• Der Angriff von radikalen Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington erschütterte vor einem Jahr die USA.
  • Um die Bestätigung des Sieges von Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern, waren Angreifer in den Kongress eingedrungen und hatten sich Zugang zum Sitzungssaal verschafft.
  • Manche von ihnen blieben besonders in Erinnerung. Was ist aus dem "Schamanen" und seinen Mitstreitern geworden?

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Es war kurz nach 14 Uhr am 6. Januar 2021, als Hunderte gewalttätige Demonstranten das Kapitol in Washington stürmten. Sofort gingen die Bilder um die Welt: Trump-Anhänger mit Fahnen und Landesflaggen, Rauchschwaden vor dem Sitz des Kongresses, Randale und Zerstörung. Mit dem Putschversuch wollten die rund 800 Eindringlinge Ex-Präsident Donald Trump trotz seiner Wahlniederlage zur Fortsetzung seiner Präsidentschaft verhelfen.

Das ist nun ein Jahr her. Die Bestätigung des Sieges von Demokrat Joe Biden konnten die Aufrührer nicht verhindern – aber der angerichtete Schaden war immens. Fünf Menschen kamen ums Leben. Computer und andere Gegenstände wurden gestohlen, historisch bedeutsame Kunstwerke beschädigt, zahlreiche Menschen verletzt. Besonders das Ansehen der weltweit ältesten Demokratie litt.

Videos im Netz: Angreifer schnell gefasst

Entsprechend groß war deshalb das Bedürfnis der meisten Amerikaner, die Angreifer zur Rechenschaft zu ziehen. Kappen und Flaggen machten schnell deutlich, dass vor allem militante Vertreter der "Alt-Right-Bewegung" und des "Patriot Movement" für den Putschversuch verantwortlich waren. Dazu zählten Vertreter rechtsextremer Gruppierungen wie der "Oath Keepers", "Three Percenters", "Proud Boys" und "QAnon".

Bei der Identifikation von Tätern hatte das FBI auch die Öffentlichkeit um Mithilfe gebeten. Weil die Demonstranten ihre Taten vielfach auf Videos und Fotos festhielten und ins Netz stellten, waren viele Angreifer schnell gefasst. Mehr als 50 Personen waren von Ordnungskräften noch vor Ort festgenommen worden.

Nach Sturm aufs Kapitol mehr als 600 Strafverfahren

Bis zum 17. Januar waren bereits 125 Personen verhaftet und mehr als 200 Strafverfahren eingeleitet worden. Bis November hatte sich die Zahl der Verfahren bereits auf 650 erhöht, mehr als 570 Verdächtige waren in Haft genommen worden. Die Polizeibehörden hatten Belohnungen bis zu 1.000 Dollar ausgelobt für Informationen, die zu Verhaftungen führten und in der Folge 140.000 Dateien erhalten.

Schon einen Tag nach den Ereignissen wurden Christopher Alberts und Mark Leffingwell auf Bundesebene angeklagt. Alberts hatte auf dem Gelände des Kapitols eine Waffe mit sich geführt, Leffingwell musste sich unter anderem wegen Beleidigung eines Beamten verantworten.

Ex-Polizisten unter Festgenommenen

Der erste, der im Juli eine Haftstrafe antreten musste, war ein 38 Jahre alter Randalierer aus Washington. Paul Allard Hodgkins hatte im Kapitol die Arbeit von Polizisten behindert und wurde dafür zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.

Unter den Festgenommenen befanden sich zwei ehemalige Polizisten aus Viriginia sowie ein pensionierter Oberstleutnant der Air Force aus Texas. Bei weiteren Verhafteten hatte man einsatzbereite Molotowcocktails im Fahrzeug gefunden. Das FBI sprach deshalb bei dem Angriff von inländischem Terrorismus.

"Schamane" als Inbegriff des Aufruhrs

In Erinnerung wie kein Zweiter dürfte den meisten allerdings der Angreifer Jake Angeli geblieben sein. Besser als unter seinem bürgerlichen Namen "Jacob Chansley" ist der Verschwörungstheoretiker als "QAnon-Schamane" bekannt. Mit nacktem, tätowierten Oberkörper, geschminktem Gesicht, Fellbedeckung und Bisonhörnern war das Foto des 34-Jährigen am Folgemorgen der Kapitolstürmung auf Dutzenden Titelseiten zu sehen.

