Bayern hat offenbar einen Uiguren nach China abgeschoben, obwohl diese Volksgruppe dort verfolgt wird. Die verantwortlichen Behörden sprechen von einer Panne. Ein Fax sei verloren gegangen.

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Die bayerischen Behörden haben offenbar rechtswidrig einen zur Minderheit der Uiguren zählenden 22-jährigen Asylbewerber nach China abgeschoben.

Seit der Ankunft des Manns gebe es kein Lebenszeichen mehr von ihm, berichtete der Bayerische Rundfunk (BR) am Montag. Womöglich befinde sich der zuletzt in München lebende Mann im Gefängnis.

Die Abschiebung nach Peking erfolgte dem BR-Bericht zufolge im April, wenige Stunden vor einem Termin, bei dem der Mann seinen Asylfolgeantrag hätte mündlich begründen müssen. Hintergrund sei eine Behördenpanne.

Von dem Fax fehlt jede Spur

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe an die zuständige Ausländerbehörde zwar ein Fax mit dem Hinweis auf den Termin geschickt. Dieses Fax sei aber wohl nicht angekommen.

Die Ausländerbehörde teilte dem Sender mit, das Fax sei "trotz intensiver Recherche bis heute nicht aufgefunden worden". "Es haben umfangreiche Nachermittlungen stattgefunden, die leider ebenfalls nicht zur Aufklärung geführt haben", hieß es weiter.

Die Behörde bestätigte, dass ein Fehler vorliege. "Wir bedauern sehr, dass eine Abschiebung trotz eines wirksam gestellten Asylfolgeantrags erfolgt ist - es war nie die Absicht der Ausländerbehörde München, die Rechte des von der Abschiebung betroffenen Ausländers zu verkürzen."

Auch das Bamf bestätigte demnach grundsätzlich, dass eine Abschiebung rechtlich in einer solchen Konstellation "unzulässig" sei.

Grüne: "Es geht um Leben und Tod"

Die Uiguren werden in China verfolgt. Nach Einschätzung des vom BR zitierten Experten Adrian Zenz gibt es zurzeit wieder schwere Verfolgungen der religiösen Minderheit. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), sagte dem Sender, "wegen der aktuellen Lage ist die Abschiebung eines Uiguren nach China nicht zumutbar."

Was mit dem Mann nach seiner Ankunft in Peking geschah, wissen dem Bericht zufolge weder die bayerischen Behörden noch sein Anwalt. Dieser sagte dem BR, es sei zu befürchten, dass sein Mandant inhaftiert wurde.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Margarete Bause kritisierte die Behörden wegen der Abschiebung am Montag scharf. "Das ist keine Panne, sondern Behördenversagen."

Die Grünen-Politikerin, die sich wegen des Falls bereits im April in einem Brief an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann gewandt hatte, forderte eine "lückenlose Aufklärung".

Außerdem müsse das Auswärtiges Amt nun alles daran setzen, den Uiguren ausfindig zu machen und ihn zurückzuholen. "Es geht um Leben und Tod", erklärte Bause.

Afghane soll nach Deutschland zurückkommen

Umstrittene Abschiebungen aus Deutschland hatten zuletzt immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, etwa der Fall des mutmaßlichen Islamisten Sami A.. Er war Mitte Juni nach Tunesien abgeschoben worden, obwohl das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Vorabend entschieden hatte, dass die Abschiebung rechtswidrig ist, weil A. Folter droht. Nun müsste die Bochumer Asylbehörde Sami A. eigentlich zurückholen - ließ eine entsprechende Frist vergangene Woche aber verstreichen.

Bewegung gibt es indes im Fall von Nasibullah S.. Deutschland hatte den Afghanen Anfang Juli zusammen mit 68 Landsleuten in die Heimat zurückgeflogen - obwohl sein Asylverfahren nicht abgeschlossen war. Nach Informationen des "Spiegel" steht der 20-Jährige jetzt kurz vor seiner Rückkehr nach Deutschland. (mcf/afp)

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