7:0, 7:1, 6:0 - was sich liest wie Resultate aus den Niederungen der Fußball-Kreisklasse, waren am Dienstag einige der Ergebnisse der Champions League. International unbedeutende Klubs wie BATE Borissow oder NK Maribor kamen mächtig unter die Räder. Aber auch der AS Rom wurde vom FC Bayern München ordentlich verkloppt. Die Kantersiege werfen die Frage auf: Braucht die CL nicht wieder mehr Klasse statt Masse?
Zugegeben: die Roma tanzt in dieser Auflistung etwas aus der Reihe. Die Serie A hat längst an Attraktivität verloren, ist im internationalen Vergleich aber weiter eine Hausnummer. Und ein 1:7 gegen Bayern München wohl eher auch die Ausnahme denn eine Regel. Bei den Meistern aus Slowenien (Maribor) und Weißrussland (Borissow) stellt sich schon eher die Frage, was diese Klubs im wichtigsten Vereinswettbewerb der Welt zu suchen haben.
Und damit rückt unweigerlich auch sofort der aufgeblähte Modus der Königsklasse wieder in den Fokus der Diskussion. Einst war die Champions League auch den Champions überlassen, im Pokal der Landesmeister gab es einen Vertreter pro Verband, gespielt wurde im K.o.-Modus, und wer am Ende das Finale gewann, war auch faktisch die beste Mannschaft Europas.
Diese Zeiten sind lange vorbei. In den vergangenen mehr als 20 Jahren hat sich die Champions League zu einer in einen Spielplan gepressten Gelddruckmaschine gewandelt - und zu einem Ort für die Zweit-, Dritt- und manchmal sogar Viertplatzierten einer Liga. Die kleinen Vereine aus leistungsschwachen Ligen wie Maribor, Nikosia, Borissow oder Rasgrad werden aus politischen Gründen geduldet, ihre Namen sind austauschbar, in ihrer Funktion kommen sie über das Siegel "Farbtupfer" selten hinaus.
Verkleinerung der Gruppenphase ist ausgeschlossen
Eine Verkleinerung der Gruppenphase von mittlerweile 32 auf 24 oder sogar 16 Mannschaften ist nahezu ausgeschlossen, letztlich bestimmen marktpolitische Parameter den Sport. Die teilweise überzogen flehenden Rufe, gerade der Topklubs, nach einer Reduzierung der Belastung für ihre Spieler verhallen unerwidert, die Europäische Fußballunion Uefa wird das Rad nicht mehr zurückdrehen wollen. Und sie kann es auch nicht.
Also wird es auch in Zukunft so laufen wie fast immer: Die Champions League wird für die Favoriten erst im Frühjahr so richtig interessant. Denn dann stehen die Viertelfinalspiele auf dem Programm. Selbst die Runde der besten 16 Teams, das Achtelfinale, ist in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer lästigen Pflichtaufgabe für die Beletage des europäischen Fußballs geworden.
In der abgelaufenen Saison schieden alle acht Gruppenzweiten gegen die damaligen Gruppensieger aus, ein Großteil davon war chancenlos. Nun führen die ganz Großen schon wieder die Tabellen an, die Bayern, der FC Chelsea, Juventus Turin, Real Madrid. Für sie ist die Gruppenphase längst nur noch eine Art Vorspiel zum Hauptakt. Und wenn der Gruppensieg nach dem vierten oder spätestens fünften Spieltag beschlossene Sache ist, treten die B- oder C-Mannschaften mit Heerscharen an Ergänzungsspielern auf den Plan.
Die Königsklasse verkommt so zur Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Das schadet dem Produkt und es ärgert die TV-Anstalten, die Milliarden für die Übertragungsrechte an die UEFA überweisen. Grundsätzlich ändern wird sich am System aber wohl kaum etwas.
Nur der FC Porto gewann als Außenseiter den Titel
Erst recht nicht, so lange es immer wieder vermeintliche Underdogs bis ins Halbfinale oder ins Finale oder sogar bis zum Champions-League-Sieg schaffen. Andererseits bleibt der FC Porto der einzige echte Außenseiter, der in der Geschichte des Wettbewerbs den Titel davontragen konnte. Ansonsten teilen sich die Mannschaften der vier europäischen Topligen die Meriten.
So lange die großen Klubs dank der Champions League Unsummen verdienen und damit ihre Kader noch aggressiver aufpeppen können, wird sich selbst die Kluft zwischen den sechs, sieben Topfavoriten und der zweiten Garde mit Mannschaften wie der FC Basel, Ajax Amsterdam, der FC Schalke 04 oder Bayer Leverkusen immer noch mehr vergrößern.
Ändern kann und will man daran nichts. Vereine wie Schalke oder Leverkusen haben sich wohl damit abgefunden, irgendwann einmal weit vorzustoßen, der große Rest aber wohl damit, hinter der Musik herzulaufen. Es wird zu viel Geld verdient, als dass der sportliche Wert infrage gestellt wird. Für die Königsklasse ist das eine enttäuschende Entwicklung. Aufzuhalten ist sie aber nicht.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.