Die Diskussion über Schritte gegen den aufgeblähten Bundestag tritt auf der Stelle. Nun wollen Unionsabgeordnete erreichen, dass die CDU/CSU-Fraktion über einen neuen Vorschlag redet. Dieser hatte in der Vergangenheit bereits scharfe Kritik einstecken müssen.

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Eine Gruppe von mehr als 50 Unionsabgeordneten im Bundestag will Schwung in die festgefahrene Debatte zur Verkleinerung des aufgeblähten Parlaments bringen.

In einem nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag der Fraktionsführung übermittelten Antrag plädieren die Parlamentarier dafür, den momentan 709 Sitze großen Bundestag dauerhaft auf 598 Mandate zu verkleinern.

Es wurde erwartet, dass sich die CDU/CSU-Fraktion bereits in ihrer nächsten Sitzung am 11. Februar mit dem Antrag befassen wird. Die "Bild"-Zeitung hatte zuerst über den Antrag berichtet.

Ohne Reform könnte Bundestag auf 800 Sitze wachsen

Die Parlamentarier wollen das Wahlrecht so ändern, dass der Bundestag die eigentlich vorgesehene Größe von 598 Abgeordneten durch ein "Echtes Zweistimmenwahlrecht" erreicht.

"Künftig sollen daher 299 Abgeordnete direkt über die Erststimme nach Mehrheitswahlrecht in den Wahlkreisen gewählt werden. Die anderen 299 Abgeordneten sollen über die Zweitstimme nach Verhältniswahlrecht ermittelt werden", heißt es in dem Papier der Gruppe um den Karlsruher CDU-Abgeordneten und Chef des Rechnungsprüfungsausschusses Axel Fischer.

Beim Mehrheitswahlrecht ist die Mehrheit der für einen Kandidaten abgegebenen Stimmen für den Einzug in den Bundestag ausschlaggebend. Beim Verhältniswahlrecht erfolgt die Vergabe der Mandate auf die Parteien nach dem Verhältnis der abgegebenen Stimmen.

Bisher werden Erst- und Zweitstimmenergebnis durch Überhang- und Ausgleichsmandate verrechnet. Erhält eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, darf sie diese als Überhangmandate behalten, die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate.

Das von den Unionsabgeordneten vorgeschlagene "Grabenwahlrecht" würde Überhangs- und Ausgleichsmandate hinfällige machen.

Diese sind maßgeblich schuld daran, dass der Bundestag größer und teurer geworden ist. Es wird befürchtet, dass das Parlament ohne eine Reform bei der nächsten Wahl sogar bis auf 800 Sitze anwachsen könnte.

CDU würde von neuem Vorschlag am stärksten profitieren

Den Vorschlag der Opposition, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu reduzieren, lehnen die Unionsabgeordneten ab. Dies würde mit einer Verringerung der Anzahl der direkt gewählten Abgeordneten und einem Verlust an Bürgernähe einhergehen, heißt es in ihrem Antrag.

Fischer sagte der dpa: "Unser Problem sind nicht zu viele Wahlkreisabgeordnete, sondern 111 Listenabgeordnete mehr als vorgesehen. Deshalb muss eine Wahlrechtsreform immer als Erstes bei den Listenmandaten ansetzen."

Bereits im Dezember hatten sich 24 Abgeordnete der Unionsfraktion für besagtes Konzept ausgesprochen. Schon damals war der Vorschlag auf scharfe Kritik gestoßen. FDP-Chef Lindner sprach bezüglich des Grabenwahlrechts im Dezember von einer "Idee aus der Gruft".

Hintergrund ist die Tatsache, dass die Beibehaltung der Zahl der Wahlkreise besonders wichtig für CDU und CSU ist. Beide Parteien gelten als größte Profiteure von Direktmandaten. 2017 konnten sie beispielsweise 231 von 299 Wahlkreise direkt gewinnen.

Die meisten Abgeordneten von SPD und Opposition zogen dagegen über die Listen in den Bundestag ein.

Thema Wahlrechtsänderung ist "nicht tot"

Der nun vorliegende Antrag der Unionsabgeordneten geht zurück auf ein Treffen der Parlamentarier mit dem Staatsrechtler Rupert Scholz in der vergangenen Woche. Scholz hatte einen Vorschlag zur Kappung von Direktmandaten nach Teilnehmerangaben als nicht verfassungsgemäß bezeichnet.

Er hatte stattdessen ein "Echtes Zweistimmenwahlrecht" vorgeschlagen. Dies stärke die Demokratie. Die CSU schlägt in einem eigenen Vorstoß eine Höchstgrenze von 650 Abgeordneten vor, wobei alle 299 Direktwahlkreise erhalten bleiben sollen.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hatte vergangene Woche gewarnt: "Das Thema Wahlrechtsänderung darf für diese Legislaturperiode nicht tot sein." Man könne es gegenüber den Wählern nicht vertreten, "dass wir hier mit 850 oder 900 Leuten sitzen". Alle Seiten müssten sich bewegen. (dpa/thp)

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