Der neu gewählte Thüringer Landtag kommt am Donnerstag zum ersten Mal in Erfurt zusammen. Wer leitet die konstituierende Sitzung und welche Kandidatinnen und Kandidaten wurden bislang vorgeschlagen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Am Donnerstag kommt in Erfurt erstmals der neu gewählte Thüringer Landtag zusammen. In der konstituierenden Sitzung soll der neue Landtagspräsident oder die Landtagspräsidentin gewählt werden. Das birgt einigen Zündstoff wegen des Umgangs mit der AfD.
Wie viele Abgeordnete hat der neue Landtag?
Insgesamt hat das Parlament 88 Sitze. Die vom Thüringer Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD stellt mit 32 Abgeordneten die größte Fraktion. Die CDU hat 23 Sitze, das erstmals in den Landtag eingezogene Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) 15 Mandate und die Linke zwölf Sitze. Die SPD ist mit sechs Abgeordneten vertreten.
Wer leitet die konstituierende Sitzung?
Die konstituierende Sitzung wird vom Alterspräsidenten oder der Alterspräsidentin geleitet, also dem oder der ältesten Abgeordneten. Das ist im neuen Parlament Jürgen Treutler von der AfD. Der Alterspräsident leitet auch die Wahl der Landtagspräsidentin oder des Landtagspräsidenten.
Welche Kandidaten wurden bisher vorschlagen?
Die AfD als stärkste Fraktion hat laut Landtagsgeschäftsordnung das Vorschlagsrecht. Die Partei um Landes- und Fraktionschef
Die anderen Fraktionen - das sind CDU, BSW, SPD und Linke - lehnen allerdings einen AfD-Politiker auf dem Präsidentenposten ab. Es ist davon auszugehen, dass aus ihrer Mitte ein Gegenkandidat bestimmt wird.
Wie läuft die Wahl ab?
Erhält ein Kandidat im ersten und im zweiten Wahlgang keine einfache Mehrheit - das heißt mehr Ja- als Neinstimmen - können auch die anderen Fraktionen für weitere Wahlgänge Kandidaten aufstellen. Auch hier braucht es die einfache Mehrheit. Fällt auch dann noch keine Entscheidung, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen. Gewinner ist dann der- oder diejenige mit den meisten Stimmen.
Die Fraktionen von CDU und BSW wollen in der konstituierenden Sitzung am Donnerstag eine Änderung der Geschäftsordnung beantragen. Diese zielt darauf ab, dass für die Wahl des Landtagspräsidenten vom ersten Wahlgang an Kandidaten aus allen Fraktionen vorgeschlagen werden können.
Warum wollen CDU und BSW die Geschäftsordnung ändern?
Es geht darum, eine AfD-Landtagspräsidentin zu verhindern und ein "wochenlanges Gezerre" im Parlament zu vermeiden. Befürchtet wird, dass der Alterspräsident keine Vorschläge der anderen Parteien zulassen könnte und immer wieder AfD-Kandidaten zur Abstimmung gestellt werden.
"Ein dauerhaft exklusives Vorschlagsrecht für die stärkste Fraktion, das im Extremfall zur Folge hätte, dass sämtliche Fraktionsmitglieder zur Wahl gestellt werden müssten, bevor der Landtag zu einem anderen Verfahren finden könnte, ist weder der Landesverfassung noch der Landtagsgeschäftsordnung zu entnehmen", heißt es dazu aus der Landtagsverwaltung.
Ohne Landtagspräsident ist das neue Parlament nicht arbeitsfähig. Es könnte auch keinen neuen Ministerpräsidenten wählen. Zudem droht ein langwieriges Verfahren vor dem Verfassungsgericht.
Wie reagiert die AfD?
Die AfD beharrt auf dem Spitzenposten und will alle Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu erreichen. Höcke sprach wegen der geplanten Änderung der Geschäftsordnung von "politischen Taschenspielertricks", mit denen die Wahlergebnisse ausgehebelt werden sollten. Auch der AfD-Landesvizechef und Landtagsabgeordnete Torben Braga warnte die anderen Parteien: "Die stärkste Kraft im Parlament stellt traditionell den Präsidenten."
Kann die konstituierende Sitzung abgebrochen werden?
Nach Angaben der Landtagsverwaltung kann die Sitzung allenfalls unterbrochen und zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden. Der Landtag würde damit in eine "Konstituierungsphase" eintreten, für die es in der Bundesrepublik "bisher keinen Präzedenzfall gibt".
Was bedeutet das für die Wahl des Ministerpräsidenten?
Für die Wahl des neuen Ministerpräsidenten gibt es in Thüringen - im Gegensatz zu anderen Bundesländern - keine Frist. Artikel 75 Absatz 3 der Landesverfassung ermöglicht dem Ministerpräsidenten und der gesamten Landesregierung, "die Geschäfte bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger fortzuführen" und also geschäftsführend im Amt zu bleiben.
Der amtierende Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) und seine rot-rot-grüne Minderheitsregierung würden also zunächst weitermachen. Die politische Situation nach der Wahl würde damit aber komplizierter. (afp/bearbeitet von ff)
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