Vor der Bundestagswahl vermuteten manche in sozialen Netzwerken, dass an Stimmzetteln in Aachen etwas "faul" sei: Bei der Erststimme stand niemand von der AfD zur Auswahl. Der tatsächliche Grund: Die Partei hatte bei der Kandidatenaufstellung gegen das Bundeswahlgesetz verstoßen.
"Da stimmt doch was nicht. Erststimme für AfD nicht möglich", steht auf einem Foto, das einen Stimmzettel aus der Städteregion Aachen zeigen soll und sich online verbreitet. "Die wissen nicht mehr, was sie manipulieren sollen [...]", heißt es in einem Facebook-Beitrag zu dem Stimmzettel. In den Kommentaren wittern mehrere Nutzerinnen und Nutzer Wahlbetrug.
Doch der Stimmzettel ist nicht manipuliert. CORRECTIV.Faktencheck recherchierte, warum die AfD bei der Erststimme in der Stadt und der Städteregion Aachen nicht vertreten war.
Stimmzettel auf dem Foto stammt aus dem Wahlkreis der Städteregion Aachen
Mit der Erststimme wird eine Kandidatin oder ein Kandidat aus dem jeweiligen Wahlkreis direkt für den Bundestag gewählt. Die Person mit den meisten Erststimmen gewinnt das Direktmandat und zieht direkt in den Bundestag ein – allerdings nur, wenn die Partei insgesamt genügend Sitze durch die Zweitstimmen erhält, wie die Bundesregierung auf ihrer Webseite erklärt. Mit der Zweitstimme werden eine Partei und ihre Landesliste gewählt. Das entscheidet, wie viele Sitze jede Partei im Bundestag erhält.
Auf dem Foto in sozialen Netzwerken heißt es, der Stimmzettel stamme aus den Orten Baesweiler und Hoengen, ein Stadtteil von Alsdorf. Beide Orte liegen in der Städteregion Aachen, die bei der Bundestagswahl einen eigenen Wahlkreis namens Aachen II mit der Nummer 87 bildet.
Ein Abgleich mit den zugelassenen Wahlkreisbewerbenden auf der Webseite der Bundeswahlleiterin zeigt: Der Stimmzettel ist echt, ein Kandidat oder eine Kandidatin der AfD steht nicht zur Auswahl – genauso wie zum Beispiel auch nicht für die Tierschutzpartei, die Basis oder die MLPD. Das ist auch ziemlich normal: In vielen Wahlkreisen stellt nicht jede Partei einen Direktkandidaten oder -kandidatin auf.
Beide Direktkandidaten der AfD in der Stadt und in der Städteregion Aachen von Wahlausschüssen nicht zugelassen
Wie t-online und der WDR berichteten, hat das bei der AfD in Aachen aber einen anderen Grund: Die Wahlausschüsse der Stadt und der Städteregion Aachen haben am 24. Januar entschieden, dass die Aufstellung der beiden AfD-Kandidaten Manuel Krauthausen und Markus Matzerath wegen eines formalen Fehlers nicht gültig sei. Sie verstieß laut dem Kreiswahlausschuss gegen Paragraph 21 des Bundeswahlgesetzes.
Dieser besagt, dass Kandidaten nur von Mitgliedern bestimmt werden können, die in dem jeweiligen Wahlkreis auch wahlberechtigt sind. Die beiden AfD-Kandidaten waren Anfang Dezember 2024 in einer gemeinsamen Versammlung der zwei Aachener Wahlkreise gleichzeitig von denselben Leuten gewählt worden, was nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die AfD hatte gegen die Entscheidung der Wahlausschüsse Beschwerde eingelegt, Ende Januar bestätigte der Landeswahlausschuss Nordrhein-Westfalen diese jedoch.
In der Stadt Aachen und auch in der Städteregion Aachen steht die AfD daher auf dem Stimmzettel nur mit der Zweitstimme zur Auswahl.
Verwendete Quellen
- x.com: X-Beitrag von Florian Kandzorra
- facebook.com: Post von Rudi Menz
- facebook.com: Facebook-Beitrag "Erststimme für AFD nicht möglich"
- bundesregierung.de: Warum hat jeder zwei Stimmen?
- staedteregion-aachen.de: Hinweis zum Städteregionsrat der StädteRegion Aachen für den Wahlkreis 087 - Aachen II
- bundeswahlleiterin.de: Wahlkreisbewerberinnen und -bewerber des Wahlkreises 087: Aachen II
- t-online: AfD darf keine Direktkandidaten stellen
- wdr.de: Wegen eines Formfehlers - AfD steht in Aachen ohne Direktkandidaten da
- gremieninfo.staedteregion-aachen.de: Beschlussvorlage - 2025/0130
- gesetze-im-internet.de: Bundeswahlgesetz: § 21 Aufstellung von Parteibewerbern
- aachener-zeitung.de: AfD legt Beschwerde gegen Nichtzulassung der Direktkandidaten ein
- im.nrw: Landeswahlausschuss weist Beschwerden gegen die Nichtzulassung von Kreiswahlvorschlägen zurück
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