Um den Schwangerschaftsabbruchparagrafen 218 gab es in den letzten Monaten und Jahren diverse Diskussionen. Die Ampelregierung will ihn reformieren. Den Unionsparteien gehen die Vorschläge der zuständigen Expertenkommission zu weit.

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Schwangere sind auf dem Weg zu Beratungsstellen oder zu Kliniken, die eine Schwangerschaftsabbruch vornehmen, zunehmend Protesten von Abtreibungsgegnern ausgesetzt. Die Bundesregierung plant daher eine Reform des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, um die Frauen besser zu schützen. Am Mittwoch sollte der Entwurf in erster Lesung im Bundestag beraten werden. Zudem soll der Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei werden.

Was ist die Ausgangslage?

Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches ist ein Schwangerschaftsabbruch im Grundsatz in Deutschland verboten. Er bleibt jedoch in bestimmten Fällen straffrei – unter anderem, wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen und nach einer Beratung in einer staatlich anerkannten Stelle erfolgt. Vor Konfliktberatungsstellen oder Kliniken werden allerdings sowohl Schwangere als auch das Fachpersonal zum Teil gezielt gegen ihren Willen angesprochen, um ihnen eine andere Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen.

Zudem werden sie nach Darstellung der Bundesregierung mit unwahren oder verstörenden Inhalten konfrontiert, "die geeignet sind, die Beratung zu beeinträchtigen". Die Schwangeren treffe dies oft in einer schon bestehenden besonderen physischen und psychischen Belastungssituation.

Was will die Bundesregierung erreichen?

Schwangere sollen wirksamer vor solchen sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner geschützt werden. Derartige Verhaltensweisen könnten die Inanspruchnahme der Schwangerschaftskonfliktberatung oder den Zugang zu Einrichtungen, die Abbrüche vornehmen, beeinträchtigen.

Die Bundesregierung will mit der Gesetzesreform die "Letztverantwortung der Schwangeren in dieser höchstpersönlichen Angelegenheit" sicherstellen. Zudem gehe es darum, dass das Fachpersonal seine Aufgabe möglichst ungestört ausüben könne. Ziel sei, "die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept in seiner Gesamtheit zu stärken".

Was ist konkret geplant?

Es soll verboten werden, "das Betreten der Einrichtungen durch Hindernisse absichtlich zu erschweren, eine Schwangere gegen ihren erkennbaren Willen die eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren".

Dies gelte "für wahrnehmbare Verhaltensweisen" in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich der Beratungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Verstöße sollen künftig eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt werden.

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Union wirft Ampel-Regierung ideologisches Handeln vor

Generell wird die Überarbeitung des Paragrafen 218 vor allem bei der Opposition als problematisch angesehen. Unionsfraktionsvize Dorothee Bär hatte jüngst die von der Regierung eingesetzte Expertenkommission kritisiert. "Die Kommission hat wenig überraschend geliefert, was von der Ampel bestellt wurde", sagte die CSU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ideologie setzt hier die politische Agenda dieser Bundesregierung, nicht die Bedürfnisse der Menschen."

Zuvor hatte bereits CDU-Chef Friedrich Merz vor einem "gesellschaftlichen Großkonflikt" gewarnt. Unionsfraktionsgeschäftsführer Frei schrieb am Mittwoch auf X: "Sollte die 'Ampel' Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 12 Wochen legalisieren, werden wir beim Bundesverfassungsgericht Klage einreichen." Er fügte hinzu: "Mit solch einem Vorstoß werden gesellschaftliche Konfliktlinien erneut aufgerissen."

Kommission stellt Bericht kommende Woche vor

Einem "Spiegel"-Bericht zufolge will eine Arbeitsgruppe unabhängiger Experten der Bundesregierung die generelle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen empfehlen. Das Nachrichtenmagazin bezog sich auf den Abschlussbericht der Kommission, die die Bundesregierung mit der Prüfung dieser Frage beauftragt hatte. Laut "Spiegel" legen die Experten der Bundesregierung nahe, die grundsätzliche Rechtswidrigkeit von Abbrüchen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu überdenken. Offiziell vorgestellt wird der Bericht am kommenden Montag.

Sie sei fassungslos, dass der Lebensschutz des ungeborenen Kindes offenbar keine Rolle mehr spielen solle, so Bär. "Das Lebensrecht Ungeborener ist verfassungsrechtlich geschützt. Es gibt keinen Grund, aus einem Unrecht ein vermeintliches Menschenrecht der selbstbestimmten Frau zu zimmern. Ein Recht auf Abtreibung haben die Frauen in Deutschland bereits."

Eine Abtreibung ist in Deutschland nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet innerhalb der ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten lassen. Nicht strafbar ist ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Sobald der Fötus eigenständig lebensfähig ist, sollten Abbrüche laut Kommission hingegen weiterhin verboten bleiben. Diese Grenze liegt den Expertinnen und Experten zufolge ungefähr in der 22. Woche nach Beginn der letzten Menstruation. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte in der Vergangenheit mehrfach angedeutet, dass sie sich eine Neuregelung vorstellen könne. (afp/dpa/the)

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