Boris Johnson und Jeremy Hunt haben sich im Rennen um das Amt des Tory-Vorsitzenden - und damit des britischen Premierministers - einem ersten und einzigen TV-Duell gestellt. Die Lacher hat Favorit Johnson dabei auf seiner Seite, doch wenn es um die Details seiner Brexit-Pläne geht, bleibt er einsilbig.

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Boris Johnson gibt nicht viel auf Fakten, solange die grobe Richtung aus seiner Sicht stimmt. Trotzdem ist er im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May der klare Favorit.

Niemand habe ihm zugetraut, die Brexit-Volksabstimmung 2017 mit seiner Kampagne für den EU-Austritt zu gewinnen, erzählt der ehemalige Londoner Bürgermeister am Dienstagabend in der einzigen TV-Debatte mit seinem Konkurrenten Jeremy Hunt beim Sender ITV.

Er merkt nicht, dass er sich gerade im Jahr vertan hat. Das Referendum war schon 2016.

"Dieses Land braucht Optimismus"

Es ist diese Achtlosigkeit für Details, gepaart mit blindem Optimismus, die ihm nicht nur Außenminister Hunt zum Vorwurf macht. Johnson will Großbritannien unter allen Umständen am 31. Oktober aus der EU führen, doch seine Pläne dafür sind bislang nebulös.

Sein persönliches Schicksal als dann möglicherweise amtierender Premier wollte er aber nicht von einem Erfolg in der Sache abhängig machen. Auf die Frage Hunts, ob er zurücktreten würde, wenn der Brexit noch einmal verschoben werden sollte, sagte Johnson: "Ich will der EU nicht die Aussicht geben, dass sie meinen Rücktritt mit der Weigerung zu einem Abkommen befördern könnten."

"Als Premierminister geht es darum, den Leuten zu sagen, was sie hören müssen, nicht was sie hören wollen", kritisiert Hunt. Johnson kontert mit dem Vorwurf, Hunt verbreite Mutlosigkeit. "Ich glaube, dieses Land braucht ein bisschen Optimismus", ruft er unter dem Beifall der Zuschauer dazwischen.

Unklar bleibt, ob Johnson mehr als gute Laune und Optimismus zu bieten hat. Es gibt erhebliche Zweifel, ob er einen glaubwürdigen Plan für den EU-Austritt hat. Sowohl bei seinen Vorschlägen für eine Neuverhandlung des Brexit-Abkommens als auch bei seinen No-Deal-Plänen verstrickte er sich immer wieder in Widersprüche.

Doch mit schlagfertigen Reaktionen, oft mit etwas Ironie versehen, hat Johnson immer wieder die Lacher auf seine Seite.

Antworten bleibt Johnson schuldig

Fragen an ihn bleiben dabei oft unbeantwortet. Zum Beispiel, wie er das dreimal im Parlament gescheiterte Brexit-Abkommen mit der EU neu verhandeln wolle, obwohl Brüssel wieder und wieder klar gemacht hat, dass es keine Nachverhandlungen geben wird.

Oder wie er die EU dazu zu bringen gedenke, Großbritannien eine Übergangsfrist nach dem Brexit zu gewähren, ohne dass London seine Schlussrechnung aus der Zeit der EU-Mitgliedschaft begleicht.

Nicht greifbar ist Johnson auch bei der Frage, ob er den britischen Botschafter in Washington entlassen würde, der mit seinem vernichtenden Urteil über Donald Trump beim US-Präsidenten in Ungnade gefallen ist. Der Diplomat hatte die Trump-Regierung in vertraulichen Depeschen unter anderem als "unfähig" bezeichnet. Die Emails wurden später an die Presse weitergegeben.

Während sich Hunt klar hinter seinen Diplomaten stellt, sagt Johnson, er wolle nicht so "vermessen" sein, diese Entscheidung vorwegzunehmen. Ähnlich äußert er sich, wenn es darum geht, ob er einen Brexit ohne Abkommen durchboxen würde, indem er das Parlament mit einem Verfahrenstrick ausschaltet.

Wer nächster Chef der konservativen Partei und damit Premierminister wird, entscheiden die etwa 160.000 Tory-Mitglieder in diesen Tagen per Briefwahl. Es wird davon ausgegangen, dass viele ihre Entscheidung bereits getroffen haben.

Auch wenn Johnson als kaum noch zu schlagen gilt - das Ergebnis der Wahl soll erst am 23. Juli feststehen. (jwo/dpa)  © dpa

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