Alexander Lukaschenko stellt sich in Belarus auf weitere fünf Jahre an der Macht ein. Vier Unterstützer gingen mit ihm ins Rennen.

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Bei der als Farce kritisierten Präsidentenwahl in Belarus lässt sich Machthaber Alexander Lukaschenko nach mehr als 30 Jahren an der Macht erwartungsgemäß zum siebten Mal als Sieger ausrufen. Staatsmedien verbreiteten nach Ende der Abstimmung am Abend Wahlnachbefragungen, nach denen der 70-Jährige die Abstimmung mit 87,6 Prozent der Stimmen gewonnen haben soll.

Ergebnisse gab es zunächst nicht. Die Stimmauszählung läuft. Allerdings gilt die Prognose in dem als letzte Diktatur Europas kritisierten Land als nahezu identisch mit der am späten Abend erwarteten offiziellen Ergebnis-Bekanntgabe durch die Wahlleitung. In Minsk gab es aus den Reihen der vier Mitbewerber, die Lukaschenko unterstützten und daher als reine Statisten galten, erste Gratulationen zum "überzeugenden Wahlsieg".

2020 war Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt worden. Laut den Prognosen soll er demnach noch einmal deutlich zugelegt haben - bei über 80 Prozent Wahlbeteiligung. Aufgerufen zur Abstimmung waren rund 6,9 Millionen Wahlberechtigte.

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Experte: Zahlen stehen vorab fest - kein Bezug zur Realität

"Man muss wissen, dass die in Belarus veröffentlichten Zahlen nichts mit der Realität gemein haben", sagte der wegen Gefahr für sein Leben ins Exil ins Ausland geflüchtete Politologe Waleri Karbalewitsch der Deutschen Presse-Agentur. "Der Machtapparat legt die Zahlen schon im Vorfeld fest." Bei einer Wahl mit alternativen Kandidaten hätte der seit 1994 regierende Lukaschenko laut Karbelewitsch keine Chance auf den Sieg gehabt.

Für die Option "Gegen alle" auf dem Stimmzettel votierten laut den Wahlnachbefragungen eines staatlichen Instituts 5,1 Prozent der Wähler.

Lukaschenko: Anerkennung durch den Westen «völlig schnuppe»

"Erkennen sie diese Wahlen an, oder nicht, das ist Geschmackssache. Mir ist das völlig schnuppe", sagte Lukaschenko vor Journalisten in Minsk auf eine Frage zur Nichtanerkennung der Abstimmung von der EU. Zugleich sagte er, dass er aus Verantwortungsbewusstsein so lange an der Macht bleiben werde, wie sein Umfeld ihn trage.

Weil die Wahlen in der früheren Sowjetrepublik immer wieder unter massiven Fälschungsvorwürfen stehen, gab es in der Vergangenheit stets Proteste. Die bisher größten Massenproteste ließ Lukaschenko nach der Wahl 2020 gewaltsam niederschlagen - mit Russlands Hilfe. 300.000 Menschen haben nach Schätzung der Vereinten Nationen Belarus seither verlassen. Viele prominente Oppositionelle, darunter Maria Kolesnikowa und Viktor Babariko, sitzen in Haft.

Menschenrechtler: Mehr als 1.200 politische Gefangene

Menschenrechtler kritisieren, dass mehr als 1.200 Menschen in politischer Gefangenschaft sitzen. Belarus ist auch das letzte Land in Europa, in dem noch Todesstrafen vollstreckt werden - per Genickschuss. Wer sich kritisch äußert in dem Land, riskiert Haft. Die Medien sind gleichgeschaltet, viele unabhängige Nachrichtenportale sind blockiert.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sprach in Brüssel von einer Scheinwahl und von einem "Affront gegen die Demokratie" in Belarus. Lukaschenko klammere sich an die Macht, habe aber keine Legitimität, schrieb sie auf X.

Opposition fordert Nichtanerkennung der Wahl

Das Lager um die im Exil in der EU lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, die 2020 nach Meinung vieler die Abstimmung gewonnen hatte, rief die internationale Gemeinschaft auf, weder die Wahl noch Lukaschenko als Präsidenten anzuerkennen. Das Land ist nicht nur wegen politischer Repressionen, sondern auch wegen der Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Sanktionen belegt.

Lukaschenko hatte vor der Wahl wiederholt politische Gefangene begnadigt – mehr als 200 insgesamt. Damit verbindet er nach Meinung von Experten vor allem die Hoffnung, dass der Westen doch wieder den Dialog aufnimmt. Bei der Pressekonferenz in Minsk betonte er indes erneut seine Bereitschaft, den Kontakt wieder aufzunehmen.

Experte: Wieder mehr Rückhalt für Lukaschenko

Der Politologe Karbalewitsch sieht ein Land in Angst: Lukaschenkos Apparat fürchte neue Proteste und habe deshalb schon vor der Abstimmung Vertreter in Institutionen Unterstützerunterschriften sammeln lassen. Der bereits zu Sowjetzeiten wegen seiner Brutalität gefürchtete Geheimdienst KGB hält Belarus fest im Griff. Und auch die Wähler seien verängstigt, weil ihnen schon Strafverfolgung drohe, wenn sie etwa auf dem Mobiltelefon kritische Informationen lesen, sagte Karbalewitsch der Deutschen Presse-Agentur.

Lukaschenko wolle sich mit der nun im Winter angesetzten Abstimmung frisch legitimieren. Eigentlich wäre der reguläre Termin im Sommer gewesen.

Lukaschenko nutze derzeit eine gewisse Konsolidierung der Gesellschaft, weil die Kritiker weg seien. Zudem setze er sich vor allem mit Blick auf den Krieg in der benachbarten Ukraine als Wahrer des Friedens und der Stabilität in Szene. "Er hat auch Rückhalt von vielen, die 2020 gegen ihn waren, die aber schon damals auch prorussisch eingestellt waren und jetzt wieder auf Linie sind", erklärte Karbalewitsch. Kremlchef Wladimir Putin hatte Lukaschenko damals trotz Hoffnungen vieler Demonstranten in Belarus nicht fallengelassen.

Hohe Abhängigkeit von Russland

Der Experte Karbalewitsch erwartet, dass der zuletzt auch von Gesundheitsproblemen geplagte Lukaschenko bis an sein Lebensende an der Macht bleiben will. Die Chancen stünden nicht schlecht, "weil derjenige, der mit Russland befreundet ist, Gas und Öl zu niedrigen Preisen und den atomaren Schutzschirm erhält". Inzwischen gehe es Belarus auch wirtschaftlich besser, weil die Betriebe des Landes für Russlands Kriegswirtschaft produzieren.

Der Preis für Lukaschenkos Machterhalt sei eine immer größere wirtschaftliche, finanzielle und politische Abhängigkeit von Putin. "Souveränität aber hat Belarus immer weniger", sagte Karbalewitsch. Gleichwohl sieht er wegen des starken Widerstands in Minsk keine akute Gefahr, dass Russland sich den Nachbarn einverleibt.(dpa/bearbeitet von jst)

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