- Als Jugendlicher flüchtet Mersad Selimbegovic an der Seite seiner Familie vor den Greuel des Kriegs in Bosnien.
- Was er an Grausamkeiten gesehen und erlebt hat, prägt ihn bis heute.
- Der 39-Jährige aber empfindet keine Rachegelüste, sondern lebe Vergebung. Rache sei "das erste Anzeichen von Schwäche."
Mersad Selimbegovic hat einen persönlichen Hintergrund, den viele Menschen, auch Fußballfans, nicht kennen. Als Jugendlicher floh der heutige Zweitligatrainer Jahn Regensburgs mit seiner Familie vor den Kriegsgreuel in Bosnien. Seine diesbezüglichen Erfahrungen hülfen ihm heute oft in der Einschätzung von Alltagssituationen.
Die Erlebnisse seiner Kindheit prägten ihn "noch heute brutal. Oft auch haben meine Handlungen damit zu tun", berichtete der Coach in einem Interview der "Welt" (Mittwoch). Er habe "Dinge gesehen, die man von den gefährlichsten Tieren nicht erwarten würde."
Mersad Selimbegovic hat im Krieg wahre Probleme erlebt
Es gebe "so viele Probleme, bei denen wir denken, dass sie riesig sind. Ein echtes Problem aber ist, wenn du um dein Leben läufst oder drei Tage kein Trinkwasser hast. Ein Problem ist, wenn du zwei Monate kein Brot mehr siehst, wenn du vier Stunden im Wald nach Essen suchst, wenn du ein Feld zum hundertsten Mal verzweifelt nach einer Kartoffel absuchst und wahrscheinlich schon der Tausendste bist, der das tut", sagte Selimbegovic.
Im Bosnienkrieg war er mit seiner Familie geflohen und bis Kriegsende 1995 als Flüchtling heimatlos. Er stelle sich angesichts seiner Erlebnisse "oft die Frage: Ist dieses oder jenes jetzt wirklich so schlimm, dass du schlecht gelaunt bist?"
Von den Eltern zu Toleranz erzogen: An Vergeltung denkt Selimbegovic nicht
Auf die Frage, ob er schon einmal an Vergeltung gedacht habe, sagte der Coach des Zweitliga-Zweiten: "Nein. Gott sei Dank nicht." Dies habe er seinen Eltern und deren Erziehung zu verdanken. "Toleranz ist das höchste Level von Macht. Rache ist das erste Anzeichen von Schwäche. Sie hilft dir auch nicht. Das Vergeben ist das Allerwichtigste. Wenn du das nicht schaffst, wirst du keine Ruhe finden", sagte Selimbegovic. (dpa/hau)
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