In Beliebtheitsumfragen kommt Olaf Scholz schon seit langen nicht besonders gut weg. Das hatte man Medienberichten zufolge wohl auch in der SPD-Spitze erkannt – und dem Kanzler nach dem Ampel-Aus den Verzicht auf eine neue Kandidatur nahegelegt.
Wochenlang blieb bei der SPD die Kanzler-Frage nach dem Ampel-Aus ungeklärt. Erst Ende November legte sich das Führungsgremium der Partei fest:
Zuvor hatte man in der Partei versucht, Einigkeit in der Frage zu demonstrieren. So betonte SPD-Generalsekretär Mathias Miersch noch wenige Tage vor der Nominierung von Scholz im Gespräch mit unserer Redaktion: "Olaf Scholz ist Bundeskanzler und wird auch wieder Kanzlerkandidat der SPD werden."
Doch Medienberichten zufolge, soll der Rückhalt von Scholz innerhalb der SPD-Führung nach dem Burch der Koalition nicht so stark gewesen sein, wie es die Partei versuchte darzustellen. Wie der "Tagesspiegel" und "T-Online" berichten, soll SPD-Chef Lars Klingbeil Scholz mehrfach einen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur nahegelegt haben.
Demnach hätten
Scholz zum Rückzug aufgefordert? Dementi aus der SPD
Indem Klingbeil Scholz den Verzicht auf die Kandidatur angetragen habe, habe er "den Bedenken der engeren SPD-Führung sowie mächtiger SPD-Landesverbände" Rechnung getragen, "die intern für eine Kandidatur von Verteidigungsminister
Scholz habe allerdings auf seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur beharrt. Die Entscheidung für ihn als Kanzlerkandidaten sei schließlich bei einer Krisensitzung am 19. Dezember gefallen. Bei dieser hätte die engste Parteiführung auch offen über die Kritik an Scholz, der bei dem Termin nicht anwesend gewesen sei, gesprochen und letztendlich mehrheitlich für dessen Kandidatur gestimmt.
Die Partei selbst widersprach den Berichten. "Ich dementierte die Meldung. Die Darstellung ist falsch", so eine Sprecherin von Klingbeil, ohne konkreter zu werden. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung dementierte auch Miersch die Berichte, ohne ins Detail zu gehen.
SPD ließ Kanzler-Debatte lange schwelen
Die Ampel-Koalition war am 6. November zerbrochen. Die SPD-Führung hatte darauf verzichtet, Scholz sofort als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Das Ergebnis dieser Entscheidung war eine wochenlange Diskussion in der Partei, ob man nicht lieber mit Verteidigungsminister Boris Pistorius, der in Umfragen deutlich höhere Beliebtheitswerte erzielt, in den Wahlkampf gehen solle.
Juso-Chef Philipp Türmer hatte die SPD-Spitze damals dafür kritisiert, die Debatte über die K-Frage so lange schwelen zu lassen. Die sich in die Länge ziehende Debatte bezeichnete er als "Shit Show", die die ohnehin schon schwierige Ausgangslage der SPD für die Bundestagswahl noch verschlechtert habe.
Am 25. November – 19 Tage nach dem Bruch der Ampel – wurde Scholz schließlich vom SPD-Vorstand als Spitzenkandidat nominiert. Wenige Tage zuvor hatte Pistorius erklärt, dass er "nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers." (thp)
Verwendete Quellen
- Süddeutsche Zeitung: SPD-Spitze soll versucht haben, Scholz zum Verzicht zu bewegen
- Tagesspiegel.de: Nach Bruch der Ampel-Koalition: SPD-Chef Klingbeil legte Scholz Verzicht auf Kanzlerkandidatur nahe
- T-Online.de: SPD-Chef Klingbeil legte Scholz Rückzug nahe
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