Seit Donald Trump bei der TV-Debatte gegen Kamala Harris Lügen über die haitianischen Einwanderer in Springfield verbreitet hat, schlägt dem migrantischen Teil der Bevölkerung dort vielerorts Hass entgegen. Es gibt in der Stadt zwar Probleme – aber die sind ganz anderer Natur, als von Trump behauptet.
Romane Pierre schließt sein haitianisches Restaurant in Springfield neuerdings schon um acht Uhr abends – damit seine Mitarbeiter nicht so spät allein nach Hause laufen müssen. "Manche wollen die Stadt verlassen, einige sind schon weg", erzählt er. Denn in der Stadt im US-Bundesstaat Ohio geht die Angst unter den schwarzen Einwanderern aus Haiti um: Seit der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump und sein Team das Lügen verbreiten, dass Haitianer in der Kleinstadt die Hunde und Katzen von Einheimischen fangen und essen würden, werden die Migranten offen angefeindet.
Bombendrohungen gegen Schulen, Beschimpfungen und bei Sonnenuntergang geschlossene Geschäfte: Viele Menschen aus Haiti, die vor Armut und Gewalt in ihrer Heimat geflohen sind, haben nun in den USA wieder Angst um ihr Leben.
Bevölkerung von Springfield schrumpfte jahrzehntelang
Die überwiegend von Weißen bewohnte Kleinstadt im Nordosten der USA, die jahrelang mit Wegzug und einer schrumpfenden Bevölkerung zu kämpfen hatte, hat in den vergangenen Jahren geboomt und viele Einwohner neu hinzugewonnen: die meisten aus Haiti, die in Geschäften oder Restaurants Arbeit fanden, die teils auch von ihren Landsleuten gegründet wurden. 2020 zählte die Stadt weniger als 60.000 Einwohner – dann kamen 10.000 bis 15.000 Haitianer dazu.
Der Erfolg des Wirtschaftsplans der Stadt hatte auch bald seine Kehrseiten: fehlende Wohnungen, nicht ausreichende medizinische Versorgung, nicht genug Plätze in den Schulen – tatsächliche Probleme, wie der frühere Pastor der Ersten-Baptisten-Kirche von Springfield, Wes Babian, einräumt. Die neuen Jobs änderten auch nicht so viel an der schon lange bestehenden Armut unter vielen Leuten in Springfield.
Babian beklagt aber die zunehmend "rassistischen Töne" in den Beschwerden der Einheimischen. Die Rede war von "Invasion" von "illegalen" Einwanderern, denen grundlos vorgeworfen werde, sie würden stehlen und eine Welle der Kriminalität mit sich bringen. "Es gab viele Auseinandersetzungen in den vergangenen Jahren mit Blick auf die neuen Nachbarn", sagt der Pastor. "Bestimmt verständlich bis zu einem bestimmten Punkt, aber jetzt ist es sehr viel negativer, sogar teils gefährlich geworden."
Die meisten Haitianer sind völlig legal in Springfield
Seit der Rechtspopulist
Eine Bombendrohung gegen das Rathaus und eine Schule mit vielen haitianischen Schülern gab es am Donnerstag. Am Freitag dann wieder Schul-Räumungen und Drohungen gegen ein Zentrum der haitianischen Gemeinschaft. "Es ist die traurige Realität, die Panik auslöst", berichtet der Direktor des Zentrums, Viles Dorsainvil.
Die meisten Haitianer in Springfield sind legal hier oder haben einen geschützten Status. Manche leben schon seit vielen Jahren in den USA. Dennoch gibt es den Vorwurf, sie seien von der Regierung in Washington in Bussen in die Stadt gebracht worden oder würden bequem von staatlicher Hilfe leben, während die Einheimischen darben müssen.
Einige Haitianer verlassen aus Angst kaum das Haus
In Wirklichkeit sind viele Haitianer mit eigenen Mitteln gekommen und haben Geschäfte eröffnet, so wie Philomene Philostin, die ein Lebensmittelgeschäft mit Spezialitäten aus Haiti betreibt und in den USA eingebürgert wurde.
Andere kommen nicht so gut zurecht, so wie Fritz, der über die mexikanische Grenze in die USA kam. Er und seine Familie erhalten Lebensmittelhilfe. Um Miete bezahlen zu können, muss er seinen ersten Lohn abwarten. Während er in der Nähe des Rathauses spricht, fährt ein Auto vorbei, die Insassen schreien raus: "Fuck you!"
Daniel aus Haiti, der seit vier Jahren in Springfield lebt, verlässt sein Haus seit der TV-Debatte mit Trump gar nicht mehr - es sei denn, es ist unabdingbar. "Die Bedrohung ist real", sagt er. Aber "es ist nicht die gesamte Bevölkerung", versichert er. Andere seien auf seiner Seite.
So wie Vietnam-Veteran William Thompson. Er sitzt auf seiner Veranda, eine US-Flagge neben sich, und sagt: "Es ist das Land der Freiheit. Sie (die Haitianer) haben die Möglichkeit, hierher zu kommen, um frei zu sein." Falls es aber, wie so viele befürchten, in Gewalt umschlagen sollte, dann ist er vorbereitet: "Ich habe meine Waffen im Haus." (AFP/bearbeitet von ank)
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