Lise Klaveness wurde nicht ins Exekutivkomitee der Uefa gewählt. An einem Tag, an dem echter Fortschritt möglich gewesen wäre, bremst der Fußball sich selbst aus.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Am Ende waren die Zahlen eindeutig: 25, 25, 18, 15. So viel, oder eher so wenig Zustimmung erhielten die vier Kandidat*innen, die aus den elf Bewerber*innen nicht ins Exekutivkomitee der Uefa gewählt wurden. Die niedrigste Zustimmung, die letztlich reichte, um sich einen der sieben Plätze zu sichern, lag bei 31 Stimmen. Ehrlicherweise muss man sagen, es war also noch nicht mal knapp für Lise Klaveness, die 18 Stimmen von 55 möglichen einsammeln konnte.

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Veränderung bei der Uefa? Nein danke!

Es ist ein wirklich unschöner Tag für alle, die im Fußball arbeiten, die sich dem Sport tief verbunden fühlen, aber gleichzeitig der Meinung sind, im Business muss sich etwas verändern. Klaveness ist für Veränderung angetreten und die Männer um sie herum haben sehr deutlich gezeigt, dass sie darauf schlichtweg keine Lust haben. An der Kompetenz der norwegischen Verbandspräsidentin bestand kein Zweifel. Aber ihr Einzug ins Komitee hätte eben bedeutet, dass dort neue Themen angesprochen worden wären und bislang Gewohntes infrage gestellt würde. Das Ende der Bequemlichkeit. Dafür war keine Mehrheit zu gewinnen.

Kein Interesse an echter Augenhöhe

Einen quotierten Platz gibt es in dem 20 Personen umfassenden Komitee, er ist fix einer Frau vorbehalten. Klaveness hätte den einfachen Weg gehen und sich darauf bewerben können. Es war, auch nach der heutigen Enttäuschung, die richtige Entscheidung, dass sie sich im Vorfeld dagegen entschieden hat und Laura McAllister darüber einziehen zu lassen. Das zeigt gerade dieser Wahltag, denn die Männer in der Uefa-Blase sind an Augenhöhe mit einer Person von außen nicht interessiert. Klaveness aber will Augenhöhe – und deren Minimum war in ihrer Position und mit ihrem Selbstverständnis nur über den regulären Platz zu erreichen.

Alle sind bereit, nur die Fußballmänner nicht

Was die "Person von außen" angeht, so ist die Formulierung so falsch, wie die Wahrnehmung leider richtig ist: Klaveness kommt aus dem Fußball, sie hat ihn immer gelebt und schon längst weit über ihre norwegische Heimat hinaus geprägt. Aber für die Männer in diesen Gremien ist sie als Frau dennoch die Fremde, die sich mit an einen Tisch guter Bekannter setzen möchte. Schlimmer noch, einer der Bekannten müsste für sie weichen, weil die Zahl der Stühle bliebe, wie sie ist. Genau den Schritt waren die Fußballmänner nicht bereit, zu gehen.

Es ist ein Thema, das sich leidig wiederholt, wenn Frauen, wenn Minoritäten darum kämpfen, mit am Tisch zu sitzen, auch gehört zu werden, sich repräsentiert zu sehen: So lange es immer nur diese Männer sind, die am Ende darüber entscheiden, ob ihre vertraute Runde durch eine Frau gestört wird, kann es keine Veränderung geben. Das ganze System ist kaputt. Die Zeit ist reif. Lise Klaveness war bereit. Nur diese Typen sind es nicht. Es ist echt zum Haare raufen.

Was bleibt, ist die Gewissheit, dass Klaveness jetzt schon viel verändert und viele Menschen erreicht hat. Auch solche, die der Fußball zuvor längst verloren hatte. Ihre Zeit in diesem Sport ist mit diesem Tag nicht vorbei. Sie wird länger brauchen, um Veränderungen anzuschieben, und härter kämpfen müssen, als wenn sie ins Komitee gewählt worden wäre. Aber darin hat sie als Frau im Fußball ohnehin Übung. Die Zahl ihrer Verbündeten aber ist gewachsen. Sie hat den Platz im Komitee nicht erkämpfen können, aber ihren Platz im Fußball doch gefestigt.

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