstagabend ein heikles Thema ausgesucht. Neue Erkenntnisse zu den Missbrauchsvorwürfen gegen Dieter Wedel liefert die Sendung nicht. Im Zentrum stehen eine Feministin und eine Philosophin, die sich in einen Kleinkrieg verzetteln.
"Mir hätte eh niemand geglaubt!" Beeindruckend ehrlich erzählt die frühere Schauspielerin und heutige Unternehmerin Patricia Thielemann, wie sie einst von Regisseur
Der Endsiebziger Wedel steht im Fokus der Sendung von
Shitstorm nach Anschuldigungen gegen Dieter Wedel
Thielemann berichtet auch von dem Shitstorm, der ihr widerfahren sei, nachdem ihre Anschuldigungen im Wochenmagazin "Die Zeit" publik wurden.
Giovanni Di Lorenzo, Chefredakteur der "Zeit", erklärt die Verdachtsberichterstattung gegen Wedel, dem von mehreren Schauspielerinnen mittlerweile öffentlich Vergewaltigungen vorgeworfen werden. Und ZDF-Intendant Thomas Bellut verspricht in eben jenem Sender, dass natürlich alles unternommen werde, um mutmaßlichen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen während ZDF-Produktionen nachzugehen.
Streit bei Maybrit Illner
Im Zentrum der Sendung stehen aber eine Feministin und eine Philosophin, die sich eitel streiten und dabei zeigen, wie schwierig und unerprobt der Umgang mit diesem Thema ist.
Vor allem die Philosophin, Svenja Flaßpöhler, leitende Redakteurin für Literatur beim "Deutschlandradio Kultur", irritiert mit ihrem scheinbaren Drang, das Thema verharmlosen zu wollen.
Man müsse aufpassen, meint die Buchautorin, dass man nicht ein Bild zeichne, wonach "Dieter Wedels an jeder Ecke sitzen. Dieses Bild ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Das nützt den Frauen überhaupt nichts, sie werden in eine infantile Rolle gedrängt, eine Spezies, die sich selbst nicht schützen kann." Taffe Worte.
Feministin wird regelrecht hysterisch
Die Feministin, Anne Wizorek, ist regelrecht geschockt. "Ich weiß nicht, in welcher Gesellschaft Frau Flaßpöhler lebt, tut mir leid", sagt sie und wird regelrecht hysterisch, als sie von Flaßpöhler belächelt wird: "Was lachen sie mich jetzt aus?"
Wizorek, die für ihren Einsatz Respekt verdient, wirkt sehr unsouverän in der Sendung, kann gegen Flaßpöhler kaum dagegenhalten.
Sie erhält Unterstützung von Di Lorenzo, der Flaßpöhler entgegnet, man dürfe sexuelle Übergriffe und Sexismus nicht gegeneinander ausspielen, und von Thielemann, die sagt, dass es durchaus Frauen geben würde, die sich wehrten. Flaßpöhler aber verharmlost munter weiter. Ihre Absicht dahinter lässt sich derweil nur schwer greifen.
"Das Bild der MeToo-Debatte reaktiviert ein Frauenbild aus dem 19. Jahrhundert. Es geht nie um die weibliche Lust, patriarchale Denkweisen wirken weiter", meint sie zur weltweiten Diskussion über sexuelle Übergriffe gegen Frauen durch Männer in Machtpositionen. "Was ich erlebe: Frauen sind oft ganz seltsam still in Situationen, in denen sie sich wehren könnten."
Kritik an der MeToo-Debatte
Wizoreks kritische Haltung findet sie "extrem schlimm", sagt Flaßpöhler, demütigt die Feministin regelrecht. "Ich habe in sehr unterschiedlichen Männerdomänen noch nie sexualisierte Gewalt erlebt. Von einem Mann ist das als Verführung gedacht, doch ich als Frau weise das gegebenenfalls zurück. Was ist sexualisierte Gewalt? Was ist Verführung? Jede Verführung ist in der Gefahr, als Belästigung gesehen zu werden", meint sie weiter – und schreit Wizorek einmal regelrecht an: "Moment mal!"
MeToo habe ferner "einen gewissen Reiz, diese Geschichten auszubreiten. Auch deswegen reden wir so viel über sexuelle Übergriffe", sagt sie weiter. Es ist eine exklusive Meinung.
"Der Anspruch, dass sich immer alle wehren müssen, ist falsch", sagt Wizorek dann noch, sichtlich angegriffen. Die sture Haltung Flaßpöhlers zeigt indes wohl auch, wie schwer sich unsere Gesellschaft tut, dieses Thema wertfrei anzugehen.
Eine zentrale Frage wird in der Sendung derweil nicht beantwortet: Was ist dran an den Anschuldigungen gegen Wedel? Wenn ja, warum haben dann so viele so lange geschwiegen – Opfer, Zeugen, Mitwisser?
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