Mit der Werbekampagne "Unser Land – Deine Zukunft" will die Band Banda Internationale Menschen dazu bewegen, nach Sachsen zu ziehen. Kommenden September finden in Sachsen die Landtagswahlen statt.
"Unser Land – Deine Zukunft" – so lautet der Titel einer Werbekampagne, mit deren Hilfe Menschen motiviert werden sollen, nach Sachsen zu ziehen.
Hinter der Kampagne, die am 28. November dieses Jahres startete, steckt nicht die sächsische Staatskanzlei, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, sondern die elfköpfige Brass-Band Banda Internationale.
Sie ist so etwas wie das sächsische Gegenstück zur mecklenburg-vorpommerschen Combo Feine Sahne Fischfilet, wenn es um das Engagement gegen Rechts geht. Ihr Ziel: Das Image Sachsens aufpolieren und vielleicht noch einige Wähler hinzugewinnen.
Denn im September 2019 ist in Sachsen Landtagswahl. Dann könnte es passieren, dass die AfD erstmals als stärkste Fraktion in einen deutschen Landtag einzieht.
Banda Comunale will "eine Million für Sachsen"
"Eine Million für Sachsen" lautet der, zugegeben etwas ambitionierte, Untertitel der Aktion. Soll heißen: Wenn bis zum 30. Mai eine Millionen Wahlberechtigte ihren Hauptwohnsitz nach Sachsen verlegen, bestehe für Sachsen die Chance auf eine Zukunft, "die im Moment auf dem Spiel steht!" heißt es auf der Facebook-Seite der Kampagne.
Klar sei diese Zahl "utopisch", merkt Michal Tomaszewski an. Schließlich gibt es in Sachsen derzeit 3,3 Millionen Wahlberechtigte. Tomaszewski ist auch eingewandert nach Sachsen, vor 20 Jahren schon und spielt Klarinette in der Banda Internationale, die früher Banda Comunale hieß.
Binnen eines halben Jahres die Zahl auf 4,3 Millionen zu schrauben, sei sicherlich etwas optimistisch. Vielmehr gehe es darum, Sachsen, nach all den schlechten Nachrichten – Pegida, Freital, Köthen, Chemnitz etc. – wieder in ein besseres Licht zu rücken, sagt der Musiker.
Und denjenigen eine Chance geben, denen das Treiben ebenfalls nicht gefällt, jedoch nicht wissen, wie sie sich engagieren können. Denn, so hat es Tomaszewski beobachtet: "Es gibt keinen nennenswerten zivilgesellschaftlichen Gegenhalt."
Zur Facebook-Seite soll eine Webseite entstehen, auf denen Wohnraum oder Jobs angeboten werden sollen. "Das gibt vielen Leuten, die sich ohnmächtig fühlen die Möglichkeit, sich zu beteiligen." Vieles ist noch in der Entstehung.
Ist die Kampagne Aufruf zur Wahlmanipulation?
Ist ein solcher Aufruf überhaupt rechtens? Die Gefahr einer Wahlmanipulation sieht Rechtsanwalt Philipp Kaesler aus Berlin nicht, schließlich gebe es ja immer noch die Meinungsfreiheit. Selbstverständlich dürfe jeder seinen Wohnort in Deutschland frei wählen.
Schwierigkeiten sieht er, sollten Personen auf die Idee kommen, sich nur für die Kampagne pro forma in Sachsen melden zu wollen. Dies würde dann einen Verstoß gegen das Meldegesetz darstellen. Wird ein solcher Verstoß bewusst herbeigeführt, sagt Kaesler, könnte die Strafe entsprechend höher sein- zu 50.000 Euro Geldbuße.
"In den vergangenen Jahren wurde das Melderecht deutlich verschärft", sagt er. Wer sich ummelden möchte, braucht seither eine Abmeldebestätigung des alten Wohnorts, einen Mietvertrag am neuen Wohnort und eine Einzugsbestätigung des Vermieters. "Mit einem einfachen Aufruf ist es da sicher nicht getan", sagt Kaesler. Zudem müsse man drei Monate am neuen Wohnort gemeldet sein, bevor man wählen dürfe.
Spontanummeldungen dürfte es darum nicht allzu viele geben. Aber vielleicht spielten einige ohnehin mit dem Gedanken, sich in Sachsen niederzulassen. Denen könnte die Kampagne nun eine gewisse Entscheidungshilfe liefern. An Gründen in Sachsen zu leben, mangele es laut Tomaszewski jedenfalls nicht. "Es gibt günstigen Wohnraum, viele freie Ausbildungsplätze und zu wenig Lehrer."
Kurzum: Berufliche Perspektive ist vorhanden. So suchten Instrumentenbauer aus dem Voigtland, die teilweise eine Jahrhunderte lange Tradition pflegen, Hände ringend nach Azubis.
Und wenn keine Millionen neuer Wähler nach Sachsen ziehen? "Dann ist die Zukunft besiegelt", ist sich Tomaszewski sicher. Dann werden kaum noch Studenten kommen, ausländische Wissenschaftler werden fernbleiben, Stellen werden nicht mehr besetzt werden können.
Einen kräftigen Imageschaden scheint es ja schon jetzt zu geben. Sonst hätten sich wohl kaum die Manager von Siemens dazu hinreißen lassen, nach den Kundgebungen in Chemnitz ihre Belegschaft dazu aufzufordern, ein deutliches Bekenntnis gegen Rechts abzugeben. Bei Siemens in Chemnitz arbeiten rund 4.300 Menschen.
Banda Internationale im Kampf gegen Rechts
Dass es gelingen kann, Kante gegen Rechts zu zeigen, hat die Banda Internationale schon gezeigt. Mehrere Hundert Konzerte spielte sie in den vergangenen Jahren in Sachsen. Beim so genannten Neujahrsputz haben sie, gemeinsam mit anderen Kulturschaffenden, mehrfach hinter den Pegida-Demonstrationen hergefegt.
Oder bei der Angsthasen-Prozession im März 2015 waren sie mit einem sieben Meter großen Hasen vor die Dresdner Frauenkirche gezogen. Das habe Pegida auf die Palme gebracht, erinnert sich Tomaszewski gerne zurück. "Mit Humor können die ja bekanntlich nichts anfangen."
Die Banda Internationale ist ein gemeinnütziges Musikprojekt. Seitdem auch neun geflüchtete Musiker aus Syrien, Iran, Irak und Burkina Faso inzwischen fest zum Projekt gehören, nennt sie sich Banda Internationale.
Nach zahlreichen Beteiligungen an Demonstrationen und Veranstaltungen gegen Pegida in Dresden seit dem Winter 2014/15, engagierte sich die Band unermüdlich für eine Willkommenskultur und spielte unter anderem zahlreiche Konzerte in Erstaufnahmeeinrichtungen, heißt es auf der Internetseite der Band.
Dort entstand im Sommer 2015 die Idee eines längerfristigen Projektes mit geflüchteten Musikern.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Rechtsanwalt Philipp Kaesler, Berlin
- Facebook: "Unser Land Deine Zukunft"
- Deutschlandfunk: "Reaktion auf Pegida - Raus aus der Schockstarre"
- Handelsblatt: "Hass, Hetze, offener Rechtsbruch" – Siemens-Manager beklagen Nazi-Aufmärsche in Sachsen
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