Meinungsfreudig geht es am Mittwochabend bei Sandra Maischberger zu: Ein Kabarettist bedenkt den US-Präsidenten mit dem A-Wort – und zwei Politiker geraten sich beim Dauerthema Brexit in die Haare.
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Was sind die Themen bei Sandra Maischberger?
Maischberger und ihre Gäste widmen sich gleich mehreren Themen. Das passt gut in diese Zeit, in der es politisch an vielen Stellen brennt: Die Türkei führt Krieg in Nordsyrien, nach dem Anschlag von Halle diskutiert Deutschland über rechten Terror – und in Brüssel wird mal wieder um den Brexit gerungen.
Wer sind die Gäste?
Axel Thill: Auch der frühere Investmentbanker ist Deutsch-Brite. Von der EU in ihrer heutigen Form hält der Kandidat der Brexit-Partei aber gar nichts. Er will so schnell wie möglich raus aus der EU. Negative Folgen befürchtet er für die Briten auch bei einem ungeregelten No-Deal-Brexit nicht: "Viele werden einsehen: Es läuft doch eigentlich alles ganz gut."
Jürgen Becker: Der Kabarettist verpackt seine Botschaften humorvoll – meint sie aber bitterernst. Zum Beispiel, wenn er sich über den Preisunterschied zwischen Autofahren und den öffentlichen Verkehrsmitteln ärgert: In Köln koste eine Einzelfahrt mit Bus und Bahn drei Euro, Schwarzfahren sogar 60 Euro. Wer falsch parke, zahle dagegen nur zehn Euro. Ein Unding, findet Becker.
Katharina Nocun: Die Bloggerin ärgert sich über die AfD: Die Partei trage Mitverantwortung an Gewalttaten wie dem Anschlag in Halle, so Nocun. Etwa, wenn ihre Politiker im Bundestag von einer "Umvolkung" reden. "Dann wissen sie genau, dass sie damit an rechte Verschwörungstheorien anknüpfen, auf die sich Attentäter wie der von Christchurch berufen haben."
Christoph von Marschall: Der Korrespondent des "Tagesspiegels" vertritt in der Dreier-Runde mit Becker und Nocun eher konservative Positionen. "Fridays for Future" ist für ihn vor allem eine Bewegung von Großstadt-Jugendlichen aus dem Bildungsbürgertum. Von Marschall ist aber überzeugt: Für den Klimaschutz müsse man auch die Menschen mitnehmen, die zum Beispiel auf dem Land wohnen.
Was ist das Rede-Duell des Abends?
Besonders kontrovers wird es ganz am Ende, als sich Katarina Barley und EU-Gegner Axel Thill über den Brexit streiten. Thill unterstellt den EU-Befürwortern, mit Lügen überzogene Angst vor dem EU-Austritt zu schüren. Er rechnet vor: Für jedes Pfund, das die Briten derzeit an Brüssel überweisen, bekämen sie nur 33 Cent zurück. Mit dem Geld, das London in Zukunft spare, könne es alle EU-Programme aber in Zukunft alleine weiterverfolgen. Das sei die "klassische Nettozahler-Milchmädchenrechnung", entgegnet Barley: "Als würde es nur darum gehen, Geld hin- und herzuschieben." Für sie ist klar: Geld, das für gemeinsame Programme ausgegeben werde, erzeuge auch einen Mehrwert.
Was ist der Moment des Abends?
Auf eines können sich wohl alle einigen. Es war ein Riesenfehler von
Wie hat sich Sandra Maischberger geschlagen?
Das Format liegt der Gastgeberin. Maischbergers Stärke ist das persönliche Gespräch in einer kleineren Runde, weniger der große Streit. Dass sie von Thema zu Thema und je nach Gesprächspartner vom Hocker auf den Sessel wechselt, mag ein wenig verwirrend sein. Doch es bringt auch Abwechslung in die Sendung. In einer so ereignisreichen Woche wäre es ohnehin verschenkt, sich 75 Minuten lang an nur einem Thema festzukrallen.
Was ist das Ergebnis?
So interessant das neue Konzept auch ist: Es fördert nicht unbedingt neue Erkenntnisse zu Tage. Interessant immerhin: Ausgerechnet SPD-Politikerin Barley scheint dem polternden konservativen britischen Premier Boris Johnson einiges zuzutrauen. Ihm würden seine Landsleute ein Brexit-Abkommen mit der EU vermutlich abnehmen, glaubt sie – auch wenn es sich gar nicht so sehr von dem Deal unterscheide, mit dem seine Vorgängerin Theresa May daheim gescheitert sei. "Ich könnte mir vorstellen, dass er das vermitteln kann", so Barley.
Und Cem Özdemir macht Hoffnung, dass es Mittel gibt, um den türkischen Präsidenten von seinem Kriegskurs abzubringen: harte wirtschaftliche Sanktionen nämlich. "Das ist die einzige Sprache, die Erdogan versteht", glaubt Özdemir. "Seine Macht beruht darauf, dass er Geld zum Verteilen hat."
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