- Hunderte weitere Menschen, die in Afghanistan festsaßen, sind über Taschkent nach Deutschland geflogen worden.
- Am Hindukusch könnten sich aber noch viel mehr Deutsche aufhalten als gedacht.
Die Bundeswehr hat seit Montag mehr als 1.200 Menschen aus Afghanistan in Sicherheit gebracht. In Kabul starteten am Donnerstagabend zwei weitere Maschinen mit insgesamt mehr als 380 Menschen an Bord, wie die Bundeswehr auf Twitter mitteilte. Es waren der achte und der neunte Evakuierungsflug, seitdem die Rettungsaktion am Montag unter schwierigsten Bedingungen begonnen hat. Die Transportmaschinen fliegen zunächst in die usbekischen Hauptstadt Taschkent, von dort geht es mit zivilen Flugzeugen weiter nach Deutschland.
Unter den Geretteten waren bis zum frühen Donnerstagabend neben afghanischen Ortskräften und anderen Hilfsbedürftigen 244 deutsche Staatsbürger - weit mehr als ursprünglich erwartet. Und immer noch könnten sich mehrere hundert im Land aufhalten. Auf der Krisenliste des Auswärtigen Amts hat sich inzwischen "eine mittlere dreistellige Zahl" Deutscher registriert, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Ministerium erfuhr.
Viele deutsche Staatsbürger haben sich nachgemeldet
Ursprünglich waren es knapp 100. Viele haben sich wegen der dramatischen Lage in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban nachgemeldet. Die Zahlen ändern sich ständig. Nicht berücksichtigt sind die 40 Botschaftsmitarbeiter, die mit einer US-Maschine bereits in der Nacht zu Montag nach Katar ausgeflogen wurden.
In Frankfurt landeten am Donnerstag weitere Maschinen mit Hunderten Geretteten. Insgesamt befanden sich am frühen Morgen rund 500 Menschen an Bord der beiden gecharterten Flieger von Lufthansa und Uzbekistan Airways aus Taschkent. Am Nachmittag landete einem Lufthansa-Sprecher zufolge eine weitere Maschine. In dem Airbus A340 befanden sich demnach etwa 150 Menschen.
Die Bundeswehr hatte in dieser Woche ihre Rettungsaktion für Deutsche und Afghanen begonnen, um sie nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Sicherheit zu bringen.
Evakuierte berichten von schlimmen Erlebnissen
Nach ihrer Landung in Deutschland berichteten Passagiere von schlimmen Erlebnissen und chaotischen Verhältnissen am Flughafen in Kabul. Er habe Tote gesehen und Schüsse gehört. "Es ist schrecklich", sagte Mahmud Sadjadi. "Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Nur Chaos", beschrieb er die Zustände in Kabul.
Der Mann aus dem Westerwald war zuvor mit dem Evakuierungsflug der Lufthansa nach Frankfurt geflogen worden. Sadjadi, der sich drei Wochen in Kabul aufgehalten hatte, sagte, insbesondere am Flughafen der afghanischen Hauptstadt sei es gefährlich. "Man muss beispielsweise auch durch eine Barriere der Taliban durchgehen." Afghanische Sicherheitskräfte hätten geschossen. Er habe mitbekommen, wie Menschen gestorben seien. Ohne Pass sei kein Durchkommen zum Flughafen möglich gewesen.
Ein anderer Passagier, der seinen Namen nicht nennen wollte, berichtete von organisatorischen Schwierigkeiten bei der Rückkehraktion. "Die Situation ist schwer und nicht leicht unter Kontrolle zu bringen", sagte er. Die Menschen in Afghanistan bräuchten aber Hilfe. "Die Welt muss den afghanischen Leuten helfen."
Mann bedankt sich für die Rettung
Der Passagier Sadjadi dankte der Bundesregierung für die Rettung, beklagte aber auch fehlende Informationen. "Es gab keine Informationen, wo wir uns sammeln müssen, wann wir uns sammeln müssen." Man sei allein gelassen worden, auf seine Mails habe er keine Antwort bekommen. Andere Länder hätten ihre Leute mit Bussen eingesammelt und zum Flughafen gebracht. "Gott sei Dank ist alles gut gegangen."
Dennoch denke er an die vielen Menschen, die noch in Afghanistan seien. Die Situation sei schrecklich, sagte Sadjadi, der in Frankfurt von seinen Kindern empfangen wurde. "Das Billigste, was es gibt, ist das Leben eines Afghanen", sagte der Deutsche mit afghanischen Wurzeln. Mit dem Land würde ein schreckliches Spiel gespielt. Er selbst habe noch Familie in Afghanistan, seine Geschwister lebten dort. (dpa/fra)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.