In Hongkong ist die Polizei am Sonntag mit Tränengas gegen Demonstranten vorgegangen, die gegen Pekings Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone auf die Straße gegangen sind.
Chinas Pläne zum Erlass eigener Sicherheitsgesetze für Hongkong haben in der chinesischen Sonderverwaltungsregion neue Proteste ausgelöst. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften ging am Sonntag im Haupteinkaufsviertel von Causeway Bay mit Tränengas gegen Tausende Demonstranten vor. Es gab nach lokalen Medienberichten auch Festnahmen.
Einige Demonstranten hielten Spruchbänder, auf denen unter anderem "Der Himmel wird die Kommunistische Partei Chinas zerstören" stand. Auch wurden Rufe nach Unabhängigkeit laut.
Die Polizei hatte im Vorfeld gewarnt, dass Demonstrationen als illegale Versammlungen aufgelöst würden. Wegen der Corona-Pandemie gelten in der dicht bevölkerten asiatischen Wirtschafts- und Finanzmetropole auch Abstandsregeln, die Gruppen von höchstens acht Menschen erlauben. In Erwartung möglicher Proteste hatte die Polizei auch Wasserwerfer mobilisiert.
Gesetz zur Umgehung des Hongkonger Parlaments
Die neuen Demonstrationen entzündeten sich an den Plänen der chinesischen Führung, eigene Gesetze zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong zu erlassen.
Der seit Freitag tagende chinesische Volkskongress soll zum Abschluss seiner Plenarsitzung am Donnerstag einen Beschluss verabschieden, der dem Ständigen Ausschuss des Parlaments einen Auftrag zum Erlass eines solchen Gesetzes gibt, das dem Hongkong Grundgesetz angehängt werden soll. Damit würde der Volkskongress das Hongkonger Parlament umgehen.
Das Gesetz zielt auf Aktivitäten, die als subversiv betrachtet werden oder auf Unabhängigkeit zielen könnten. Es wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. "Wenn nötig" sollen demnach auch chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong stationiert und eingesetzt werden. Das Vorhaben stieß in Hongkong und international auf heftige Kritik. Es wird als massiver Eingriff in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie gewertet.
Chinas Außenminister verbittet sich Einmischung von außen
Der chinesische Außenminister Wang Yi hat internationale Kritik an Chinas Umgang mit Hongkong als "Einmischung in innere Angelegenheiten" zurückgewiesen. Auf einer Pressekonferenz am Rande der laufenden Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses verteidigte Wang Yi am Sonntag in Peking die umstrittenen Pekinger Pläne für Sicherheitsgesetze in seiner Sonderverwaltungsregion, die bereits zu neuen Protesten geführt haben. Das Gesetzesvorhaben müsse "ohne die geringste Verzögerung" vorangetrieben werden.
Hongkong sei eine innere Angelegenheit Chinas und erlaube keine Einmischung von außen, betonte Wang Yi. Die Zentralregierung in Peking habe die Verantwortung für die nationale Sicherheit Chinas. Dass dem Hongkonger Parlament erlaubt werde, selbst Gesetze zu erlassen, schließe nicht aus, dass auch die Zentralregierung ihrerseits das Rechtssystem in Hongkong verbessere.
Hongkongs Autonomie angeblich nicht in Gefahr
Der Außenminister sprach von Gewalt und "terroristischen Aktivitäten" bei den Protesten seit vergangenem Sommer in Hongkong und einer "übermäßigen ausländischen Einmischung". Deshalb plane die Zentralregierung, eine Gesetzesgrundlage und die Umsetzungsmechanismen zum Schutz der nationalen Sicherheit zu schaffen, argumentierte er.
Wang Yi wies Befürchtungen zurück, dass der Eingriff aus Peking den Status des asiatischen Wirtschafts- und Finanzzentrums schädigen könnte. Er werde "keinen Einfluss" auf den hohen Grad der Autonomie, die Freiheiten der sieben Millionen Hongkonger und die Interessen der Investoren haben, beteuerte der Minister. Das Gesetz werde aus seiner Sicht vielmehr Stabilität und Rechtsstaatlichkeit in Hongkong sowie bessere Geschäftsmöglichkeiten bringen, hob er hervor.
Seit der Rückgabe an China 1997 wird Hongkong als eigenes Territorium nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" unter chinesischer Souveränität autonom regiert. Seit vergangenem Sommer erlebt die Metropole schon Woche für Woche Demonstrationen, die sich gegen die eigene Regierung, als brutal empfundene Einsätze der Polizei und den wachsenden Einfluss Pekings richten. (hub/dpa)
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