In der Öffentlichkeit wird die Ampel vor allem für ihre internen Streitigkeiten wahrgenommen. Doch einer Studie zufolge schafft die Regierung es trotzdem, zahlreiche Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen.

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Die Halbzeitbilanz der Ampel-Regierung gemessen an der Abarbeitung ihres Koalitionsvertrags fällt einer Studie zufolge recht beachtlich aus. Doch ihre öffentliche Wahrnehmung als "Streitkoalition" ist im Kontrast dazu eher negativ.

Zu diesen Ergebnissen kommen eine Analyse der Bertelsmann Stiftung zusammen mit der Universität Trier und der Denkfabrik "Das Progressive Zentrum" sowie eine parallel dazu durchgeführte repräsentative Umfrage.

Zur Halbzeit hat die Ampel demnach 38 Prozent ihrer 453 Koalitionsversprechen vollständig oder teilweise eingelöst. Weitere 12 Prozent befinden sich "im Prozess ihrer Erfüllung", wie es in der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung heißt. 14 Prozent seien "substanziell angegangen".

Dem gegenüber stehen gut ein Drittel der Versprechen (36 Prozent) aus dem Vertrag von SPD, Grünen und FDP, die weder erfüllt noch angepackt wurden.

Studienautoren sehen "höheres Ambitionsniveau"

Für die Analyse habe man im Forscherteam "echte Versprechen" untersucht, deren Erfüllung also anhand klarer Kriterien nachprüfbar seien.

Im Koalitionsvertrag der Ampelparteien seien das gut 50 Prozent mehr als die 296 Versprechen der Großen Koalition im Koalitionsvertrag von 2018.

Gegenüber dem Koalitionsvertrag 2013 mit 188 Versprechen habe die Ampelkoalition sogar fast zweieinhalbmal so viele Regierungsvorhaben vereinbart.

"Die große Anzahl der Versprechen spiegelt zum einen die Komplexität der Ampel als einer lagerübergreifenden Koalition aus drei programmatisch eigenständigen Parteien, zum anderen aber auch das höhere Ambitionsniveau des Ampel-Vertrages wider", erklärte Theres Matthieß von der Universität Trier, Mitautorin der Studie.

Ampel wird vor allem als "Streitkoalition" wahrgenommen

Allerdings ergab die zusätzlich erfolgte Umfrage, dass nur zwölf Prozent der Menschen in Deutschland meinen, dass von den vereinbarten Koalitionsversprechen "alle, fast alle oder ein großer Teil" umgesetzt sind.

Hingegen glauben 43 Prozent der Befragten, es würden nur "ein kleiner Teil oder kaum welche" Versprechen realisiert. Für die Erhebung hatte das Institut Allensbach im Stiftungsauftrag im Juli 1.011 Personen ab 16 Jahren persönlich-mündlich befragt.

Stiftungsautor Robert Vehrkamp sagte, eine "sehr vielversprechende" Halbzeitbilanz werde überlagert von "öffentlich inszeniertem Koalitionsstreit und vielen offenen Baustellen".

Im Kontrast zu einem vergleichsweise hohen Umsetzungsgrad werde die Ampel von vielen als "Streitkoalition" gesehen.

Bürger differenzieren nur wenig zwischen den Ampelparteien

Auch nur etwa ein Viertel der Befragten zeigte sich mit der Arbeit der Koalition zufrieden. Mehr als 60 Prozent waren "eher oder sehr" unzufrieden.

Dazu erklärte Bertelsmann-Experte Vehrkamp: "Nur wenn die Ampel mehr Koalition wagt, wird sie bei den Wählern auch das Vertrauen ernten, das ihre vielversprechende Halbzeitbilanz eigentlich verdient hätte."

Auffällig sei dabei, "wie wenig die meisten Menschen zwischen den drei Regierungsparteien differenzieren", schilderte Vehrkamp. Die Ampel werde von den meisten als Einheit gesehen und beurteilt. (dpa/afp/thp)

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