In den Umfragen liegt der Ex-Präsident weit vor seinen Kontrahenten Nikki Haley und Ron DeSantis. Ein Wahlsieg in Iowa könnte aber auch ein schlechtes Omen für die Präsidentschaftswahl sein.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Für ihn gelten die normalen Regeln nicht. Dieses Selbstverständnis hat Donald Trump immer wieder nach außen getragen und es scheint auch jetzt wieder sein oberstes Mantra zu sein. Vor den Vorwahlen der Republikaner in Iowa hat er darauf verzichtet, bei einer TV-Debatte bei CNN teilzunehmen. Während die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley und Floridas Gouverneur Ron DeSantis sich beim großen Nachrichtensender einen Schlagabtausch lieferten, ließ sich der Ex-Präsident bei seinem Haus- und Hofsender Fox News interviewen.

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Dass der ehemalige Präsident derart gelassen mit der Konkurrenz umgeht, hat seine Begründung in den für Trump sehr komfortablen Umfragewerten. In Iowa liegt er dem Umfrageportal "realclearpolitics.com" zufolge bei rund 54 Prozent. Haley würde demnach rund 17 Prozent der Stimmen erhalten und DeSantis 15. Der Auftakt in Iowa am 15. Januar ist traditionell der Startpunkt für die Vorwahlen und hat damit auch eine Signalwirkung.

Wer wird gewinnen?

Donald Trump geht als klarer Favorit in die Wahl. Das sieht auch US-Experte David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, so. Gegenüber unserer Redaktion erklärt er: "Auch wenn der Wintereinbruch in Iowa die Wahlbeteiligung sicherlich nach unten drücken wird, ist von einem Erfolg Trumps auszugehen." Er verweist dabei auf die aktuellen Umfragewerte.

Auch Dominik Tolksdorf von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sieht Donald Trump als unangefochtenen Favoriten in Iowa. "Interessant wird deshalb eher sein, wie groß sein Vorsprung gegenüber seinen parteiinternen Konkurrentinnen und Konkurrenten ausfallen wird, und welches Ergebnis diese erzielen", sagt der USA-Experte gegenüber unserer Redaktion. Davon, wie vor allem Ron DeSantis und Nikki Haley abschneiden werden, hinge ab, ob sie als ernsthafte Konkurrenten Trumps im Rennen bleiben würden.

DeSantis stehe dabei in Iowa viel mehr unter Druck. "Sollte er dort kein gutes Ergebnis einfahren, wäre es nicht überraschend, wenn er bald darauf seine Kampagne aufgibt." Haley könne dagegen darauf hoffen, in New Hampshire, wo die zweite Vorwahl der Republikaner stattfindet, ein gutes Ergebnis zu erzielen oder dort sogar gegen Trump zu gewinnen. "Das würde ihrer Kampagne sicherlich weiteren Schwung vor der wichtigen Vorwahl in South Carolina geben." Außerdem habe sie eine gut gefüllte Wahlkampfkasse und könne noch lange weiter ihre Kampagne betreiben.

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Welche Bedeutung hat die Vorwahl in Iowa für die Präsidentschaftswahlen?

Die Bedeutung Iowas hänge sehr stark von den Parteien ab, sagt US-Experte Sirakov. "Während bei den Demokraten der oder die Siegerin in Iowa – wie beispielsweise Jimmy Carter, Walter F. Mondale, Bill Clinton, John Kerry, Barack Obama und Hillary Clinton – letztlich fast immer die Nominierung für sich entscheiden konnten, ist das bei den Republikanern völlig anders." In den vergangenen Wahlgängen seien die Sieger in Iowa vielmehr Kandidaten gewesen, die im weiteren Verlauf der Vorwahlen keine Chance auf eine Nominierung hatten.

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So beispielsweise Mike Huckabee, Rick Santorum oder Ted Cruz. Letzterer hatte 2016 überraschend die Vorwahl in Iowa gewonnen, gab aber anschließend schnell auf, da er gegen Donald Trump keine Chance hatte. Trump hingegen hatte zwar 2020 die Vorwahl in Iowa gewonnen, war dann aber bei der Präsidentschaftswahl dem Demokraten Joe Biden unterlegen.

Warum ist bei den Republikanern so wenig repräsentativ für die letztliche Wahl des Kandidaten?

"Das liegt auch an der Besonderheit des Caucus (Wahlgremium), in dem die Wählerinnen an verschiedenen Orten im Bundesstaat an einem Abend für mehrere Stunden zusammenkommen und im Widerstreit der Argumente diskursiv sich für eine Kandidatin oder einen Kandidaten entscheiden. Dabei spielt auch der direkte, persönlich Kontakt zur Kandidatin oder zum Kandidaten eine große Rolle", erklärt Sirakov.