Bei seiner Verurteilung nannte ihn der Richter am Washingtoner Bundesbezirksgericht das "epitome of the riot" – den Inbegriff des Aufruhrs. Chansley war bereits wenige Tage nach der Erstürmung des Kapitols festgenommen worden und hatte einen Deal mit der Bundesstaatsanwaltschaft geschlossen.

Dafür, dass er sich schuldig bekannte, wurde seine mögliche Haftstrafe auf maximal 51 Monate begrenzt. Am 17. November 2021 wurde Chansley dann schließlich zu 41 Monaten Haft mit anschließender Bewährung und einer Entschädigungszahlung von 2.000 Dollar verurteilt.

Füße auf Pelosis Tisch: Urteil steht aus

Besondere Aufmerksamkeit erfuhr auch Richard Barnett. Der 61-Jährige war in das Büro von Nancy Pelosi, der Sprecherin des Repräsentantenhauses, eingedrungen und hatte dort seine Füße auf ihren Tisch gelegt. Draußen zeigte er stolz einen an Pelosi adressierten Brief, den er aus ihrem Büro entwendet hatte.

Später hatte Barnett, der aus Gravette im US-Bundesstaat Arkansas stammt, bei einem Reporter der "New York Times" damit geprahlt. Barnett wurde am 8. Januar verhaftet und in Arkansas angeklagt, ein Urteil steht noch aus.

Auch der 36 Jahre alte Adam Johnson, der das Rednerpult von Pelosi entwendet hatte, wurde am 8.Januar verhaftet, ebenso Derrick Evans, republikanischer Abgeordneter im Abgeordnetenhaus von West Virginia. Evans trat einen Tag später von seinem Amt zurück.

Manche verloren ihren Job

Zu den ersten Festgenommenen zählte zudem Doug Jensen aus Iowa. Er war in einem viel beachteten Video zu sehen, welches der "Huffpost"-Journalist Igor Bobic aufgenommen hatte. Als Erster einer Gruppe war Jensen gewaltsam in das Kapitol eingedrungen und hatte die Anweisungen der Polizei missachtet.

Für mehrere Aufrührer hatten die Ereignisse berufliche Konsequenzen. Paul Davis, Angestellter bei "Goosehead Insurance", wurde von seinem texanischen Arbeitgeber gefeuert. Davis hatte ein Video in den sozialen Netzwerken gepostet, in dem er sich über den Einsatz von Tränengas gegen ihn beschwerte.

Prominente unter Randalierern

Auch die im US-Bundesstaat Maryland ansässige Firma "Navistar Direct Marketing" feuerte einen ihrer Mitarbeiter, die im Kapitol fotografiert worden waren. Auf den Fotos hatte er deutlich sichtbar eine Karte getragen, die ihn als Mitarbeiter der Firma auswies.

Mehrere Prominente hatten sich an dem Sturm auf das Kapitol beteiligt. Zu ihnen zählten der Musiker Jon Schaffer von "Iced Earth", der bei dem Angriff Reizgas eingesetzt haben soll. Schaffer stellte sich am 17. Januar den Behörden und wurde verhaftet, bei seiner Anhörung im April plädierter er vor Gericht auf schuldig.

Der Schwimm-Olympiasieger Klete Keller hatte sich ebenfalls am Aufstand beteiligt und wurde dafür am 13. Januar angeklagt. In beiden Fällen wird das Strafmaß noch verkündet.

Bislang schwerstes Urteil: Fünf Jahre Haft

Das bislang schwerste Urteil erging am 15. Dezember gegen Robert Palmer aus Florida. Er hatte Beamte mit potenziell tödlichen Waffen angegriffen. Dafür wurde er zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt.

Zu diesem Zeitpunkt waren 65 von mehr als 700 Angeklagten verurteilt worden.

Verwendete Quellen:

  • CNBC: Sedition charges for pro-Trump rioters at Capitol are option, prosecutor says, as first federal cases filed
  • NPR.org: Law Enforcement And Social Media Identifying U.S. Capitol Mob Members

Donald Trump: Neue Schlappe vor Gericht bei Aufklärung der Kapitol-Attacke

Im Rechtsstreit um die Herausgabe von Dokumenten für die Aufarbeitung der Attacke auf das Kapitol hat der frühere US-Präsident Donald Trump vor Gericht erneut einen Rückschlag erlitten. Ein Berufungsgericht in Washington wies am Donnerstag (Ortszeit) Trumps Einspruch in der Frage ab. Fotocredit: imago-images
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