Die Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz kommen weiter nicht voran. Bislang konnte man sich nicht auf eine Abschlusserklärung einigen. Derweil machen Vertreter einiger vom Klimawandel bedrohten Länder Druck auf die Industrienationen. Dem Appell schließt sich auch der deutsche Bundesentwicklungsminister an. Mit klaren Worten.

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Die Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz im polnischen Kattowitz ziehen sich weiter in die Länge.

Während die deutschen Unterhändler sich am Freitagabend noch zuversichtlich geäußert hatten, sahen vier große Umweltverbände die Verhandlungen von fast 200 Staaten "auf der Kippe" - und forderten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Handeln auf.

Müller: "Nicht Paragrafen, sondern Menschenleben!"

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CDU) drängte auf Hilfe für weniger entwickelte und vom Klimawandel bedrohte Staaten. "Denn am Ende geht es nicht um Paragrafen, sondern um Menschenleben", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Eigentlich war ein Ende der Verhandlungen für Freitag geplant gewesen, sie sollen nun am Samstagmorgen fortgeführt werden. Allerdings wurden Klimaverhandlungen auch in der Vergangenheit oft verlängert.

Bei dem zweiwöchigen Treffen geht es um die Regeln für die praktische Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und damit die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad.

Arme und besonders vom Klimawandel betroffene Staaten beklagen fehlenden Ehrgeiz auf der Konferenz.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte am Freitagabend noch mit einem Bündnis aus Industrie- und Entwicklungsländern Nachbesserungen gefordert, sah in den vorliegenden Entwürfen aber eine "gute Grundlage".

Müller frustriert von Motivationslosigkeit

Bundesentwicklungsminister Müller stellte sich auf die Seite derer, die dringend mehr Hilfen und Klimaschutz fordern: "Wenn die Inselstaaten und am wenigsten entwickelten Länder dramatische Appelle an uns richten, weil sie ums Überleben von Millionen Menschen kämpfen, dann müssen wir handeln", sagte er der dpa.

Nach zehn Tagen fehlten in Kattowitz noch greifbare Ergebnisse. "Ich hoffe, dass in den letzten Verhandlungsstunden der Durchbruch gelingt: Es kann nicht sein, dass die Anliegen von Entwicklungsländern bei der Bewältigung klimabedingter Schäden nur eine Fußnote in der Abschlusserklärung wert sind."

Die Umweltorganisationen Greenpeace, WWF, BUND und Germanwatch wandten sich in einem offenen Brief gemeinsam an Kanzlerin Merkel und forderten sie auf, sich hinter Umweltministerin Schulze zu stellen.

Diese hatte während der Konferenz mit der sogenannten High Ambition Coalition (Koalition für großen Ehrgeiz) aus Industrie- und Entwicklungsländern eine Erklärung veröffentlicht, in der neue Klimaschutz-Zusagen bis zum Jahr 2020 gefordert werden.

Eindringlicher Appell an Merkel

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte darauf in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" zurückhaltend reagiert und darauf verwiesen, dass die Bundesregierung als Ganzes entscheiden.

Ohne eine klare Positionierung Deutschlands drohe hier der Vorstoß der High Ambition Coalition, ein "einigermaßen ambitioniertes Ergebnis" in Kattowitz zu erreichen, zu scheitern, schrieben die Umweltschützer.

"Wir bitten Sie deshalb dringend, als Kanzlerin klarzustellen, dass die deutsche Bundesregierung hinter diesen ambitionierten Zielen und Ankündigungen steht. Wir halten dies für notwendig, um diese Konferenz zu einem Erfolg zu führen."

Entwicklungsminister Müller hat unterdessen die Konsumenten in der Weihnachtszeit aufgerufen, besonders auf den Kauf fair gehandelter Produkte zu achten.

Müllers bitte an deutsche Verbraucher: Augen auf!

"Wir bauen unseren Wohlstand noch viel zu oft auf dem Rücken Afrikas auf. Jetzt zur Weihnachtszeit werden 150 Millionen Schoko-Nikoläuse in Deutschland verkauft, aber nur die Hälfte des Kakaos wurde fair produziert", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

"Der Rest kann immer noch mit Sklavenarbeit, ausbeuterischer Kinderarbeit, Hungerlöhnen und Abholzung des Regenwalds hergestellt werden. Das ist auch eine Aufforderungen an die Konsumenten: Schaut hin, was ihr kauft."

Im kommenden Jahr werde er dazu eine Kampagne gemeinsam mit dem evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt und anderen Organisationen starten.

"Stoppt die Kinderausbeutung. Es darf nicht sein, dass wir Güter nach Europa importieren, in denen ausbeuterische Kinderarbeit steckt", sagte Müller. Das fange beim Kaffee an und höre beim Grabstein auf, den vielfach Kinder unter erbärmlichsten Zuständen in den Steinbrüchen bearbeiteten.

Allerdings sei es nicht einfach, dagegen vorzugehen, weil Kinder in den ärmeren Ländern oftmals zum Familieneinkommen beitragen müssten.

Deutschen Firmen auf die Finger schauen

Der erfolgreichste Weg sei es, existenzsichernde Löhne für die Eltern zu zahlen. Kinder müssten häufig arbeiten, damit die Familie überhaupt überleben könne.

Müller bekräftigte, dass er gesetzliche Regelungen anstrebe, wenn Unternehmen und Branchen das Problem nicht selbst in den Griff bekämen.

"2019 werden wir zum ersten Mal genau überprüfen, ob die größeren deutschen Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen. Wenn wir mit Freiwilligkeit nicht größere Fortschritte machen, wird der Gesetzgeber handeln und diese Standards festschreiben", sagte der Minister. (mwo/dpa)

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