Nadine Westerhoff
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Nach der 0:4-Niederlage gegen den SV Werder Bremen hat sich Osman Cankaya, Sportlicher Leiter der Frauen des 1. FC Nürnberg, massiv über die Leistungen der Schiedsrichterinnen in der Bundesliga der Frauen beschwert.
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"Wir sind an einem Punkt, in der die jetzige Situation im Schiedsrichterinnen-Bereich (...) nicht mehr hinzunehmen ist und an dem wir auch bewusst öffentlich auf qualitative Missstände und strukturelle Defizite beim DFB hinweisen müssen und möchten", sagte Cankaya.
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In einer Pressemitteilung des Aufsteigers betonte Cankaya: "Wir sprechen hier von einer vereinsübergreifenden, ligaweiten Problematik." Sämtliche Vereine seien betroffen, unabhängig vom Abstiegs- oder Meisterschaftskampf, finden die Nürnberger. "Alarmierend empfinden wir dabei sowohl die Qualität als auch die Quantität der Fehler, unter der in unseren Augen nicht nur der Wettkampf, sondern auch die Attraktivität der Bundesliga massiv leidet", heißt es weiter.
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Nadine Westerhoff war die Schiedsrichterin beim Spiel der Nürnberg-Frauen gegen Bremen. Der Lösungsvorschlag der Nürnberger: Auch Männer sollen kurzfristig in der Bundesliga der Frauen Spiele leiten. Der Fokus solle bei den Ansetzungen "geschlechterübergreifend auf Qualität und Kompetenz gelegt werden".
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Sabine Mammitzsch und Ronny Zimmermann (im Bild) vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) haben verärgert auf die Schiedsrichterinnen-Kritik reagiert. "Bei allem Verständnis über den Unmut über Fehlentscheidungen ist es nicht in Ordnung, wie unsere Schiris öffentlich unter Druck gesetzt werden. Das hat mit Fair Play nichts zu tun", sagte Zimmermann, der beim Deutschen Fußball-Bund als Vizepräsident unter anderem für das Schiedsrichter-Wesen verantwortlich ist.
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Sabine Mammitzsch, Vizepräsidenten für Frauen- und Mädchenfußball, ergänzte: "Es ist schon sehr befremdlich, wie unsere Schiedsrichterinnen auf diese Art und Weise öffentlich an den Pranger gestellt werden." Zugleich räumte sie ein: "Für uns steht außer Frage, dass an den Bedingungen und Voraussetzungen für die Schiedsrichterinnen strukturell gearbeitet werden muss. Das gilt für alle Bereiche der Liga."
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"Fehlentscheidungen sind immer ärgerlich, darüber ärgern sich unsere Schiedsrichterinnen am meisten. Unabhängig davon sind wir überzeugt, dass die Leistung einer Person nicht mit dem Geschlecht zusammenhängt", sagt Zimmermann. "Männer sind nicht automatisch die besseren Unparteiischen."
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Der DFB teilte mittlerweile mit, dass vorerst keine Männer in der Bundesliga der Frauen als Schiedsrichter eingesetzt werden. Die Kader jeder Spielklasse würden auch bei den Unparteiischen vor der Saison festgelegt, "eine Veränderung in der laufenden Saison ist hier nicht möglich". Der Schiri-Kader der Bundesliga der Frauen besteht ausschließlich aus Schiedsrichterinnen.
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Der FC Bayern und Wolfsburg verweisen auf frühere Aussagen ihrer Verantwortlichen und wollen sich aktuell nicht äußern. Ähnliches gilt für den Tabellendritten Eintracht Frankfurt. Verantwortliche wie Bianca Rech vom deutschen Meister FC Bayern und Ralf Kellermann vom VfL Wolfsburg haben schon vor Wochen beklagt, dass beim DFB die Unparteiischen im Spitzenbereich getrennt sind. "Wir sind die einzige Top-Nation in Europa, die es sich leistet, die Schiedsrichterinnen-Teams nicht mit Männern aufzufüllen", sagte Kellermann.
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Was die Klubs frustriert, ist die Schwerfälligkeit des "Tankers" DFB. "Wir würden uns wünschen, dass der DFB dieses Thema stärker priorisiert", sagte Rech. Es gehe ja nicht darum, beim Top-Spiel der Liga einen Mann pfeifen zu lassen, beschwichtigte Kellermann. Vielmehr könnte man die Gespanne auffüllen, "bis ich so viel Qualität in der Breite habe, damit es reicht". Andere Ligen gingen so vor, nur Deutschland leiste sich den "Luxus", auf die Profis zu verzichten. "Ich habe den Vorschlag schon vor Jahren beim DFB platziert", sagte Kellermann, "und er wurde von den seinerzeit Verantwortlichen strikt abgelehnt".
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Das hat nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun, es geht allen Beteiligten einzig um die Professionalisierung. Die hat bei den Spielerinnen rasant zugenommen, seit die großen Männerklubs europaweit in ihre Frauenteams investieren. Bei den Schiedsrichterinnen herrschen dagegen oft noch amateurhafte Verhältnisse.
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Für Aufsteiger RB Leipzig solle "immer die Qualität der Spielleitung im Vordergrund" stehen. "Fehlentscheidungen kommen vor - egal ob Spiele von einem Mann oder einer Frau geleitet werden", teilte Viola Odebrecht, Leiterin der Frauen- und Mädchenabteilung bei den Sachsen, auf sid-Anfrage mit.
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"Da muss Qualität entscheiden", sagte Bundestrainer Horst Hrubesch zuletzt zu der Thematik. "Ob ich einen Mann oder eine Frau hinstelle, ist egal." Wie in jedem anderen Arbeitsbereich.
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Die Qualität aber leidet, wenn Schiedsrichterinnen Spiele "parallel zu einer oft 40-Stunden-Woche" leiten, wie Christine Baitinger im Herbst im Sportschau-Interview einräumte. Baitinger war einst selbst Unparteiische auf Weltklasse-Niveau und ist inzwischen beim DFB die Sportliche Leiterin der Schiedsrichterinnen.