• Nach dem Amoklauf in Hamburg traten Behördenvertreter am Freitag vor die Presse.
  • Sie nannten Details zum Tathergang, dem mutmaßlichen Täter und den Opfern.
  • Anscheinend gab es anonyme Hinweise über eine mögliche psychische Störung des Täters.

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In Hamburg ereignete sich am Donnerstagabend (09. März 2023) eine schwere Gewalttat. Ein Mann verschaffte sich mit Waffengewalt Zutritt zu einem Gebäude im Stadtteil Groß Borstel, in dem sich eine Gruppe Zeugen Jehovas aufhielt. Bei seinem später von der Polizei als Amoklauf bezeichneten Verbrechen tötete der mutmaßliche Täter sieben Menschen und anschließend sich selbst. Auf einer Pressekonferenz am Freitag gaben die Behörden weitere Details bekannt.

Die Bestürzung bei Politikern und Menschen in ganz Deutschland ist groß. So äußerte sich Hamburgs Oberbürgermeister Peter Tschentscher (SPD): "Die Meldungen aus Alsterdorf / Groß Borstel sind erschütternd. Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl." Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der dpa: "Meine Gedanken sind in dieser schweren Stunde bei den Opfern und ihren Angehörigen, bei den Gemeindemitgliedern und auch bei den Einsatzkräften."

Um 12 Uhr traten unter anderem der Polizeipräsident Ralf Martin Meyer, der Innensenator Andy Grote (SPD) und der Leiter der Staatsanwaltschaft Ralf Peter Anders vor die Presse. Sichtlich mitgenommen und um Worte ringend, fasste Grote die Geschehnisse des späten Donnerstagabends zusammen. Er sprach vom "schlimmsten Verbrechen in der jüngeren Geschichte der Stadt" und von einer "grauenvollen, grausamen Tat". Er habe ein "Tötungsdelikt dieser Dimension noch nicht erlebt".

Grote sagte, dass die ersten Notrufe bei Polizei und Feuerwehr um 21.04 Uhr eingegangen waren. Bereits um 21.08 Uhr waren bereits die ersten Polizisten vor Ort. Zufälliger- oder glücklicherweise hatten sich unweit des Tatorts zudem Beamte der USE (Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen) befunden, führte Grote weiter aus. Diese waren für Amoklagen ausgebildet worden und trafen um 21.09 Uhr am Haus der Zeugen Jehovas in der Deelbögestraße ein.

Ihnen sei es wohl auch zu verdanken, dass es keine weiteren Opfer gab, ergänzte im Anschluss der Leiter der Schutzpolizei, Matthias Tresp. Als die Beamten der USE sich mit Waffeneinsatz Zutritt zum Gebäude verschafft hatten, flüchtete der mutmaßliche Täter in den ersten Stock und ließ so von den etwa 50 Gästen ab. Im Anschluss hatte der mutmaßliche Schütze, der später als der 35-jährige Philipp F. identifiziert wurde, sich selbst im ersten Obergeschoss des Hauses getötet.

Zu den Opfern gab Thomas Radszuweit, Leiter des Staatsschutzes, Auskunft. Es gab an dem Abend sieben Todesopfer im Alter zwischen 33 und 60 Jahren zu beklagen. Vier Männer und zwei Frauen starben, außerdem ein ungeborenes Kind im Alter von 28 Wochen. Als achtes Todesopfer wurde der mutmaßliche Täter selbst gezählt. Des Weiteren gab es acht verletzte Personen – sechs Frauen und zwei Männer im Alter von 23 bis 66 Jahren. Vier davon wurden schwer verletzt.

Der mutmaßliche Täter Philipp F. nutzte als Tatwaffe eine Pistole. Mit dieser feuerte er zunächst auf ein Auto auf dem Parkplatz des Hauses. Zehn Schüsse gab er ab. Die Fahrerin konnte leicht verletzt fliehen. Dann schoss er durch ein Fenster auf die Anwesenden und verschaffte sich so auch Zutritt zum Gebäude. Insgesamt schoss er laut Radszuweit neun Magazine á 15 Schuss leer. Er hatte jedoch noch 20 geladene Magazine in einem Rucksack dabei und trug zwei weitere am Körper.

Staatsanwalt Anders führte weiter aus, dass man in der Wohnung des mutmaßlichen Täters im Stadtteil Altona noch weitere Munition gefunden habe. Dort lagen noch 15 weitere Magazine mit wieder jeweils 15 Schuss sowie vier Schachteln Munition mit noch einmal 200 Schuss. Andere sichergestellte Beweise wie Laptop und Dokumente würden derzeit noch geprüft.

Polizeipräsident Meyer erklärte, dass Philipp F. Sportschütze war und die Handfeuerwaffe legal besessen hat. Selbst ein anonymer Hinweis im Januar auf eine mögliche psychische Erkrankung des mutmaßlichen Täters sowie eine anschließende, unangekündigte Überprüfung hätten keinen Verdacht auf die bevorstehende Tat zugelassen. Rechtlich waren damit der Polizei die Hände gebunden, sagte Meyer. Man wolle jetzt aber das Vorgehen noch einmal prüfen und möglicherweise auch eine Gesetzesänderung anstreben.

Zum Motiv konnte Meyer nicht viel sagen. Nur dass Philipp. F. vor etwa eineinhalb Jahren die Gemeinde der Zeugen Jehovas "wohl nicht im Guten" verlassen habe. Seitdem soll er wohl wütend auf religiöse Gemeinschaften – im Speziellen die Zeugen Jehovas – sowie seinen früheren Arbeitgeber gewesen sein. Weitere Hintergründe der Tat müssten erst noch ermittelt werden.

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