Hinzu komme, dass Iowa in seiner Zusammensetzung überhaupt nicht repräsentativ für die US-amerikanische Gesellschaft sei, so US-Experte Tolksdorf. Der Staat, der vorwiegend von der Landwirtschaft lebt, ist überwiegend weiß und zu großen Teilen katholisch. Laut Volkszählung aus dem Jahre 2020 sind 84,5 Prozent der Einwohner einer weißen Ethnie zugehörig (darunter besonders viele Deutschstämmige) – im Bundesdurchschnitt sind es hingegen 61,6 Prozent. Auch gibt es kaum Migranten in dem Bundesstaat. Lediglich 5 Prozent der Einwohner von Iowa sind nicht in den USA geboren.

"Deshalb haben die Demokraten auch ihre erste offizielle Vorwahl nach South Carolina verlegt, ein Bundesstaat, der gesellschaftlich viel diverser und auch bevölkerungsreicher als Iowa ist", sagt Tolksdorf. In South Carolina hatte Joe Biden 2020 die Vorwahlen mit großer Mehrheit gewonnen, was seiner angeschlagenen Kampagne damals neuen Schwung verlieh. "Das hat Biden nicht vergessen und sich für die Verlegung der ersten Vorwahl nach South Carolina eingesetzt."

Welche Bedeutung hat die Vorwahl in Iowa für Donald Trump?

"Trotz dieser Besonderheit und eines gewissen – historisch bedingten – Makels eines Sieges in Iowa will Trump diesen Erfolg unbedingt, da er hiervon eine Signalwirkung für den weiteren Verlauf der Vorwahlen erwartet", sagt Sirakov. Dabei sei ihm vor allem wichtig, dass der Abstand zu dem oder der Zweitplatzierten groß genug ist, um seine unumstrittene Stellung im Feld der Kandidatinnen und Kandidaten zu untermauern. "Hierin liegt auch der Grund für das beständige Appellieren Trumps an seine Anhänger, am kommenden Montag zur Wahl zu gehen."

Laut Tolksdorf von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sei auch interessant, inwiefern sich die laufenden Gerichtsverfahren auf das Wahlergebnis in Iowa auswirken. Trotzdem solle man das Ergebnis von der Bedeutung nicht zu hoch aufhängen: "In der Vergangenheit haben in den Vorwahlen öfters nicht unbedingt die Kandidaten gewonnen, die später auch als Präsidentschaftskandidaten nominiert wurden."

Welche Chance haben Nikki Haley und Ron DeSantis?

In bundesweiten Umfragen liegen die Herausforderer Haley und DeSantis laut dem Umfragen-Portal "realclearpolitics.com" noch deutlicher hinter Trump als in Iowa. 61 Prozent der Republikaner sprechen sich demnach für Trump aus, lediglich 11,3 Prozent wollen Haley wählen, und nur 10,9 Prozent DeSantis.

US-Experte Sirakov hat dafür eine Erklärung: "Blickt man in die Anhängerschaft der republikanischen Partei, dann speist sich etwa die Hälfte aus glühenden Trump-Anhängern – die andere Hälfte aus Menschen, die entweder Trumps Idee teilen, aber mit ihm ein Problem haben oder ihn rundweg ablehnen." Das Stimmenpotenzial von Trumps Herausforderern sei daher eher begrenzt.

"Während DeSantis für die meisten seiner Wähler als politisch effektiverer Trump angesehen wird, ist Haley die Vertreterin derer, die mit Trump fertig sind", erläutert der Experte. Für Iowa reiche dieses Stimmenpotenzial nicht aus, allerdings sei das auch nicht das Ziel der beiden: "DeSantis und Haley schielen vielmehr auf ein gutes Abschneiden hinter Trump, um im weiteren Verlauf darauf aufmerksam zu machen, dass Trump eben nicht dieser unumstrittene und von Beginn an feststehende Kandidat der Republikaner ist."

Über die Gesprächspartner

  • David Sirakov ist Politikwissenschaftler und seit 2015 Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz. Seine Forschungsschwerpunkte sind die US-Innenpolitik mit besonderem Schwerpunkt auf die politische und gesellschaftliche Polarisierung sowie der Aufstieg des Populismus in Europa und den USA.
  • Dominik Tolksdorf ist Research Fellow im Bereich USA/Transatlantische Beziehungen am Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen. Zuvor arbeitete er als Programmleiter für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, D.C.

Verwendete Quellen

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