Thomas Tuchel wird nicht neuer Trainer des FC Bayern München. Der entscheidende Faktor: Uli Hoeneß. Bereits bei der Suche nach einem Sportdirektor zeigte sich: Der Präsident scheint die Bayern eher in ihrer Entwicklung zu hindern, als zu fördern.
Nachdem Thomas Tuchel dem FC Bayern München abgesagt hat, geht die Suche weiter. Zum einen nach einem Trainer. Zum anderen nach den Gründen für die Absage Tuchels. Dabei hat allem Anschein nach Uli Hoeneß eine tragende Rolle gespielt.
Der ehemalige BVB-Trainer soll Wunschkandidat von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gewesen sein, dieser betonte auch nach der Heynckes-Verpflichtung: "Wir haben uns nicht gegen Thomas Tuchel entschieden". Sportdirektor Salihamidzic habe sich ebenfalls bei BVB-Manager Michael Zorc nach Tuchel erkundigt.
FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß hingegen hielt sich in den vergangenen Monaten bedeckt. Er sprach sich nie öffentlich für Thomas Tuchel aus. Dass der 44-Jährige nun nicht zum FCB kommt, zeigt: Die Macht beim FC Bayern scheint weiterhin in den Händen des Präsidenten zu liegen. Wird das dem deutschen Rekordmeister langfristig zum Verhängnis?
Präsident Uli Hoeneß hat Zweifel – und Macht
Die Taktik von Uli Hoeneß seit dem Rauswurf von Carlo Ancelotti ist wenig durchschaubar. Durch die erneute Rückkehr von Hoeneß' langjährigem Vertrauten Jupp Heynckes verschafften sich die Bayern zunächst einmal Zeit. Als jedoch im Anschluss über Tuchel als Nachfolger spekuliert wurde, sang Hoeneß lieber ein Loblied auf Heynckes.
Mehrfach sagte er, er habe "ein bisschen Hoffnung, dass der Jupp bleibt". Dabei hatte der 72-Jährige Heynckes bei Amtsantritt unmissverständlich klargestellt, nach Saisonende in den Ruhestand zurückkehren zu wollen.
Bis zuletzt soll es laut der "Süddeutschen Zeitung" keine konkreten Gespräche mit Tuchel gegeben haben. Was im Umkehrschluss klar macht: Uli Hoeneß ist der Boss bei den Bayern. Und er hatte offenbar Bedenken, dass ihm Tuchel zu oft gegen den Strich reden könnte. Dieser hatte sich bereits mit den Verantwortlichen bei Borussia Dortmund überworfen. Mit Heynckes hingegen habe der Bayern-Vorstand "ein traumhaftes Leben".
Schon bei der Sportdirektoren-Suche nicht souverän
Schon bei der Suche nach einem Sportdirektor hatte es für die Bayern Probleme gegeben. Grund für die Absagen von Max Eberl und Philipp Lahm für den Posten des Sportdirektors sollen laut verschiedenen Medienberichten Uli Hoeneß und seine unumstrittene Macht im Verein gewesen sein.
Nachdem Hasan Salihamidzic im August als Sportdirektor installiert war, verriet Uli Hoeneß Details zum gescheiterten Deal mit Philipp Lahm. "Wir schätzen Philipp Lahm alle sehr. Aber seinen Berater schätzen wir nicht. Und den hätten wir miteinkaufen müssen", sagte er in der Sendung "Wontorra" bei Sky. Bei Salihamidzic gab es keinen unliebsamen Berater.
War Lahm Hoeneß' Macht zu groß?
Schon ein halbes Jahr zuvor stieß es dem Präsidenten sauer auf, als Lahm und sein Berater im Alleingang verkündet hatten, Lahm werde nicht neuer Sportdirektor. Wenig später legte Lahm in der "Welt" nach. "Was die Definition meiner künftigen Position betraf – darüber hatten wir eben verschiedene Ansichten. Ich habe am Ende festgestellt, dass es noch nicht passt." Konkreter: "Generell kann man nur Dinge rund um die Mannschaft beeinflussen, wenn man die Verantwortung hat ... Hoeneß ist beim FC Bayern noch zu tatkräftig, um los zu lassen."
Während Uli Hoeneß bei seiner Wiederwahl zum Präsidenten im November betont hatte, sich nicht mehr in alles einmischen zu wollen, zeigt sich seitdem immer wieder, wer wirklich die Fäden zieht. Der ebenfalls meinungsstarke Karl-Heinz Rummenigge hat mit seinem Wunsch, Tuchel zu verpflichten, den Kürzeren ziehen müssen.
Rummenigge gegen Hoeneß. Wieder einmal. Bei einem Fanclub-Besuch im Dezember hatte der Vorstandsvorsitzende verraten: "Ich kann mich noch erinnern, als Uli und ich damals mit Jupp Heynckes gesprochen haben und er gesagt hat: ,Ich mache das Amt nur, wenn ihr zwei total hinter mir steht und ihr zwei loyal und harmonisch miteinander den Job macht.' Wir haben jetzt eine totale Harmonie."
Rummenigge und Hoeneß sollten sich einig werden
Totale Harmonie? Auf der einen Seite steht Rummenigge, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern im Blick hat. Auf der anderen Seite Hoeneß, der die Tradition erhalten und Querulanten in seinem Verein mit aller Macht verhindern möchte.
Der interne Machtkampf geht in die nächste Runde. Und der FC Bayern muss sich damit anfreunden, nicht immer den Wunschkandidaten für unbesetzte Posten zu bekommen. Zumindest, solange Uli Hoeneß im Amt ist. Loslassen kann dieser momentan noch nicht. Langfristig könnte das personelle und finanzielle Folgen haben.
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