Das Diesel-Paket und ein Einwanderungsgesetz waren die bestimmenden Themen der großen Koalition in der Nacht zum Dienstag. Doch ein Beschluss wird vor allem Bauern und Tierschützer interessieren: Die geplante Betäubungspflicht bei der Kastration von Ferkeln wird später kommen.
In Deutschland werden Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne eine Betäubung kastriert. Anhand dieser traditionellen Methode soll vermieden werden, dass das Fleisch von Jungebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt.
2013 war mit der Reform des Tierschutzgesetzes das Aus für diese umstrittene Methode beschlossen worden. Stichtag hierfür sollte der 1. Januar 2019 sein.
Die Spitzen von Union und SPD wollen dieses Verbot verschieben. Die Koalitionsfraktionen sollen dafür im Bundestag eine Initiative mit dem Ziel auf den Weg bringen, die Übergangsfrist bis zum vollen Verbot um zwei Jahre zu verlängern. Das wurde am Dienstag in Berlin mitgeteilt.
Bauernverband für Verschiebung des Verbots
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (CSU) sagte, mit dem Kompromiss sei nun auch in Zukunft Ferkelzucht in Deutschland möglich.
Im Bundesrat hatten Initiativen, die bisherige Praxis noch bis Ende 2020 oder sogar Ende 2023 zu ermöglichen, kürzlich noch keine Mehrheit gefunden. Aus der Union wurden daraufhin Rufe laut, im Bundestag einen weiteren Anlauf für eine Verschiebung des Verbots zu nehmen. Das Bundesagrarministerium hatte Sympathie für eine befristete Verlängerung der bisherigen Regeln signalisiert.
Vor allem der Bauernverband hatte angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Schweinehalter für eine Verschiebung geworben. Die Preise für Schweinefleisch seien ohnehin niedrig wie seit drei Jahren nicht; die lange Trockenheit hätte außerdem Futter verteuert. Zusätzlich wies der Verband darauf hin, dass keine praktikablen Alternativverfahren zur Verfügung stünden.
In Dänemark wird lokal betäubt und ohne Arzt kastriert
Dänemark und Schweden gehen jedoch längst einen anderen Weg. Dort betäuben die Landwirte ihre Ferkel lokal und kastrieren sie, ohne einen Arzt heranzuziehen.
Der Verband der dänischen Schweineproduzenten hat sich gut mit der Regelung arrangiert. Gesetzlich festgelegt ist das alles nicht, aber vom 1. Januar 2019 an bekommt man ohne Betäubung nicht mehr das Label "Danish". Bauern, die ihre Schweine selbst lokal betäuben wollen, dürfen das seit Anfang 2018, man muss vorher einen Kurs mit theoretischem und praktischem Teil belegen.
Durch die lokale Betäubung gehe die Heilung schneller und es gebe weniger Komplikationen, erklärte der Verband. Die Kastration durch eine Impfung zu ersetzen, sei prinzipiell möglich, setze aber Akzeptanz der Verbraucher voraus. Und das sei fragwürdig. Verwiesen wird auch auf eine Untersuchung an 55 Tieren, nach der eine Vollnarkose wegen der schwierigen Dosierung nicht geeignet sei.
Doch in Deutschland wird der dänische oder "vierte Weg" von Tierschützern und Tierärzten vehement abgelehnt. So sieht die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz in der Lokalanästhesie eine hochgradig schmerzhafte Behandlung, die die Tiere unnötig stresse.
Die Ablehnung der dänischen Lösung von Tierärzten und Tierschützern stößt wiederum auf scharfe Kritik der betroffenen Landwirte und der Fleischindustrie. (dh/dpa)
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