Der Streit zwischen Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe und den DFB-Schiedsrichter-Verantwortlichen Hellmut Krug und Herbert Fandel geht in die nächste Runde. Einigen konnten sich die Parteien am Dienstag nicht. Nun wird die DFB-Ethikkommission eingeschaltet, Schiedsrichter befragt. Worum geht es in der Diskussion – und was steckt hinter den Vorwürfen?

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Nun sollen Unparteiische den Streit zwischen Unparteiischen klären. Auf der einen Seite: Die Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe und Felix Brych, Letzterer in seiner Funktion als Schiedsrichter-Sprecher. Auf der anderen Seite: Hellmut Krug, im Sommer von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Schiedsrichter-Manager zurückgekehrt und Herbert Fandel, bis 2016 Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission, heute Chef des Schiedsrichter-Ausschusses.

Der Vorwurf: Manuel Gräfe beschuldigte Krug und Fandel im August in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" der Vetternwirtschaft und dem Verhalten zum eigenen Machtvorteil. Unter ihrer Führung hätte es unter den DFB-Schiedsrichtern "keine Transparenz" gegeben, "keine Bereitschaft, sich zu öffnen. Es ging zu oft nach Gusto und nicht nach Leistung."

Der Fall Zwayer: Loyalität statt Leistung?

Gräfe warf beiden vor, Schiedsrichter nach eigenen Vorlieben auszusuchen und zu fördern. "Die beiden haben die Schiedsrichter-Liste so zusammengebastelt, wie sie es wollten. Es ging nicht vorrangig um Leistung und deshalb zu Lasten des Fußballs", sagte der 44-jährige Referee.

Als Beispiel nannte Gräfe den Fall Felix Zwayer: Der Bundesliga-Schiedsrichter war 2004 in den Wettskandal um Robert Hoyzer verwickelt, nahm von diesem 300 Euro an, um als Linienrichter zugunsten des Wuppertaler SV zu urteilen. Zwayer wurde vom DFB-Sportgericht für sechs Monate gesperrt – allerdings nur, weil er die Fälle zu spät offenlegte.

Laut Gräfes Ansicht wurde Zwayer in den folgenden Jahren von Krug und Fandel gefördert. "Kann es vielleicht sein, dass Fandel und Krug einen Mann haben wollten, der ihnen zu bedingungsloser Loyalität verpflichtet war?", so Gräfes Anschuldigung.

Babak Rafatis Selbstmordversuch: Eine erste Warnung an Krug und Fandel

Tatsächlich ist Manuel Gräfe nicht der erste Schiedsrichter, der die Verantwortlichen kritisiert. Babak Rafatis Fall ist gar weit dramatischer. Der ehemalige Bundesliga-Referee wollte sich im November 2011 vor einem Fußballspiel das Leben nehmen. Sein Vorwurf an Krug und Fandel: systematisches Mobbing.

"Diese fehlende Wertschätzung für mich als Mensch, dieser Vertrauensentzug vom Chef, der auch eine Fürsorgepflicht hat. Das war entleerend", sagte Rafati in einem "stern"-Interview 2013. "Fandel sagt: Jeder darf einen Fehler machen, nur du nicht, Babak. Dieser Satz hat mich bis ins Hotelzimmer in Köln verfolgt. Bis in die Badewanne", erzählte er.

In einem aktuellen "Sport1"-Interview bekräftigt er Gräfes Vorwürfe: "Wenn man ein Ja-Sager war, bekam man Zuspruch." Und weiter: "Fandel hat von Anfang an seine Lieblinge bevorzugt."

Krug und Fandel weisen Vorwürfe zurück: "Unverzeihlich und nicht akzeptabel"

Die beiden Beschuldigten wiesn alle Kritik der beiden Schiedsrichter zurück. Hellmut Krug reagierte bei "Sky90" gegenüber Gräfe verständnislos: "Dass ein Schiedsrichter einen Kollegen aus den eigenen Reihen angreift und ihn diskreditiert, das ist für uns unverzeihlich und nicht akzeptabel."

Auch Schiedsrichter-Boss Lutz-Michael Fröhlich stellte sich hinter die Funktionäre. "Bei allem Verständnis für eine öffentliche Meinungsäußerung geht es entschieden zu weit, wenn ein Schiedsrichter einen Kollegen öffentlich und in dieser Form attackiert. Darüber muss mit Manuel Gräfe geredet werden und zwar kritisch."

DFB-Ethikkommission soll Lösung finden

Vergangenen Dienstag wurde geredet. Schiedsrichter-Sprecher Felix Brych stellte sich hinter seinen Kollegen und nannte laut "Bild" namentlich fünf Namen von Schiedsrichter-Beobachtern, die von Krug die Anweisung erhalten hatten, ihre Noten zu ändern. Rafati bestätigte die Vorwürfe bei "Sport1". "Die Transparenz und Glaubwürdigkeit im Fußball sind beschädigt."

Geeinigt haben sich die Parteien während des Gesprächs nicht. Laut Informationen der "Bild" befragt Schiedsrichter-Chef Fröhlich die Bundesliga-Referees nun zu den Vorwürfen; Fandel soll seinen Rücktritt angeboten haben, wenn die Mehrheit der Schiedsrichter gegen ihn stimmt.

Nun soll die DFB-Ethikkommission die Anschuldigungen aufklären, wie Vizepräsident Ronny Zimmermann am Freitag mitteilte. "Nunmehr ist es unserer Ansicht nach an der Zeit, den Konflikt von einer neutralen Instanz prüfen zu lassen", sagte Zimmermann. "Deshalb habe ich als zuständiger Vizepräsident die Ethikkommission unter der Leitung von Klaus Kinkel gebeten, sich dieses Sachverhaltes anzunehmen."

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