Migrationsforscher haben den Vorstoß aus der Union zur Abschaffung des Individualrechts auf Asyl in Europa scharf kritisiert. "Der Vorschlag ist ein Angriff auf den nationalen und internationalen Menschenrechtsschutz", teilte der Rat für Migration am Mittwoch mit. Er widerspreche "den europäischen Werten und europäischem Recht".

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Das individuelle Asylrecht sei das Fundament des gegenwärtigen Schutzsystems. Eine Abschaffung dieses Rechts und eine Rückkehr zu Kontingent-Lösungen sei nicht geeignet, "einen wirksamen Flüchtlingsschutz im 21. Jahrhundert zu ermöglichen", betonte der Rat, in dem sich mehr als 200 Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen zusammengeschlossen haben. Es drohe stattdessen "mehr Willkür".

Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" die Abschaffung des Individualrechts auf Asyl in der EU gefordert. Stattdessen solle diese jährlich ein Kontingent von 300.000 bis 400.000 Schutzbedürftigen direkt aus dem Ausland aufnehmen. Frei begründete den Vorstoß mit der geltenden Voraussetzung, dass Asyl auf europäischem Boden beantragt werden muss. Damit profitieren ihm zufolge die Starken, aber nicht, "wer zu alt, zu schwach, zu arm oder zu krank ist".

Der Rat für Migration verwies darauf, dass das individuelle Asylrecht eine "historische Konsequenz aus dem Scheitern von Kontingent-Lösungen" sei. Im Zweiten Weltkrieg hätten viele europäische Staaten ihre Grenzen für Flüchtlinge, darunter deutsche Jüdinnen und Juden sowie andere politische Verfolgte geschlossen und "höchstens kleinen Kontingenten die Einreise" erlaubt.

Der Rat für Migration äußerte zudem grundsätzlich Zweifel an der Umsetzbarkeit des CDU-Vorschlags, da dieser die Abschaffung des Artikels 16a des Grundgesetzes sowie den Austritt aller EU-Staaten aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Genfer Flüchtlingskonvention erfordern würde.  © AFP

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