In der SPD wachsen die Zweifel an Olaf Scholz. Auf der Fraktionsklausur im brandenburgischen Nauen hat sich der Frust jetzt entladen. Wackelt der Kanzler?

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Eigentlich sollte es um Inhalte gehen. Dafür hat sich die SPD-Bundestagsfraktion ins brandenburgische Nauen, eine Kleinstadt westlich von Berlin, zurückgezogen. Hier wollten die Genossen beraten, was in dieser zunehmend ungeliebten Ampel-Koalition noch möglich ist.

Die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil waren extra gekommen, ebenso der Kanzler. Und Olaf Scholz dürfte gemerkt haben: In der Fraktion rumort es. Das zumindest berichtet der "Spiegel" (Bezahlinhalt).

Erste Abgeordnete geht den Kanzler an

Es ist noch keine Revolte, aber die Abgeordneten haben ihren Unmut sehr deutlich gemacht. Etwa Tina Rudolph, die für Eisenach im Deutschen Bundestag sitzt: Die SPD habe Vertrauen verloren und müsse das zurückgewinnen, sagte sie. Wenn das mit dem vorhandenen Personal aber nicht gehe, "dann müssen wir überlegen, mit wem wir das schaffen können", wird sie zitiert.

Es ist nicht die erste Aussprache mit dem Kanzler nach einer Wahlschlappe. "Was bringt das?", fragte die bayerische SPD-Abgeordnete Carolin Wagner.

Der Kanzler sei noch nie so offensiv aus der Fraktion infrage gestellt worden, schreibt der Spiegel. Zumal der Mann, auf den in der SPD viele Hoffnungen setzen, auch in Nauen dabei war: Boris Pistorius, der Verteidigungsminister.

Der Niedersachse ist der mit Abstand beliebteste SPD-Politiker, ihm trauen in der Partei nicht wenige zu, die Stimmung zu drehen. Die Frage ist: Wie viel davon ist Wunschdenken und was ist wirklich möglich? Zumal Olaf Scholz bislang keinerlei Signale ausgesendet hat, dass er einen Rückzug in Erwägung zieht. Im Gegenteil: Ende Juli stellte der Kanzler bei seiner Sommer-Pressekonferenz klar: Er will im Amt bleiben und seine Partei in die nächste Bundestagswahl führen.

Brandenburg-Wahl für SPD entscheidend

Andererseits: Die SPD steht in Umfragen bundesweit bei 15 Prozent, die Union von Friedrich Merz ist mehr als doppelt so stark. Und am 22. September steht für die Genossen noch eine wegweisende Landtagswahl an, die in Brandenburg. Hier stellt die Partei seit 1990 den Ministerpräsidenten, Amtsinhaber Dietmar Woidke ist beliebt, doch er hat bereits angekündigt, nur dann Ministerpräsident zu bleiben, wenn er die Wahl gewinnt. Aktuell liegt die AfD in Brandenburg mit vier Prozentpunkten in Führung.

Gut möglich, dass der Verlust der Potsdamer Staatskanzlei in der SPD zu heftigeren Debatten führen könnte. Und auch den Kanzler weiter in Bedrängnis bringt.

Dietmar Woidke jedenfalls war nicht in Nauen dabei. Er will im Wahlkampf lieber nicht mit der Bundes-SPD in Verbindung gebracht werden. (fah)

Verwendete Quellen

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