• Es könnte knapp werden bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 14. März: Das Meinungsforschung-Institut infratest dimap sieht die SPD bei 30, die CDU bei 28 Prozent der Stimmen.
  • Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Oppositionsführer Christian Baldauf (CDU) trafen sich am Freitagabend zum Kandidaten-Duell vor den Kameras des SWR.
  • Es kam zum inhaltsreichen, sachorientierten Schlagabtausch.

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Erst vor wenigen Tagen hatten sich am selben Ort die Kandidaten der Landtagswahl in Baden-Württemberg gegenübergesessen – auch im "Ländle" wird am 14. März gewählt. Bei der Auseinandersetzung zwischen Winfried Kretschmann und Susanne Eisenmann war wenig Spannung aufgekommen – und dann hatte die Redaktion auch noch die Redezeiten der Kandidaten falsch berechne.

TV-Duell "Dreyer gegen Baldauf" lief besser ab

Bei "Dreyer gegen Baldauf" lief das besser: Die Stoppuhren waren richtig gestellt und im Hintergrund deutlich zu sehen. Und Moderator Fritz Frey widmete dem Dauer-Thema Corona diesmal nur wenig Zeit. Stattdessen durften die zwei Kandidaten zeigen, dass sie die Fakten parat hatten, die es braucht, um Rheinland-Pfalz zu regieren.

Malu Dreyer, seit 2013 Ministerpräsidentin, zunächst als Chefin einer rot-grünen Koalition, seit 2016 an der Spitze einer Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP, behielt in der 60-minütigen Sendung zumeist die Oberhand. Souverän, ruhig und unaufgeregt setzte sie ihre Position auseinander und ließ sich von Baldauf keine Sekunde lang aus dem Konzept bringen – obwohl auch der Kontrahent bestens vorbereitet und faktensicher auftrat.

Vom Moderator gleich zu Anfang mit dem Vorwurf konfrontiert, er sei möglicherweise zu sehr Team-Player, zeige zu wenig Kante, konterte Baldauf mit dem schlichten Argument, so sei er eben – ließ sich davon aber nicht lange aufhalten und verwies stattdessen auf die "vielen Baustellen" im Land, kritisierte Versäumnisse bei Dreyers Bildungs-, Wirtschafts- und Gesundheitspolitik – und zeigte dabei sehr wohl "Kante".

Statt Floskel-Bingo gab es Fakten

Wohltuend für die Zuschauer: Beide verzichteten auf das satirisch gemeinte "Floskel-Bingo", das der SWR ihnen schon vor der Sendung auf Instagram angeboten hatte.

Statt hohle Phrasen anhören zu müssen, war das Publikum gefordert, wurde mit harten Zahlen und richtig viel Politik konfrontiert – nachdem der Moderator anfangs eingreifen musste, um die Kandidaten zu klaren Aussagen zu bewegen – etwa indem er sie aufforderte, an drei Punkten festzumachen, inwiefern sie sich vom Konkurrenten unterscheiden.

Dreyer konnte spontan nur zwei solche Punkte nennen – sie verteidigte die Impfpläne ihrer Regierung, warf Baldauf eine unentschiedene "mal so, mal so"-Argumentation gegenüber der Teststrategie vor und summierte unter dem dritten Punkt recht unkonkret "viele anderen Felder". Baldauf reagierte rhetorisch noch schwächer und antwortete nicht mit einer Aufzählung von Regierungsfehlern, die sich ohne Zweifel hätten finden lassen – sondern mit einer Antwort auf Dreyers Argumente.

Der nur dem Anschein nach dröge Austausch von Fakten zeigte aber im weiteren Verlauf deutlich, worauf es in der Politik ankommt: diese Fakten nicht nur zu kennen, sondern sie zu bewerten und unterschiedliche Schlüsse zu ziehen.

Baldauf etwas sah die Wirtschaft des Landes in einem bedrohlichen Stimmungstief aufgrund falscher Regierungspolitik, Dreyer kannte die Zahlen, führt sie aber auf andere Ursachen – nämlich die Pandemie – zurück, die ihre Regierung bereits erfolgreich bekämpfe. In der derzeitigen Lage könne die Wirtschaft gar nicht optimistisch sein, sagte sie und versprach 300 zusätzliche Millionen im Nachtragshaushalt – was Baldauf wiederum als Fassaden- und Symbolpolitik abkanzelte.

Viele Themen, aber zu wenig Zeit

Er warf Dreyer auch eine unterfinanzierte Hochschulpolitik, zu wenig Hilfe für Unternehmensgründer, eine schlecht aufgestellte Wasserstoffindustrie, einen Sanierungsstau im Straßenbau und insgesamt mangelnde Innovationsfreude vor – doch die Ministerpräsidentin konterte seine Argumente mit anderen, nicht weniger schlüssigen Zahlen und einer gänzlichen anderen Interpretation der Lage.

Ähnlich lief der Streit um den kommunalen Finanzausgleich ab, den der hessische Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt hatte. Einzige Gemeinsamkeit der beiden Politiker: Auf Nachfrage des Moderators gaben beide zu, dass rheinland-pfälzische Kommunen infolge des Urteils möglicherweise ihre Gewerbesteuersätze erhöhen werden. Für Baldauf war das Ganze ein Beleg dafür, dass das Land schlecht dastehe. Dreyer dagegen betonte, die meisten Kommunen hätten zuletzt Überschüsse gemacht.

Auch in Bezug auf die Schulen legte Baldauf detailliert dar, was er an Dreyers Bildungspolitik und der aus seiner Sicht mangelhaften Digitalisierung des Bildungswesens kritisiert. Dreyer dagegen betonte den Erfolg der landeseigenen digitalen Schulplattform, die nicht nur besser sei als manches andere Angebot, sondern auch noch den Datenschutz zu seinem Recht kommen lasse – den Baldauf in diesem Zusammenhang überbewertet fand.

Zum Schluss doch noch eine Wahlkampfrede

Auch über Klima und Landwirtschaft wurde noch kurz debattiert, viele weitere Themen mussten zum Bedauern des Moderators aus Zeitmangel ganz wegfallen – am Ende zeigte sich so, dass detailliertes Nachrechnen und Vergleichen für ein 60-minütiges "Duell" vielleicht gar nicht die beste Lösung ist. Es konnte kaum anders als mit einem verdienten Unentschieden enden.

Weil das auch die Redaktion vorausgesehen hat, durften beide Kandidaten am Ende noch eine 90 Sekunden lange Wahlkampfrede halten. Sie waren darauf vorbereitet und das war schade, denn die Abschlussstatements hörten sich glei­cher­maßen auswendig gelernt an. Vom bevorstehenden Frühling schwärmte Baldauf und hoffte auf ein "Aufblühen" auch in der Landespolitik.

Dreyer dagegen gewann Zuversicht aus der Bewältigung der Pandemie, weil das Land mittlerweile Beatmungsgeräte, Impfstoffe und Tests – "alles made in Rheinland-Pfalz" – in die ganze Welt exportiere. Das Los hatte bestimmt, dass Malu Dreyer an diesem Abend als letzte sprechen durfte – in einer guten Woche werden dann die Wähler das letzte Wort haben.

Verwendete Quellen:

  • infratest dimap: "Rheinland-PfalzTREND März 2021"
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