Seit 2018 gibt es im ukrainischen Männerfußball ein Schiedsrichterinnen-Team. Und seit 2018 schreiben sie immer wieder Geschichte. Nicht nur als Schiedsrichterin oder Assistentinnen, sondern als Team, das nur aus Frauen besteht und Männerspiele auf höchstem Niveau leitet – sowohl in der Ukraine als auch international. Auch für sie hat der russische Angriff auf die Ukraine alles verändert.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Petra Tabarelli (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Ein Leben im Krieg

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"Das ist jetzt unser Leben", sagt Maryna Striletska in einem Interview, das kürzlich im "Mirror" erschien. Striletska, die im Osten der Ukraine lebt und seit 2010 FIFA-Schiedsrichterassistentin ist, hört seit Tagen die Explosionen in ihrer Umgebung. Sie konnte nicht mehr fliehen, bevor russische Soldaten die Grenze der Ukraine überschritten. Nun verlässt sie ihre Wohnung nicht mehr und schläft in der Nähe des Kellers.

Doch sie blieben mutig und verteidigten ihr Land, sagt Striletska im Interview. Niemand falle auf die Falschinformationen rein, die das russische Regime streue, um Verunsicherung zu verbreiten.

Die ersten bei einer WM-Quali der Männer

Zu ihren Kolleginnen, Schiedsrichterin Kateryna Monzul und Schiedsrichterassistentin Svitlana Grushko, hat sie häufig Kontakt. Beide wohnen im Westen des Landes und sind so bislang nicht unter ständiger Bedrohung. Zu dritt leiten sie seit der Saison 2020/21 in der obersten ukrainischen Spielklasse (m), der Premjer Liha, Fußballspiele.

Außerdem standen sie bei zwei WM-Qualifikationsspiele für das Turnier 2022 in Katar (Rumänien-Liechtenstein im September 2021 und England-Andorra im Oktober 2021) auf dem Platz. Sie schrieben gemeinsam Geschichte als erstes Frauenteam überhaupt bei einem Qualifikationsspiel für eine Männer-WM. Liudmyla Telbukh war bei den beiden Qualifikationsspielen die Vierte Offizielle, während in der ukrainischen Liga Anastasiya Romanyuk an der Mittellinie das Frauenteam komplettiert.

Maryna Striletska assistiert seit April 2018 in der Premjer Liha und ist seit dem 4. November 2018 durchgehend in Monzuls Team. Zusammen mit einer weiteren Schiedsrichterassistentin, Oleksandra Ardasheva, und Schiedsrichterin Kateryna Monzul leitete sie ab Herbst 2018 für drei Saisons nationale wie internationale Spiele. Seit 2021 können die Frauen auch als VAR bzw. AVAR eingesetzt werden.

Kateryna Monzul schrieb vielfach Geschichte

Kateryna Monzul ist eine hochdekorierte, internationale Schiedsrichterin auf einer Ebene mit Stéphanie Frappart. Die 1981 geborene Stadtplanerin wuchs in einem Haus direkt neben einem Fußballplatz auf. Schon früh kickte sie auf dem Platz, spielte später im Verein Fußball und machte ihre Schiedsrichterinnenprüfung. Als Architekturstudentin legte sie dann 2004 erstmals ihre Prüfung als FIFA-Schiedsrichterin ab. Eine Prüfung, die man jedes Jahr erneut bestehen muss, um der internationalen Liste anzugehören.

In der Premjer Liha leitet sie seit 2016 Spiele und hat seit 2018 fast immerwährend ein weibliches Team um sich. So auch 2020, als ihre Karriere im internationalen Männerfußball begann. Auf den ersten Einsatz in der UEFA Nations League am 14. November 2020 folgte der erste Einsatz in der UEFA Europa League am 3. Dezember desselben Jahres. Bei beiden Premieren ebenso wie bei den folgenden Spielen gehörten Maryna Striletska und Ardasheva Anastasiya als Assistentinnen sowie Anastasiya Romanyuk als Vierte Offizielle zu ihrem Team.

Bei ihren Antritten in allen Wettbewerben waren Monzul und ihr Team Pionierinnen: als erstes weibliches Team in der ukrainischen Premjer Liha, in der Europa League, in der Nations League und auch bei einer WM-Qualifikation. Hoffen wir, dass sie bald wieder Geschichte schreiben können.

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