Tschechien geht gegen das Onlineportal "Voice of Europe" vor. Es soll nicht nur russische Propaganda verbreitet, sondern auch kremlfreundliche Politiker aus sechs EU-Ländern mit Geld bestochen haben – darunter Politiker aus Deutschland.

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Der tschechische Geheimdienst hat ein von Moskau finanziertes Propaganda-Netzwerk ausgehoben. Die Gruppe habe die in Prag ansässige und auch auf Deutsch verfügbare Nachrichtenseite "Voice of Europe" genutzt, um Informationen zu verbreiten, mit denen die Europäische Union davon abgehalten werden sollte, der Ukraine im Kampf gegen die russische Armee Hilfe zu leisten, teilte Ministerpräsident Petr Fiala am Mittwoch mit.

Laut Fiala fand der tschechische Sicherheitsinformationsdienst (BIS) heraus, dass das pro-russische Netzwerk Aktivitäten unternahm, die "ernsthafte Auswirkungen auf die Sicherheit der Tschechischen Republik und der EU" haben.

Kremlfreundlichen Politikern den Wahlkampf spendiert

Die Gruppe habe auf dem Gebiet der EU "gegen die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine" agitiert, sagte Fiala vor Reportern. Die Aktivitäten der Gruppe hätten auch bis zum Europäischen Parlament gereicht, sagte Fiala, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Die tschechische Tageszeitung "Denik N" berichtete, die Nachrichtenseite habe Erklärungen von Politikern veröffentlicht, die die EU aufforderten, ihre Hilfen für die Ukraine einzustellen. Einige europäische Politiker, die mit der Nachrichtenseite zusammenarbeiteten, seien mit russischem Geld bezahlt worden, das in einigen Fällen auch die Kosten für ihren Wahlkampf für die Europawahlen im Juni abdeckte.

AfD-Politiker sollen Geld angenommen haben

Die Zahlungen betrafen demnach Politiker aus Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, den Niederlanden und Polen, schreibt das Blatt unter Berufung auf eine Quelle im tschechischen Außenministerium. Auch die Alternative für Deutschland (AfD) sei beteiligt gewesen.

Wie der "Spiegel" berichtete, wurde das Geld entweder bei persönlichen Treffen in Prag bar übergeben – oder per Kryptowährung transferiert. Dafür und für den Betrieb des Portals sei ein sechsstelliger Eurobetrag aufgewendet worden.

Nach Angaben des "Spiegel" sind auf "Voice of Europe" unter anderem Interviews mit dem AfD-Europawahl-Spitzenkandidaten Maximilian Krah sowie dem auf Listenplatz zwei stehenden AfD-Kandidaten Petr Bystron zu finden. Krah erklärte laut "Spiegel", er habe "Voice of Europe" zwei Interviews gegeben, eines davon in Prag. Geld habe er "dafür selbstverständlich keines bekommen, weder für mich, noch für die Partei".

Auch Putin-Vertrauter Medwedtschuk auf Sanktionsliste

Hinter "Voice of Europe" steht dem tschechischen Außenministerium zufolge unter anderem der Oligarch Wiktor Medwedtschuk, der in der Ukraine wegen Hochverrats angeklagt wurde, aber im Zuge eines Gefangenenaustauschs im September 2022 nach Russland gelangte. Medwedtschuk, der als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, wurde nach Ministeriumsangaben auch persönlich auf die Sanktionsliste gesetzt.

Die Betreiberfirma von "voiceofeurope.com" ist in Prag registriert. Die Marke ist auch in sozialen Netzwerken wie Facebook und auf der Plattform X aktiv, wo sie mehr als 180.000 Follower hat. (afp/dpa/mcf)

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